Bettler 01 - Bettler in Spanien
Proteste gingen sie davon.
Die Sendungen von der Erde begannen einzutreffen.
»… unerhörte terroristische Drohung aus einer Richtung, die seit langem verdächtigt wird, nicht nur unzuverlässig und fahnenflüchtig, sondern auch gefährlich zu sein…«
»… plötzliche Krise in der wachsenden Entfremdung zwischen der Orbitalstation und der Regierung der Vereinigten Staaten, von denen Sanctuary sich lossagen will…«
»… ernste Panikreaktionen in den vier Städten, die angeblich von tödlichen Viren bedroht sind, obwohl aus offizieller Quelle verlautet…«
»… ein Fehler anzunehmen, daß derjenige, der eine Drohung ausspricht, auch in der Lage sein muß, diese Drohung wahrzumachen. Der amerikanische GenMod-Experte Doktor Stanley Kassenbaum ist zu uns gekommen, um…«
»Meine Damen und Herren! Der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika!«
Die Stationen der Macher waren flott, das mußte Jennifer ihnen zugestehen. Sie fragte sich, ob die anderen Sender weiter ihre geistlosen Scherzchen über Oregon machen würden.
Präsident Meyerhoff sprach in seiner üblichen langsamen, volltönenden, beruhigenden Redeweise, die zum Teil wohl deshalb beruhigend wirkte, weil sie so selten vernommen wurde und deshalb den Charakter eines raren Luxusgutes angenommen hatte, vergleichbar einem Dreikaräter aus natürlichem Vorkommen.
»Meine amerikanischen Mitbürger! Wie die meisten von Ihnen bereits wissen, ist den Vereinigten Staaten von der Orbitalstation Sanctuary eine Drohung terroristischer Natur zugegangen. Man behauptet dort, in der Lage zu sein, durch den Einsatz verbotener genetisch modifizierter Viren vier großen amerikanischen Städten ernstlichen Schaden zufügen zu können, und kündigt an, diese Viren freizusetzen, falls die Delegation der Bundesregierung morgen, wie geplant, auf Sanctuary anzudocken versucht. Eine unerträgliche Situation. Seit langer Zeit ist es bewährte Politik der Vereinigten Staaten, sich niemals und unter keinen Umständen auf eine Verhandlungsebene mit Terroristen zu begeben. Zugleich muß es unser oberstes Gebot sein, die Sicherheit und das Wohlbefinden unserer Bürger zu garantieren. Dieses Gebot dürfen wir nie aus den Augen lassen.
Den Bürgern von New York und Chicago, von Washington und Los Angeles sage ich dies: Bitte bewahren Sie die Ruhe! Verlassen Sie Ihre Häuser nicht! Die Regierung wird keine Aktionen dulden, die Ihre Sicherheit gefährden. In diesem Augenblick, während ich zu Ihnen spreche, sind bereits Spezialistenteams für biologische Kriegsführung dabei, für die Sicherheit Ihrer Städte zu sorgen. Während ich zu Ihnen spreche, wird dieser unerträglichen und feigen Drohung höchste Aufmerksamkeit zuteil. Doch ich wiederhole: das beste für Sie alle ist es, im Haus zu bleiben…«
Die Sender fuhren fort, Menschenmassen zu zeigen, die darum kämpften, Washington, Chicago, New York und Los Angeles zu verlassen. Luftwagen strichen über die Häuser, die Waggons der Superschienenbahn waren überfüllt und Bodenfahrzeuge verstopften die Straßen.
Mit keinem Wort beantwortete das Weiße Haus die Frage: Würde die Delegation versuchen, am nächsten Morgen auf Sanctuary anzudocken?
»Sie wollen sich ihre Optionen offenhalten«, bemerkte Ratsmitglied Dey mit grimmiger Miene. »Ein Fehler.«
»Es sind eben Schläfer«, stieß Ratsmitglied Aleone verächtlich hervor, aber sein Atem ging schneller als sonst.
Eine Stunde nach der Demonstration auf Kagura erhielt Sanctuary über Richtantenne eine direkte Botschaft aus dem Weißen Haus, in dem die Orbitalstation aufgefordert wurde, alle verbotenen Waffen einschließlich der angeblich vorhandenen biologischen Kampfmittel zu übergeben. Sanctuary antwortete mit einem Zitat von Patrick Henry, welches selbst einigen Nutzern bekannt sein mußte: »Gebt mir Freiheit oder…«
Zwei Stunden nach der Demonstration speiste Sanctuary eine weitere Mitteilung in alle amerikanischen Sender ein, diesmal nur als Audio zu empfangen. Sie besagte, daß die tödlichen GenMod-Viren nicht in Washington, New York, Los Angeles und Chicago deponiert waren, sondern in Washington, Dallas, New Orleans und St. Louis.
Die Menschen begannen aus St. Louis zu strömen, und in New Orleans kam es zu Tumulten. Der Auszug aus Chicago, New York und Los Angeles hielt unvermindert an.
Eine hysterische Frau aus Atlanta verkündete, daß alle Tauben auf ihrer Terrasse plötzlich verendet wären, und die Menschen begannen, auch Atlanta zu verlassen,
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