Angestellten. Kehrte der Chef zurück, erstarrten alle wieder. Paci warf einen Blick auf seine Uhr: kurz vor eins. Manien dürfte zum Mittagessen gegangen sein. Tony konnte leider erst in zwei Stunden kommen, aber er musste die Gelegenheit nutzen. Tony war mit der gesamten EDV-Anlage der Station und der Klinik vertraut, weil er vor zwölf Jahren von seiner Firma damit beauftragt worden war, alles auf EDV umzustellen.
Seither war er der ständige EDV-Beauftragte von Sainte-Félicité. Oft, wenn Nino fluchte, weil sein PC so langsam war, dachte er an jenen Tag zurück, an dem er den Informatiker gebeten hatte, seine alte Kiste wieder auf Vordermann zu bringen. Als er diesen Apollo mit seinem intelligenten Blick und dem sanften Lächeln hatte eintreten sehen, hatte er gewusst, dass es um ihn geschehen war und er alles daran setzen würde, später nicht allein nach Hause zu gehen. Der Tag hatte mit der Installation eines Antivirenprogramms und einer Antispam-Software begonnen und im Bett geendet.
Nino lächelte in sich hinein. Auf dem Gang tauchte Colette auf, die soeben die Medikamente auf der Station ausgeteilt hatte.
Cyrille bezahlte dem jungen Thai im Internetcafé zehn Baht und setzte sich vor einen alten PC. Sie hatte versucht, über ihr iPhone ins Internet zu kommen, doch im Ausland war die Verbindung enorm langsam und unglaublich teuer. Zuerst vernetzte sie sich mit der Website des Centre Dulac, gab ihren Benutzernamen und zwei verschiedene Passwörter ein, um auf den internen Server Zugriff zu bekommen. Sie hätte ihren Laptop mitnehmen sollen, hatte ihn jedoch in der Eile vergessen. Die Konsultationstabellen wurden angezeigt. Sie scrollte die Namen der Patienten durch, die für das Schlaflabor eingetragen waren. Die vertraulichen Berichte konnte sie nicht einsehen, sich jedoch davon überzeugen, dass es keine speziellen Nachrichten für sie gab. Mathias Mercier hatte die Vormittagssitzung geleitet und würde ihre beiden Hypnotherapie-Sitzungen übernehmen. Sie schickte eine E-Mail an Marie-Jeanne mit der Bitte, ihr den Bericht vom Vortag zuzusenden. Ihre Nichte dürfte ein ziemlich schlechtes Gewissen haben, weil sie ihren Onkel informiert hatte.
Alles war in Ordnung. Es gab kein offenkundiges Problem. Sie verließ das Portal des Centre Dulac und konzentrierte sich auf ihr eigenes Problem. Sie trug die mageren Fakten zusammen, über die sie verfügte: Benoît verbarg etwas vor ihr. Julien Daumas, Clara Marais und wahrscheinlich noch weitere Patienten waren in Sainte-Félicité vor zehn Jahren als Testpersonen missbraucht worden. Hinter allem steckte ohne Zweifel Rudolf Manien, auch wenn sie dafür keine Beweise hatte.
Cyrille nagte an ihrer Unterlippe. In ihrem Kopf entstand eine beunruhigende Hypothese. Wenn nun Benoît von diesem Versuch wusste und alles zu verbergen versuchte, um zu verhindern, dass ein solcher Skandal unmittelbar vor der Nobelpreis-Verleihung an die Öffentlichkeit gelangte? Cyrille schüttelte den Kopf. Unmöglich, ihr Mann kannte Manien so gut wie gar nicht … Sie dachte nach. Wer könnte ihr Auskunft geben? Sie hatte eine Idee und zog angesichts ihrer eigenen Kühnheit die Augenbrauen hoch. Es war gewagt, aber warum nicht. Nach und nach entstand in ihrem Kopf ein Plan. Sie stellte eine Verbindung mit der Startseite von Gmail her und legte einen neuen Account an. Nachname: Blake, Vorname: Benoît, gewünschte Benutzeradresse:
[email protected]. Sie füllte alle Anmeldekästchen aus und dachte sich ein Passwort aus. Am Ende dieser Prozedur klickte sie auf »Bestätigen«. Eine Meldung informierte sie darüber, dass der Account derzeit nicht eingerichtet werden könne, da der Server überlastet sei. Sie wurde aufgefordert, es später wieder zu versuchen. Cyrille deutete dieses Hindernis als ein Zeichen. Sie würde noch etwas Zeit zum Nachdenken haben, ehe sie die Bombe platzen ließ.
Ihre Einkaufstüte in der Hand, stand sie auf, ging hinauf in ihr Zimmer und zog sich um. Der Spiegel im Badezimmer zeigte ihr ein sehr verändertes Bild. Sie wirkte schlanker in dem langen, pflaumenfarbenen Rock mit der beige-weißen Bordüre. Darüber trug sie ein ärmelloses Leinenshirt in derselben kräftigen Farbe. Was machte sie? Sie verkleidete sich, versteckte sich in einem Viertel, wo man sie kaum vermuten würde. Während sie sich eben noch sehr gut gefühlt hatte, überkam sie nun totale Entmutigung. Die Aufgabe, aus dieser Sackgasse herauszufinden, erschien ihr plötzlich unlösbar. Wie