Bergwasser: Ein Schweiz-Krimi (German Edition)
suchen , stand da drauf.« Den zweiten verschwieg sie.
»Frauen und Tunnel!« Stettler lachte gequält. »Ich dachte, das hätten wir schon lange hinter uns. Wir bauen doch hier nicht den Gotthard-Scheiteltunnel anno 1872! Was sich unsere Jungs immer einfallen lassen!«
»Sie denken, es war ein Bubenstreich?«
»Von Buben kann man ja nicht mehr reden. Aber es gibt da immer noch ein paar Hardliner. Sie dürfen das nicht so ernst nehmen. Ich werde mit den Männern sprechen.« Er schaute nochmals kurz auf den Plan, dann begann er, das papierene Leintuch wieder zusammenzufalten. »Ich kann mir vorstellen, aus welcher Ecke das kommt. Ist das alles?«
»Ja, aber …«
»Dann sind wir uns einig?«
Nein, eigentlich nicht, dachte Julia und nickte.
Stettler stand auf und klopfte ihr auf die Schulter. »Passen Sie auf sich auf. Und machen Sie sich nicht so viele Gedanken.«
Julia verließ Stettlers Büro und stieg die Metalltreppe nach unten. Hatte sie wirklich gesagt, dass sie noch ein paar Tage hierblieben würde? Sie konnte es selber nicht fassen. Und hatte Stettler sie wie ein dummes Schulmädchen abgespeist?
Mitten auf der Treppe blieb sie stehen. Sollte sie nochmals zurückgehen? Wieso hatte sie eigentlich nichts gesagt? Das war doch sonst nicht ihre Art. Vielleicht weil es diesmal um sie selber ging? Sie nahm ein paar Stufen, hielt wieder an. Oder machte sie sich wirklich zu viele Gedanken? Sie drehte um, lief die Treppe hinunter und prallte auf Sandro, der auf dem Weg ins Baubüro war. Er entschuldigte sich und lief weiter die Treppe hinauf.
»Ich muss mit dir sprechen«, rief ihm Julia nach.
»Ja, aber nicht jetzt«, antwortete er gereizt.
»Und wann?«
»Heute Abend.« Und schon war er in Stettlers Büro verschwunden.
Maria war dabei, einen Grill auf dem Parkplatz vor der Kantine aufzubauen. Sie hatte das schwere Teil allein hier rausgeschleppt. Aus dem Augenwinkel sah sie, wie Julia ihr zuwinkte.
Was wollte die schon wieder? Die soll mich einfach in Ruhe lassen, dachte Maria.
Doch Julia kam auf sie zu. Maria tat sehr beschäftigt, versuchte, den Grill zusammenzubauen, aber eine Schraube klemmte. Auch das noch. Julia stellte sich vor sie hin. Maria rüttelte am Rost, aber es nützte nichts.
»Kann ich dir helfen?«
Maria schaute Julia an, zögerte. »Da, die Schrauben sind verrostet.«
»Das haben wir gleich.« Julia verschwand im Magazin und kam mit einem Schraubenschlüssel zurück. Mit einem Dreh hatte sie die Schraube gelockert. »Wo möchtest du ihn hinstellen?«
»Da vorne. Es kommen noch mehr.«
»Was hast du denn vor?«
Maria deutete auf den Anschlag an der Eingangstür zur Kantine. Grillfest , stand da in einer verschnörkelten Computerschrift. Wozu brachte sie diese Informationen an, wenn sie dann doch selber Auskunft geben musste?
»Und du schaffst alles allein hier raus? Wozu haben wir all die Männer?«, fragte Julia.
»Das frage ich mich auch.« Maria musste lachen. »Wenn’s drauf ankommt, kann man die nicht gebrauchen.«
»Dann ist Frauenpower angesagt. Wo stehen die anderen?«
»In dem Schuppen da drüben. Neben dem Magazin.«
Julia kam mit einem Grill zurück. Maria staunte, welche Kräfte diese kleine und zierliche Person entwickeln konnte.
»So, das hätten wir.« Das weiße T -Shirt war voller Rost.
»Kommst du auch heute Abend?«, fragte Maria. »Aber nein, du fährst nach Hause. Wie blöd von mir.«
»Nein, Stettler hat mir noch einen Zusatzauftrag gegeben.«
»Echt?«
»Ich komme gerne, wenn du mich dabeihaben möchtest.«
Maria nickte.
»Gut, dann werde ich mich mal umziehen«, sagte Julia und ging zu den Wohnbaracken.
Sie hatten alle Tische auf den Parkplatz getragen, der Platz war mit farbigen Lichtgirlanden umgeben. Sogar eine kleine Bar hatten sie aufgebaut. Auf den Tischen standen Kerzen. Es roch nach Bratwürsten.
Stettler stand auf einem Podest und hielt eine Rede. Dass sie einige Rückschläge einstecken mussten, dass es nun aber gelte, nach vorne zu schauen, dass man nie wisse, was der Berg noch alles zu bieten habe. Und dass die Bauherrschaft voll hinter ihnen stehe.
Julia setzte sich an die Bar und wartete, bis Stettler fertig gesprochen hatte. Sie überflog die Gesellschaft. Frisch gekämmte Köpfe, saubere T -Shirts. Einige sahen fast etwas bieder aus. Sandro saß ein paar Tische von ihr entfernt, er schien sie zu beobachten, doch jedes Mal, wenn sie zu ihm hinübersah, schaute er weg.
»Und deshalb danke ich Ihnen allen und
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