Benny und Omar
gold – die Farben von Wexford.
Ein Klopfen am Fenster weckte ihn. Eine Sekunde lang lag er da und überlegte, was ihn aus seinem tränenseligen Traum gerissen hatte. Erneutes Klopfen erschütterte die Wohnung. Das waren nicht sacht ans Fenster geworfene Kieselsteine. Jemand trommelte mit den Fäusten gegen das Fliegengitter. Benny polterte hinüber zu den Vorhängen. In der Dunkelheit leuchtete ihm Omars Grinsen entgegen.
»Was gibt’s?«, zischte er und riss das Fenster auf. Omar hechtete ins Zimmer und warf Benny rückwärts aufs Bett. Zu einer anderen Zeit wäre das Anlass zu großem Gelächter gewesen, nicht aber in der jammervollsten Nacht in Bennys kurzem Leben. Schließlich überwältigte er den knochigen Tunesier und drückte ihn in der klassischen Position Knie auf Schultern auf den Boden.
»Sei nicht blöd, Omar«, sagte Benny und hielt die Lautstärke seiner Stimme mit heroischer Anstrengung gering. »Wenn du so weitermachst, bin ich erledigt.«
»Er-le-digt?«
»Tot. Peng-peng. Aufgehängt.«
Omar hörte nicht auf zu grinsen, keinen Augenblick. Er schwenkte ein kleines schwarzes Paket vor Bennys Nase und sagte nur ein Wort: »Skee.« Dann wartete er mit hochgezogenen Augenbrauen darauf, dass Benny kapierte.
»Ski? Welcher Ski? Du gehst mir wirklich langsam …«, und da fiel der Groschen. Es hatte ein paar Sekunden gedauert, aber es war spät und er war nicht so schnell im Kopf wie sonst. »Skee?«, stotterte er. »Sky! Du meinst Sky drei?«
»Duh« , sagte Omar.
Das Paket war ein Video. Benny nahm es mit zitternden Fingern. »Nein … du nimmst mich auf den Arm.«
»Skee tree«, nickte Omar und nutzte Bennys nachlassende Aufmerksamkeit, um ihn auf den Boden zu schubsen. Benny rollte sich in der Luft zusammen, um das Video zu schützen. Mit dem nächsten Herzschlag stand er wieder auf den Füßen.
»Wie, Omar?«
»Omar okay.«
»Nein, Idiot! Wie hast du das gemacht? Ich versteh das nicht.«
»Störung.«
»Video …«
»Nam.«
»Wo … äh … où ?« Ein bisschen Zweisprachigkeit konnte nicht schaden.
»Äh … où .« Omar verstand sehr wohl, er wollte nur die Spannung noch ein wenig halten.
»Omar!«
»Aiwa! Omar und Ali. Ein Fall für zwei. Ali Chekov EuroGas.«
Benny überlegte. Das war viel TV-Sprache auf einmal. »Gut. Dein Kumpel Ali fährt für EuroGas.«
» Nam. Ali Homer Tunis. Homer Skee Tree. Ali Dulles International Airport Die Hard Trilogie Homer Ali Endspiel.«
Das war schon ein bisschen schwieriger.
»Also, pass auf … Alis Dad wohnt in Tunis. Er kann Sky empfangen und er hat deinem Kumpel das Band gegeben, als dieser für EuroGas zum Flughafen gefahren ist.« Das machte Sinn. Es konnte sogar stimmen.
Es gibt Situationen im Leben, da kann man sich über die Folgen keine Gedanken machen. Da musste man sich darauf verlassen, dass Dad die Verletzung verschiedener häuslicher Tabus ignorierte. Die heilige Videokassette an die wogende Brust gepresst, stürzte Benny in das Schlafzimmer seiner Eltern.
»Dad! Ich hab’s. Das Endspiel! Auf Video!«
Pat Shaw musste erst einmal ein paar Schichten Celtia in seinem Gehirn durchdringen, bevor er das Bewusstsein erlangt hatte, aber Jessica fuhr sofort auf.
»Benny, was ist los?«
Dann erspähte sie natürlich Omar und meinte, sie wären überfallen worden. Und selbst wenn nicht – sie war ohne Make-up gesehen worden. »Raus!«, kreischte sie und verschwand unter der Bettdecke.
Pat schlug die Augen auf. »Hmmm?«
»Dad, hör zu«, sagte Benny drängend. Er hatte das Gefühl, das Video würde sich in Luft auflösen wie Cinderellas Requisiten, wenn er es nicht bald anschaute. »Ich habe ein Video von dem Spiel. Ich schau es jetzt an, ja?«
»Guter Junge, Benny«, murmelte sein Vater und verkroch sich wieder in sein Kissen. »Du düst voran.«
Benny war klar, dass er mehr als eine solche Erlaubnis nicht erwarten konnte. Er schüttelte seinen Vater noch einmal und rannte dann hinunter ins Wohnzimmer. Omar hoppelte hinter ihm her und aalte sich genießerisch in der Aufregung seines Freundes.
Benny stürzte mit ausgestreckten Armen auf den Videorekorder und schürfte sich die Knie auf dem rauen Teppich auf. Bevor auf der Mattscheibe ein Bild entstand, drang Michael Lesters muntere Stimme aus dem Lautsprecher. Früher hatte es Benny wirklich geärgert, dass Lester immer so gut gelaunt war, besonders weil das immer damit zusammenfiel, dass Benny sehr jämmerlich zumute war. Aber jetzt schien die Stimme des Kommentators
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