Bei Tag und Nacht
zurück. Elissa bemerkte mit Schrecken, daß sie ihn wirklich vermißte. So arrogant und fordernd er auch sein mochte, war er doch der bestaussehende Mann ihres Lebens und einer ihrer interessantesten Begleiter der letzten Zeit.
Er kannte die Welt und wußte viel. Vielleicht schaute er manchmal etwas zu genau hin, wenn man bedachte, daß sie eine Rolle spielte - doch mit keinem anderen hätte sie ihre Zeit lieber verbracht.
Allerdings traf sie sich seit seiner Abwesenheit ein paarmal mit General Steigler. Auch heute war das wieder der Fall. Die Herzogin hatte für ihre Gäste ein Picknick geplant, und trotz der Wolken am Himmel schien die Erde getrocknet zu sein; alle freuten sich, aus dem Haus zu kommen.
Elissa hatte den General eingeladen, sie zu begleiten, da sie annahm, es würden zwar genügend Leute in der Nähe sein, aber im Freien auch ausreichend Platz, um sich ungestört zu unterhalten. In einer ganzen Reihe von feinen Kutschen fuhren sie in den Süden von Baden, wo sanfte Hügel und Weinberge sich abwechselten.
Man hatte die Bediensteten vorausgeschickt, so daß der Picknickplatz schon vorbereitet war, Decken auf dem Boden ausgebreitet und dazu weiße Leintücher, auf denen sich Kristallgläser, Porzellan und eine delikate Vielfalt von Köstlichkeiten ausbreiteten: Würstchen und Schnitzel, Tafelspitz und Spanferkel, von dem Elissa nichts aß.
Steigler gesellte sich hinzu und setzte sich neben Elissa auf eine Decke etwas abseits von den anderen.
»Ihr eßt zuwenig, Gräfin«, mahnte er, und seine schwarzen Augen betrachteten ihren kaum berührten Teller. »Eine Frau sollte genug Fleisch auf den Rippen haben, um ein weiches Ruhekissen für einen Mann abzugeben.«
Elissa lachte. »Heißt das, ich gefalle Euch nicht, General Steigler? Vielleicht würde ich Euch eher Zusagen, wenn ich so rund wie die Gnädige von Szabo wäre?« Diese alternde Gattin eines Marquis hatte eine so mächtige Mitte, daß sie sich kaum bücken konnte.
Seine Lippen kräuselten sich. »Um Himmels willen!« Sein Blick glitt hinunter zu ihrem Busen und wurde in einer Weise dunkel, daß es sie fröstelte. »Ihr wißt doch, daß Ihr mir sehr gut gefallt. Genaugenommen seid Ihr ein zarter Leckerbissen -wenn auch ein wenig ungehemmt. Doch ein wahrer Mann würde das nicht als Problem empfinden. Er würde Euch fest bei der Hand nehmen und Euch zeigen, wo Euer Platz ist.«
Elissa zwang den Widerwillen nieder, der sich in ihr ansammelte. Diplomatisch wechselte sie das Thema. »Ich habe heute das Gerücht gehört, daß der Erzherzog nicht auf den Ball von Kaiserin Caroline kommen wird, weil er seine Männer nicht allein lassen will.«
»Ja, das ist mir auch bekannt.«
»Glaubt Ihr, er bereitet sich also schon auf den Krieg vor?«
Er sah über seine spitze Nase auf sie hinunter. »Ihr sprecht immer vom Krieg. Man könnte meinen, Ihr wäret ein Mann und keine Frau.«
Darüber lachte sie glockenhell auf, doch ihr Magen zog sich zusammen. »Ihr sagt wirklich seltsame Dinge. Krieg ist aufregend, durch ihn wird alles spannender. Und da Ihr in einer Position seid, geheime Dinge zu wissen, dachte ich, Ihr würdet mir vielleicht ein paar Kleinigkeiten verraten. Natürlich würde ich niemals auch nur ein einziges Wort davon verlauten lassen.« Sie strich mit einem Finger über die Brust seiner Uniform. »Ihr seid doch inzwischen sicher bereit, mir zu vertrauen?«
Er hob eine buschige, schwarze Augenbraue, faßte hart nach ihrer Hand und entfernte sie von seiner Brust. »Ich glaube, Ihr seid diskret genug - aber auf welcher Seite steht Ihr eigentlich? Manchmal habe ich den Eindruck, Ihr hättet etwas gegen eine militärische Auseinandersetzung.«
Sie sah ihn ernst an. »Bitte ehrlich, General Steigler, wäre das so verkehrt?«
Seine Wangen färbten sich rot vor Ärger. »Sprecht nicht so mit mir. Ihr kennt meine Ansicht zu diesem Thema und meine
Stellung. Ich bin Eures ständigen Geplappers über dieses Thema müde und warne Euch, meine Dame - es wird der Moment kommen, wo ich mich revanchiere.« Kalt lächelnd stand er auf. »Doch alles zu seiner Zeit. Keine Angst, Gräfin, Ihr werdet schon noch lernen, Eure Zunge zu hüten, wenn Ihr erst in meinem Bett seid.«
Steigler machte auf dem Absatz kehrt, während sie ihm nachstarrte, wie er zu seiner Kutsche stampfte. Er bot ihr nicht an, sie nach Hause zu bringen, und darüber war sie froh. Ihr Herz schlug heftig. Offensichtlich hatte sie ihn mehr verärgert als beabsichtigt. Sie hatte einfach
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