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Bei Tag und Nacht

Titel: Bei Tag und Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Martin
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Luft auf, sobald er den Raum betrat.
    Aber, Allmächtiger, genaugenommen gab es da einen winzigen, gewissenlosen Teil in ihr, der wollte ihn gern sehen... obwohl sie ihn dauernd heruntermachte: er war arrogant und entschieden zu draufgängerisch. Ein Blick in diese unverschämt triumphierende Miene, und sie wußte sofort, was für eine Art von Mann er war.
    Doch das tat nichts zur Sache. Soviel sie auch versuchte, sich das Gegenteil vor Augen zu halten, schien seine Anziehungskraft nur zuzunehmen. Die Begegnung am Eingang hatte das klar bewiesen.
    Sie betrachtete die Nachricht noch einmal. In den beiden nächsten Tagen war vorgesehen, das Abendessen informell zu gestalten, mit einem reichen Buffet, bei dem die vielen Gäste der Herzogin kommen und gehen konnten, wann sie wollten. Heute abend hatte sie sich schon mit Sir William zum Essen verabredet, aber morgen abend ...
    Elissa schüttelte den Kopf. Himmel, was dachte sie da nur? Auf keinen Fall konnte sie einen ganzen Abend mit dem Colonel verbringen, der Mann raubte ihr doch völlig die Fassung -es war entschieden zu riskant.
    Nun las sie die Nachricht ein letztes Mal, dann seufzte sie und zerknüllte das Papier. »Sag Colonel Kingsland, daß ich seine freundliche Einladung zu schätzen weiß, aber die nächsten Tage leider keine Zeit habe.« Sie sah Sophie nicht an, sondern setzte sich demonstrativ auf den Gobelinsessel vor dem Spiegel an ihren vergoldeten Toilettentisch.
    »Er wollte sich mit Euch treffen, und Ihr lehnt ab?« Sophie japste vor Überraschung.
    »Ich habe dir doch schon gesagt, warum: ich habe etwas vor.«
    Die kleine Zofe verdrehte die Augen. »Aber Mylady, er sieht so herrlich aus. Sie sagen, er wäre reich, und er ist ein Baron. Warum wollt Ihr nicht...«
    »Richte es ihm einfach aus, Sophie. Im Moment habe ich nicht die Kraft, mich mit dir auseinanderzusetzen.«
    Das zarte Mädchen verstummte. Enttäuschung malte sich auf ihren Zügen. »Wie Ihr wünscht, Mylady!«
    Elissa hätte beinah gelächelt. Auf der weiten Reise hierher waren sie und Sophie gleichsam Freundinnen geworden. Es strengte sie an, die ganze Zeit die Rolle der Gräfin zu spielen, und in Sophies Nähe konnte sie sich zumindest zeitweise ein wenig natürlicher geben.
    Die Tür schloß sich leise, und Elissa seufzte in der Stille ihres Gemachs, während sie mit einer Mischung aus Bedauern und Erleichterung an den attraktiven Colonel dachte. Bisher hatte sie erst wenige Verehrer gehabt, junge Schnösel aus der Umgebung, die sie als Freunde empfand, und keinen davon hatte ihr Vater gutgeheißen. Er stellte sich für seine Tochter einen reichen Adligen vor; aber ohne eine passende Mitgift waren ihre Chancen nicht besonders vielversprechend.
    Dann starb ihr Vater, und da sie mit ihrer Mutter auf dem Lande lebte, hatte sie die Frage nach einer Heirat völlig in den Hintergrund gestellt. Sie wollte keinen Ehemann, den sie nicht liebte, und die Chance, jemand Geeignetes zu finden, wurde von Jahr zu Jahr geringer.
    Elissa fuhr sich mit den Fingern durchs Haar, brachte damit die sorgfältigen Wellen durcheinander, und die feinen goldenen Locken fielen eigenwillig um ihre Wangen. Seit ihrer Ankunft in Wien hatte sich ihr Leben beträchtlich geändert. Die ganze Stadt wetteiferte um ihre Gunst; doch bisher hatte es keinen gegeben, den sie auch nur im entferntesten ansprechend gefunden hätte.
    Ein Teil von ihr wehrte sich gegen den Eindruck, den Adrian Kingsland jedesmal auf sie machte: doch der andere Teil zitterte vor Faszination. Obwohl sie zur Zeit alles andere gebrauchen konnte als irgendwelche Komplikationen, fiel es ihr schwer, die Gefühle, die er in ihr hervorrief, nicht näher zu untersuchen -zu entdecken, wohin diese vielleicht führen könnten.
    Aus dem Spiegel blickte ihr eine elegante, weltgewandte Frau entgegen, die keinerlei Ähnlichkeit mit der jungen Naiven hatte, die aus England hergekommen war. Diese Frau hier war furchtlos und entschlossen, den Mann zu finden, der ihren Bruder ermordet hatte; der Verräter mußte der Gerechtigkeit zugeführt und der andere Bruder beschützt werden, der noch am Leben war.
    Sie hatte ihr einfaches Landleben verlassen und fast einen ganzen Kontinent durchquert, um ihren Plan in die Tat umzusetzen. Und nichts - nicht einmal ein schneidiger Kavallerieoffizier mit einem sinnlichen Mund und funkelnden grünen Augen - durfte ihr einen Strich durch die Rechnung machen.
    Daß ein Abend in einer so prächtigen Villa wie der der Herzogin von Murau

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