Beruehre meine Seele
leid, dass wir dich verletzt haben. Ich habe keine Rechtfertigung dafür, und ich kann auch nicht erklären, was ich für ihn fühle. Ich kann ja nicht einmal sagen, wohin das führen sollte, wäre ich übermorgen noch hier. Ich weiß nur, dass ich mich gut fühle, wenn ich mit ihm zusammen bin. Wenn er nicht da ist, sehne ich mich nach ihm, und wenn er mich ansieht, spüre ich dieses Kribbeln im Bauch, so als würde ich fallen, obwohl ich nie von etwas heruntergesprungen bin und auch nie auf dem Boden aufschlagen werde.“
Nash riss sich los. „Ich verstehe sogar sehr gut, denn so fühle ich für dich. Aber das ist ja unwichtig, richtig? Es wäre auch unwichtig, wenn das Morgen nie kommen würde und du ewig leben würdest.“
„Nash, das Morgen kommt, und ich werde sterben. Du musst damit fertig werden, besser als mit dem hier. Kein Frost mehr. Versprich es mir.“
„Du kannst nicht mit meinem Bruder rummachen und mir dann ein Versprechen abverlangen. Als wenn das noch einen Unterschied machen würde. In ein paar Stunden werden wir dich sowieso verlieren. Aber so blöd kannst du nicht sein, dass du nicht siehst, was Todd hier tut. Er hängt sich aus dem gleichen Grund an dich, aus dem er bei Mom und mir rumlungert. Er glaubt, wenn er irgendwie an der Menschenwelt festhalten kann, wird er seine Menschlichkeit nicht verlieren. Mehr bist du für ihn nicht, Kaylee – ein Anker in der Menschenwelt, die er nicht loslassen kann.“
„Das stimmt nicht.“ Die Tränen standen mir in den Augen, brannten in meiner Nase. Ich weigerte mich, sie laufen zu lassen. „Wieso sollte er sich die Mühe machen? Und wie könnte ich ihm als Anker dienen, wenn ich tot bin?“
Nash schnaubte angewidert. „Sabine hat recht, du siehst nur, was du sehen willst. Für dich ist es bequemer, ihn als den Helden und mich als den Fiesling hinzustellen, denn damit kannst du vor dir selbst rechtfertigen, dass du abgehauen bist, als ich dich brauchte. Ich brauchte dich, Kaylee, aber du warst nicht da. Und sieh dir an, was passiert ist.“ Er spreizte die Arme, um sich mir mit seinem Frost-High zu präsentieren. In meiner Brust stieg Schuld und Ärger auf wie ein Schwarm wilder Hornissen.
„Ich habe dich nie als den Fiesling hingestellt, Nash. Und das“, ich machte eine Geste, die seinen gesamten mit der Unterwelt-Droge vollgepumpten Körper einschloss, „machst du ganz allein.“
Prompt meldete Sabine sich. „Du weißt, dass du zum Teil schuld daran bist“, fauchte sie.
„Ich weiß.“ Es tat weh, ihn wieder auf Frost zu sehen, noch mehr schmerzte es, dass ich der Grund für seinen Rückfall sein sollte. Frost – Dämonenatem – war für Menschen viel gefährlicher als für Banshees, aber auf Dauer würde auch Nash bleibenden Schaden davontragen. Das Zeug verstärkte seine Gefühle – in seiner momentanen Lage also Liebeskummer und Enttäuschung. Sie intensivierte auch Aggressionen, selbst bei dem friedliebendsten Charakter, und trübte das Urteilsvermögen. Viel beängstigender jedoch waren die Langzeitwirkungen – Wahnsinn und Tod.
Ich konnte ihn so nicht seinem Schicksal überlassen, vor allem, weil ich ihn vermutlich nie wiedersehen würde. „Was kann ich tun? Soll ich deine Mom anrufen?“ Harmony wüsste, wie sie ihm helfen konnte, sie hatte ihn schon einmal da rausgeholt.
„Nein.“ Düstere Entschlossenheit blitzte in seinen Augen auf, und der Druck auf meiner Brust wurde stärker. „Bring mich nach Hause“, bat er, und ich merkte, wie sich Sabine neben mir versteifte.
„Ich fahre dich nach Hause“, beharrte sie, aber er schüttelte den Kopf.
„Ich muss mit Kaylee reden. Verbring den Tag mit mir.“ Er sah mich so intensiv an, dass ich es nicht schaffte wegzuschauen. „Leiste mir Gesellschaft.“
Mein Puls stockte, ich sah zu Sabine. Sie hatte die Zähne zusammengebissen, etwas, das stärker und gefährlicher war als Angst, hatte ihre Augen verdunkelt.
„Wir beide?“ Ohne sie würde ich nicht gehen. Das konnte ich uns beiden nicht antun.
Nash schüttelte den Kopf. „Nur du und ich. Ein letztes Mal.“ Als ich zögerte, seufzte er. „Bitte, Kaylee, ich will einfach nur reden.“
„Sie will dich doch nicht!“, schrie Sabine, und wir beide drehten uns entgeistert zu ihr. „Nicht so. Sie vertraut dir nicht mehr, sie hatte bloß Angst, das zuzugeben. Und du hast dich geweigert, es dir einzugestehen. Jetzt ist es raus. Es wird Zeit, dass ihr beide endlich eure eigenen Wege geht.“
„Sabine, lass es gut
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