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Betrogen

Betrogen

Titel: Betrogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brown Sandra
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Gabriel sie nicht einfach wie jeder andere gewöhnliche Mensch als »die Frau, die entwischt ist« betrachten. Er war kein gewöhnlicher Mensch. Für Bruder Gabriel war Melina ein Stolperstein auf dem Weg zu einer von Gott inspirierten Mission. Und als solche bedurfte sie spiritueller Führung, Unterweisung und Disziplin. Wie bewundernswert,
dass er sie erlösen wollte und ihren Trotz nicht persönlich nahm.
    Jem war nicht so hoch gesinnt. Vergeben fiel ihm immer schwerer. Er konnte ihre wiederholten Beleidigungen nicht als Unzulänglichkeiten betrachten. Diese unverhohlenen persönlichen Angriffe konnte er unmöglich übergehen und verzeihen.
    Â»Keine Angst, Mr. Hancock«, meinte er aalglatt. »Diese Männer sind Profis. Joshua ist sich über die delikate Situation im Klaren, er weiß, was er tut.«
    Â»Ja, dessen bin ich mir sicher.«
    Hancock legte als erster auf. Daraufhin beschloss Jem, bei seinem nächsten Lagebericht auf einem direkten Gespräch mit Bruder Gabriel zu bestehen, und nicht nur darum zu bitten. Er konnte es nicht leiden, dass seine Gespräche von Hancock gefiltert wurden, in seinen Augen lediglich ein hoch gejubelter Sekretär.
    Da aber Melina und Christopher Hart bereits unterwegs waren, machten seine Gedanken an den arroganten Mr. Hancock wichtigeren Dingen Platz.

27
    Bei ihrem Eintritt hatte sie der Wachmann mit sauertöpfischer Miene begrüßt, die sich auch nach seinem Gespräch mit Jem nicht besserte. »Er meint, Sie können hinauf, Ms. Lloyd.«
    Â»Danke schön.«
    Â»Sie haben mir bei Mr. Hennings ganz schön Schwierigkeiten gemacht. Warum haben Sie mich angelogen und gesagt, Sie seien seine Verlobte?«
    Â»Also – weiß Mr. Hennings, dass ich vorher in seiner Wohnung gewesen bin?«
    Â»Ja, Ma’am.«
    Â»Toll«, stieß Chief hervor. Auf dem Weg zum Aufzug warf
er einen nervösen Blick über die Schulter, genau wie sie. Da sahen sie, wie der Parkwächter soeben mit dem alten Karren in den Untiefen der Garage verschwand. Ihr wäre es lieber gewesen, wenn er ihn draußen stehen gelassen hätte. Hätten sie doch nur rechtzeitig daran gedacht und ihn darum gebeten.
    Chiefs Verfolgungswahn stand dem ihren in nichts nach. Beim Betreten des Aufzugs drückte er auf jedes Stockwerk. Fragend schaute sie ihn an.
    Â»Erzählen Sie mir einen Witz.«
    Â»Glauben Sie, dass wir verfolgt werden?«
    Â»Ich bin mir nicht sicher. Mir ist zwar nichts aufgefallen, aber –« Nach kurzer Pause meinte er: »Ich kann’s nicht erklären, aber ich werde das Gefühl nicht los, dass wir nie wirklich allein sind.«
    Â»So geht’s mir auch.«
    Â»Falls uns jemand beschattet, möchte ich es ihm so schwer wie möglich machen«, sagte er, wobei er auf die beleuchteten Aufzugknöpfe deutete.
    Â»Treffen Sie ruhig alle Vorsichtsmaßnahmen. Eigentlich sollte Jem doch wütend sein, weil ich seine Wohnung durchschnüffelt habe, aber er hat nicht einmal angerufen und gefragt, wie ich dazu käme.«
    Â»Nicht gut«, konstatierte Chief, während sich der Aufzug nach oben bewegte.
    Bei jedem Halt warteten sie beklommen, denn bei geöffneten Türen fühlten sie sich höchst gefährdet. Da es noch zwei weitere Aufzüge gab, mussten sie nicht fürchten, den übrigen Bewohnern des teuren Gebäudes Unannehmlichkeiten zu bereiten. Jedenfalls erwartete sie niemand, auf keinem Stockwerk.
    Als sie im fünfzehnten hielten, stupste Chief sie an.
    Â»Jems Wohnung liegt im siebzehnten.«
    Â»Ich weiß.«
    Ohne Widerrede trat sie vor ihm hinaus. Er winkte sie zu dem matt leuchtenden Ausgang-Zeichen am Gangende. Als sie
dort waren, zog Chief die Türe zum Treppenhaus auf. Noch ehe sie wieder zufiel, warf er rasch noch einen Blick zurück. Der Gang hinter ihnen war leer.
    Im Flur herrschte eine raffinierte indirekte Beleuchtung, die nicht nur ihre vordringliche Funktion erfüllte und ausreichend Licht lieferte, sondern auch als dekoratives Element diente. Dagegen hatte die Beleuchtung im Treppenhaus rein funktionale Bedeutung. Unter dem bläulich-weißen Neonlicht kamen sich beide wie angestrahlt vor und hätten gegen ein paar dezente Schatten nichts einzuwenden gehabt.
    Chief bat mit erhobener Hand um Ruhe. Sie konnte lediglich ihren leise keuchenden Atem hören. Nachdem mindestens sechzig Sekunden verstrichen waren, sah Melina Chief

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