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Bestien

Bestien

Titel: Bestien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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Jahren aus San Marcos verzogen
war. Der dünne und drahtige Robb Harris, der nur wenig
größer als Mark gewesen war, und Zeit seines Lebens unter
Asthma gelitten hatte, war jetzt ein athletisch gebauter junger
Mann, dessen Züge bereits zu männlicher Stattlichkeit gereift
waren. Seine weit auseinanderstehenden blauen Augen
schienen im Heranwachsen lebhafter und aufgeweckter
geworden zu sein, und sein kurzgeschnittenes blondes Haar
wirkte im Kontrast zu seiner gesunden Bräune noch heller. Als
er sie durch das offene Fenster sah, lachte er und zeigte
vollkommen gleichmäßige weiße Zähne.
»Hallo, Mrs. Tanner«, rief er. »Willkommen in Silverdale.
Wo ist Mark?«
»Draußen im Garten«, antwortete Sharon mit leerem Blick.
Die Veränderung in Robb war so überraschend, daß sie kaum
wußte, wie sie darauf reagieren sollte. Als er durch die Zufahrt
zur Garage weiterging, wandte sie sich Elaine zu. »Mein Gott,
hat der Junge sich herausgemacht! Er ist prachtvoll. Aber was
ist mit seinem Asthma? Schon als kleines Kind …«
»Es war der Smog«, sagte Elaine. »Sobald wir ihn hierher in
die reine Gebirgsluft brachten, verschwanden die Symptome!
Ich hatte es immer schon vermutet, aber dieser Quacksalber in
San Jose bestand darauf, daß es psychosomatisch sei. So oder
so, es ist ganz verschwunden.«
Sharon schüttelte den Kopf, und als sie wieder sprach, klang
ihre Stimme beinahe sehnsuchtsvoll: »Ich wünschte, es könnte
für Mark genauso einfach sein«, sagte sie. Unglücklicherweise
aber waren die Nachwirkungen von rheumatischem Fieber
weder auf Smog noch auf psychosomatische Störungen
zurückzuführen.
Elaine, die die Empfindungen ihrer Freundin nur zu gut
verstand, sagte nichts.
Es gab Situationen, in denen Stillschweigen besser als jede
Art von Mitgefühl war.
3
    ANDREW MACCALLUM , BEINAHE SEIT SEINER
GEBURT vor
zweiunddreißig Jahren als Mac bekannt, brütete mit düsterer
Miene über den Röntgenaufnahmen auf seinem Schreibtisch.
Als Rick Ramirez vor bald drei Stunden ins Bezirkskrankenhaus gebracht worden war, hatte Mac nicht den
Eindruck gehabt, daß der Junge allzu schlecht aussah. Zunächst
hatte er auf eine einfache Ohnmacht geschlossen.
    Jetzt wußte er es besser.
Zwei Halswirbel waren gebrochen, eine seiner Nieren
gerissen und drei Rippen gebrochen. Zwei der Rippen hatten
den linken Lungenflügel durchbohrt, der kollabiert war, und in
den wenigen Stunden, die seit seiner Einlieferung vergangen
waren, hatte sein Zustand sich so verschlechtert, daß er nun
künstlich beatmet in der Intensivstation lag.
Die Aufgabe, der Mutter des Jungen zu erklären, was
geschehen war, war natürlich MacCallum zugefallen. Er
verließ sein Büro und ging durch den Korridor zum Warteraum, dann beschloß er, noch einen Blick in die Intensivstation
zu werfen. Vielleicht, mit viel Glück, ließ sich eine leichte
Besserung feststellen, die den Schock der Nachricht lindern
würde, die er – er warf einen kurzen Blick auf die Eintragung
in der Spalte Nächste Angehörige des Krankenblattes – Maria
Ramirez zu überbringen hatte.
Susan Aldrich, deren Schicht gerade zu Ende gegangen war,
als der Krankenwagen mit dem auf eine Bahre geschnallten
Rick Ramirez eingetroffen war, saß am Bett des Jungen. Als
Mac sie fragend ansah, schüttelte sie nur den Kopf.
Mac nahm den schlaffen linken Arm des Bewußtlosen und
überprüfte den Puls, dann besah er die Werte auf den
Monitoren über Ricks Bett. Nichts hatte sich verändert: Puls
noch immer unregelmäßig, Blutdruck abgesunken. Nur die
künstlich unterstützte Atmung schien normal. Aber Mac wußte
nur zu gut, daß sie ohne das Beatmungsgerät bald aufhören
würde.
»Überhaupt nichts?« fragt er, obwohl er die Antwort bereits
wußte.
Susan schüttelte wieder den Kopf. »Es ist so seltsam«, sagte
sie mit bebender Stimme. Ihr Blick ging zu Ricks Gesicht und
ruhte auf seinen stillen Zügen, die eher an friedlichen Schlaf
als an ein Ringen mit dem Tod denken ließen. »Ständig habe
ich das Gefühl, er werde gleich aufwachen und etwas sagen,
und alles werde in Ordnung sein. Aber der Schein trügt, nicht
wahr?«
Mac nickte. »Ich muß mit seiner Mutter reden.«
Leise schloß er die Tür hinter sich und ging durch den
Korridor zum Warteraum, wo Maria Ramirez mit bleichem
Gesicht und unsicheren Bewegungen aufstand, als er eintrat.
Sie kam Mac unglaublich jung vor – jung und verletzlich.
»Ricardo«, flüsterte sie. »Bitte – wie geht es ihm?«
Mac forderte sie mit einer Geste

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