Bei Landung Liebe
frühstückten und machten uns dann auf den Weg, um die notwenigen Materialien für die Renovierung zu kaufen.
Das Auto meiner Oma sprang gleich beim ersten Versuch an. Ich brauchte zwar einen Moment, bis ich den Rückwärtsgang endlich eingelegt hatte, aber schließlich setzte sich das Auto in Bewegung und ich kam ohne Probleme aus der Garage. Ich war schon ewig nicht mehr Auto gefahren. Es fühlte sich ungewohnt an und ich war auch ein bisschen unsicher. Vor allem, weil es nicht mein Auto war. Bei Sachen, die jemand anderem gehörten, passte ich immer besonders gut auf.
Wir fuhren in das nächste Dorf. Ich erinnerte mich noch daran, dass es hier ein kleines Malergeschäft gab. Früher durften Markus und ich hier immer neue Buntstifte kaufen. Ich parkte den Wagen am Straßenrand und wir stiegen aus. Wir einigten uns auf ein schlichtes Weiß, kauften einen großen Eimer davon und ließen uns noch Farbrollen, Klebeband, Pinsel und eine Verdünnungslösung zum Reinigen geben. Der Verkäufer half uns alles im Kofferraum zu verstauen und wir fuhren wieder zurück.
Bevor wir allerdings anfangen konnten die Wände zu streichen, musste erst das Wohnzimmer ausgeräumt werden. Ich bezweifelte, dass wir den schweren Eichenschrank überhaupt einen Millimeter bewegen konnten. Meine Oma begann, die Stoffpuppen nach oben zu tragen. Ich suchte nach einem Korb und machte mich daran, die Abstellflächen frei zu räumen. Was sich hier so über die Jahre alles angesammelt hatte! Offenbar konnte meine Oma sich nur sehr schwer von Sachen trennen. Im Nu war der Korb voll. Wo sollte ich nur all den Krempel hinbringen? Ich lief die Treppe nach oben und suchte nach ihr. Sie stand in ihrem Schlafzimmer und reihte die Puppen gewissenhaft auf dem Regal an der Wand auf.
„Wo soll der Rest denn hin?“
„Das stellen wir einfach hier ab. Es stört mich nicht.“
Korb für Korb trug ich nach oben und langsam leerte sich das Wohnzimmer. Wir nahmen die Bilder von der Wand ab, legten die in Massen herumstehenden Figuren, Vasen, Zinnteller und tonnenweise Kitsch in Kartons. Verpackten Weingläser, Sektgläser und Porzellangeschirr in Zeitungspapier und trugen alles nach oben. Dann rutschten wir das Sofa und den Wohnzimmertisch in die Mitte des Raumes und deckten alles mit einer Plastikplane ab. Am Schrank bissen wir uns allerdings, wie vermutet, die Zähne aus. Er bewegte sich nicht von der Stelle. Meine Oma trug die vielen Pflanzen, die auf dem Fensterbrett standen weg, nahm die Vorhänge ab und warf sie in die Waschmaschine. In der Zwischenzeit begann ich, den Fußboden und die Randleisten mit Klebeband und der Folie aus dem Malergeschäft abzukleben. Als wir schließlich loslegen konnten, öffnete ich vorsichtig den ersten Farbeimer, tauchte die Rolle ein und begann mit der Arbeit. Schon nach den ersten Metern erkannte ich, dass einmal streichen wohl nicht ausreichen würde. Der Zigarettenrauch hatte sich in den Wänden festgesetzt und kam sofort wieder zum Vorschein. Doch falls nötig, würde ich eben dreimal streichen. Schließlich hatte ich nichts weiter vor und die Arbeit hielt mich davon ab, zu viel an Ryan zu denken.
Die Zeit verging wie im Flug. Meine Arme schmerzten bereits und mein Gesicht und meine Haare hatten Tausende kleine weiße Farbspritzer abbekommen. Die Decke zu streichen war am schwierigsten. Es war bereits Mittag, als ich die erste Lage Farbe aufgetragen hatte. Ich ging zu meiner Oma in die Küche, die mir eine Tasse Kaffee und ein belegtes Brötchen anbot. Erst jetzt bemerkte ich, wie hungrig ich war. Ob Markus sich vielleicht in der Zwischenzeit gemeldet hatte? Die Farbe würde noch einen Moment brauchen, bis ich zum zweiten Mal darüber streichen konnte, also ging ich nach oben in das Gästezimmer.
Zwei Nachrichten. Mein Herz klopfte wie verrückt.
Die erste war von Markus. Ryan bedrängte ihn ohne Unterlass, ihm endlich zu sagen, wo ich mich befände und was mit mir los sei. Bisher blieb er standhaft, wusste aber nicht, wie lange er das, aufgrund von Ryans Hartnäckigkeit noch aushalten würde. Also vermisste er mich. Doch er hatte mich mit seiner Geheimnistuerei verletzt. Warum erzählte er mir nichts weiter von dem Job, den er in Aussicht hatte und warum hatte er den Verlauf im Internet gelöscht? Und woher kam das Geld? Auf all diese Fragen hatte ich noch immer keine Antwort.
Die zweite Nachricht war von Ryan. Er machte sich Sorgen um mich. Ich solle mich doch bitte endlich bei ihm melden. Sollte ich das
Weitere Kostenlose Bücher