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Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Titel: Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
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Keiler durch eine Drehung das Genick zu brechen, aber das Tier wehrte sich noch immer. Alessandro nahm Pico den Spieß ab, richtete ihn vorsichtig gegen das Tier, um nicht bei einer falschen Bewegung Cesare zu treffen. Der Keiler zuckte hoch, warf Cesare ab. Aber nun traf ihn Alessandros Spieß, und er brach endgültig zusammen.
    Crispo sprang auf. Sein Gesicht war totenbleich. Cesare blieb noch einen Moment auf der blutgetränkten Erde liegen, rollte sich dann zur Seite und erhob sich auf seine Knie. »Das war knapp«, flüsterte er und wandte sich Alessandro zu, der ihm die Hand reichte, um ihm aufzuhelfen. Aber Cesare stand von alleine auf. »Ich hätte ihm das Genick gebrochen«, stieß er hervor und gab dem toten Keiler noch einen Fußtritt. »Trotzdem Dank«, warf er Alessandro zu, zog seinen Dolch aus dem Tier, wischte die Klinge und den funkelnden Griff sorgfältig ab.
    Lorenzo kümmerte sich inzwischen um den wimmernden Jagdhelfer und versuchte, ihm Wasser einzuflößen. Der Mann flüsterte noch ein paar Worte, verlor dann das Bewußtsein, und kurz darauf atmete er nicht mehr.
    Alessandro starrte Cesare an, der sich, ohne dem Toten einen Blick zu gönnen, den Staub von seinem Wams klopfte und seine Rißwunden untersuchte. Crispo neben ihm mußte sich übergeben. Der Jagdaufseher war inzwischen hinzugekommen und versuchte, die unversehrten Hunde anzuleinen und sich mit weiteren Gehilfen um die verwundeten zu kümmern. Es herrschte ein Rufen, Brüllen und Bellen. Alessandro, den Blick starr auf Cesare gerichtet, ging ein paar Schritte auf ihn zu. Cesare drehte ihm verwundert das Gesicht zu.
    »Du schaust, als wolltest du mich ermorden, Farnese«, rief er mit einem künstlichen, viel zu hohen Lachen. Wie ein bedrohtes Raubtier sprang er zur Seite, packte Alessandro an den Schultern und schüttelte ihn. » Du hast das graue Ungeheuer besiegt, nicht ich.« Sein Mund lächelte, aber aus seinen dunklen, kalten Augen sprach Wut. »Vielleicht hast du mir sogar das Leben gerettet, Farnese.« Er riß Alessandro an seine Brust, daß ihm die Luft wegblieb. »Ein Borgia vergißt so etwas nicht!«
31. K APITEL
    Lange nach Sandros Tod erwachte Silvia wie aus einem quälenden Traum. Sie erinnerte sich an die Geschehnisse der letzten Wochen nur verschwommen, fern und losgelöst. Ihr Haus, der kleine Palazzo der Ruffini, erschien ihr leer und leblos. Der Vater stieg wie ein Geist aus seinem Studiolo herab, verließ, meist am späten Abend, schweigend das Haus. Die Mägde stritten sich häufig. Noch nicht einmal Bianca, ihre Schimmelstute, war ordentlich gestriegelt und mit Wasser und Hafer versorgt. Nur Barbone, der bärtige Knecht, der zu alt war, um noch schwere Arbeit zu leisten, hing regelmäßig die Laternen neben das Hausportal, kehrte mit einem Reisigbesen die Korridore und auch den kleinen Innenhof und entfernte die Spinnweben. Er sprach kaum, aber er lächelte Silvia aus seinem zahnlosen Mund an, und wenn sie unbemerkt das Haus verlassen wollte, ließ er sie heraus und wartete dann so lange am Portal, bis sie zurückkehrte.
    Silvia begann wieder an Alessandro zu schreiben. Er hatte lange nichts von sich hören lassen. Sie sehnte sich nach seinen Zeilen, aber sie war unfähig, von Sandros Tod zu berichten, ihn überhaupt nur zu erwähnen, und so blieb sie mitten im Brief stecken und zerriß ihn. Auch in den nächsten Tagen und Wochen gelang es ihr nicht, einen Brief zu beenden. Je schwerer sie sich tat, desto mehr vermißte sie seine Zeilen. Aber er schwieg beharrlich. Er mußte sich in eine andere Frau verliebt haben und wollte sie vergessen.
    Silvia hielt es nun in den grauen, verschmutzten Mauern ihres Hauses, dieses immer fremder werdenden Gefängnisses, noch weniger aus. Sie mußte sich ablenken, sie suchte Hilfe, sie wollte das Schicksal herausfordern. Sie begann durch die Straßen, die Gassen und sogar die dunklen Hinterhöfe Roms zu streifen, ohne die Begleitung eines Knechts, der sie hätte beschützen können.
    Doch die Stadt beachtete sie nicht.
    Immer häufiger führte Silvias Weg an Rosellas Palazzo vorbei. Sie beobachtete die Adligen und Prälaten, die dort tagsüber eintraten, und sie glaubte einmal auch Kardinal Borgia erkannt zu haben. Wäscherinnen und Handwerker, auch Kupplerinnen verließen den Nebeneingang, und nachmittags, vor der Vesper, sah sie Rosella, aufgeputzt wie eine Königin und umgeben von einem Hofstaat junger Mädchen, aus dem Portal treten und in Richtung Santa Maria sopra Minerva

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