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Bei Landung Liebe

Bei Landung Liebe

Titel: Bei Landung Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Beetz
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fiel auf, dass Ryan ganz bleich geworden war bei meiner Schilderung.
    „Alles in Ordnung bei dir?“, fragte ich ihn. Abwesend nickte er mit dem Kopf und starrte ins Leere.
    Ich musste an Markus und unsere vielen kleinen Streitigkeiten denken. Als er zum Beispiel letzte Woche meine Lieblingsschokolade aufgegessen hatte, war ich stinksauer gewesen und hatte ihm eine Riesenszene gemacht. Wegen einer dummen Tafel Schokolade! Wenn er das überstand, würde ich ihm hundert Tafeln kaufen. Ich schluckte und merkte, wie mir wieder Tränen in die Augen stiegen. Einige Zeit saßen wir schweigend auf dem Sofa, als plötzlich das Telefon klingelte. Ich zitterte. Bestimmt war das das Krankenhaus. Hoffentlich mit guten Nachrichten. Ryan schaute mich an, und es war, als ob er Gedanken lesen konnte. Er nahm das Gespräch an und ging aus dem Zimmer.
    Ich hörte ihn im Flur auf und ab gehen und wagte kaum, zu atmen. Die Sekunden fühlten sich wie Stunden an. Schließlich kam Ryan zurück ins Zimmer und ich glaubte, eine gewisse Erleichterung in seinen Zügen zu erkennen.
    Er stellte das Telefon zurück in die Ladestation und ließ sich wieder neben mich auf das Sofa fallen.
    „Das Krankenhaus war dran. Das Labor hat einige Schnelltests gemacht. Sie sind zu dem Ergebnis gekommen, dass sich dein Bruder eine durch Legionellen verursachte Lungenentzündung eingefangen hat. Nun kann er entsprechend gezielt behandelt werden. Er muss weiter auf der Intensivstation bleiben. Da er ein akutes Lungenversagen hatte, muss er nun künstlich beatmet werden.“
    „Mein Bruder hat ein Lungenversagen und ich bekomme nicht einmal Bescheid?!“
    „Ich denke, die hatten da bestimmt anderes zu tun, als zum Telefonhörer zu greifen. Das wäre Markus keine Hilfe gewesen“, versuchte Ryan mich zu beruhigen.
    „Ja, vermutlich hast du recht“, antwortete ich nach einem Moment.
    „Er ist dort sicher in guten Händen. Jetzt, wo man weiß, was er hat, kann man ihm bestimmt helfen. Das macht die Sache sicherlich etwas einfacher.“
    Ein tiefer Seufzer entfuhr ihm, und ich glaubte zu spüren, wie die eiserne Faust, die sich in den letzten Stunden um mein Herz und meine Kehle gelegt hatte, sich öffnete. Mein Bruder würde sicherlich wieder auf die Beine kommen. Trotzdem ärgerte mich meine Hilflosigkeit. Ich konnte von hier aus absolut nichts für meinen Bruder tun. Ich konnte nicht einmal an seinem Krankenbett stehen und ihm die Hand halten.
    „Danke“, flüsterte ich.
    „Weißt du, Markus ist ein sehr wichtiger Mensch für mich. Wir sind als Kinder schon durch dick und dünn gegangen.“
    Ich nickte stumm. Kurz war ich versucht, ihn an seine Streiche zu erinnern, aber das war definitiv nicht der richtige Zeitpunkt, um ihm Vorwürfe zu machen. Dafür war ich viel zu froh und dankbar, dass Ryan mir in diesem Moment beistand.
    „Du kannst stolz auf deinen Bruder sein. Ich bewundere, wie ihr das alles gemeistert habt, nach dem Tod eurer Eltern. War sicher nicht einfach für euch. Dazu gehört eine Menge Mut und Kraft.“
    War das ein Kompliment? Ich schaute Ryan ins Gesicht, um zu sehen, ob er mich verspottete, aber ich konnte nicht das geringste Anzeichen dafür erkennen. Warum konnte ich mein Misstrauen nicht einmal jetzt ablegen? Er sah mir direkt in die Augen. Scheinbar war es wirklich ernst gemeint, was er da eben gesagt hatte.
    „Danke.“
    Ich war unfähig meinen Blick von seinen Augen zu lösen. War der Ryan, der mir die letzte halbe Stunde beigestanden hatte, immer noch derselbe, der mir als Kind so zugesetzt hatte? Langsam fing ich an, daran zu zweifeln. Es hatte eben so gut getan, von ihm in den Arm genommen zu werden. Sollten sich Menschen doch ändern?
    Er war so einfühlsam und irgendwie ließ sich dieser Ryan, der mich gerade mit seinen unglaublich blauen Augen ansah, nicht mit dem Ryan vergleichen, den ich von früher kannte. Von wem es ausging, konnte ich in dem Augenblick nicht sagen. Auch nicht, wie genau es passierte, doch plötzlich berührten seine Lippen meine. Ein sehr zärtlicher Kuss, beinahe vorsichtig. Es war ein befremdliches Gefühl, einerseits war ich verwirrt, und zugleich genoss ich es. Ryan hatte wundervolle Lippen. Er nahm mein Gesicht zärtlich in beide Hände und der Kuss wurde intensiver. Sanft strich er mit dem Daumen über meine Wange und zog mich näher zu sich. Oh Gott, er konnte unglaublich gut küssen, und mich hatte schon lange niemand mehr so geküsst. Mir wurde heiß und kalt. In meinem Magen schienen tausend

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