Beuteschema: Thriller (German Edition)
gewesen. Sie arbeitete dort und hatte Zugang zu den neuesten und vielversprechendsten medikamentösen Behandlungsmethoden.
Claire griff zum Handy und wählte die Nummer, die sie inzwischen auswendig konnte.
» Hallo«, meldete sich Nick umgehend. » Wieso zum Teufel hat es so lange gedauert bis zu Ihrem Anruf?«
» Ich habe Curtin nicht gesehen«, sagte sie, ohne ihn auch nur zu begrüßen. » Er hat Grippe. Aber ich habe etwas sehr Interessantes entdeckt, und ich brauche Ihre Hilfe.«
Der moderne Glaskasten, der Biopharix beherbergte, stand funkelnd in der Morgensonne am Nordende eines Landvorsprungs am Hudson River in Cold Spring, rund neunzig Kilometer nördlich von Manhattan. Gegen die Einwände von so gut wie allen Leuten hatte man das nicht in die Landschaft passende Gebäude auf vormals offenem Parkgelände errichtet, mit dem Segen örtlicher Politiker, die der Versuchung eines solchen Hightech-Unternehmens, das viel Steuern einbringen würde, nicht widerstehen konnten.
Nick und Claire wurden durch den gläsernen Korridor geleitet, der ihnen einen herrlichen Blick auf das Tal des Hudson und die Militärakademie West Point bot, die leicht südlich auf der anderen Flussseite lag. Unter sich sahen sie durch den gläsernen Boden einen Bach fließen, der in den Fluss mündete. Kobaltblaue Stahlseile hielten die Passage in der Schwebe, sodass die beiden das Gefühl hatten, durch die Luft zu gehen.
Als sie sich Sedgwicks Büro näherten, das in der Mitte der Einrichtung lag, bemerkte Claire eine Reihe ähnlicher Glasröhren, die von den ebenfalls im Zentrum des Komplexes gelegenen Laboren ausstrahlten, und sie fühlte sich wie im Fangarm eines riesigen Kraken.
Sie kamen zum Bürotrakt, wo Sedgwick vor seiner Tür wartete. Er war gepflegt, durchschnittlich groß und hatte schütteres Haar, das er vorn durch offensichtliche Transplantate zu korrigieren versuchte, die jedoch zu große Lücken aufwiesen. Wenn er schon so reich und eitel ist, dachte Claire, hätte er sich wirklich etwas Besseres machen lassen können.
Sedgwick schüttelte ihnen mit kräftigem Druck die Hände. » Was führt die New Yorker Polizei bis zu uns herauf?«, fragte er Nick und lächelte freundlich.
» Wir sind an einer Ihrer Angestellten interessiert«, antwortete Nick mit demselben freundlichen Lächeln.
Sedgwicks Lächeln verblasste. » Sie meinen Tammy Sorenson. Eine schreckliche Tragödie.«
» Sprechen Sie von ihrer Ermordung oder von ihrer Krankheit?«, fragte Claire.
» Welche Krankheit?«, erwiderte Sedgwick, und ein Ausdruck von Verwunderung huschte über sein Gesicht. » Ich dachte, Sie haben ihren Mörder gefasst. War sie auch krank?«
» Todkrank«, sagte Claire. » Sie wäre auch gestorben, wenn man sie nicht ermordet hätte.«
Claire und Nick beobachteten aufmerksam Sedgwicks Reaktion. Er trat einen Schritt zurück, als versuchte er, sich von einer schlechten Nachricht zu distanzieren.
» Das wusste ich nicht«, sagte er. » Warum hat sie mir nichts gesagt?«
» Sie hatten also keine Ahnung, dass Tammy im Begriff war, an Lymphdrüsenkrebs zu sterben?«, hakte Claire nach.
» Nein. Wenn ich es gewusst hätte, hätte ich dafür gesorgt, dass sie die beste Behandlung bekommt. Aber es erklärt einige Dinge.«
» Zum Beispiel?«, fragte Nick.
» Warum sie eines Tages nicht mehr zur Arbeit kam, ohne irgendwem etwas zu sagen. Ich habe versucht, sie zu erreichen– sie hat in meinem Labor gearbeitet, und wir hatten ein enges Verhältnis.«
» Wie eng?«, fragte Nick bewusst mehrdeutig. » Soviel ich weiß, hatte sie eine Reihe von Männerbekanntschaften.«
» Unsere Beziehung war rein beruflicher Natur«, sagte Sedgwick rundheraus. » Ich habe mir Sorgen um sie gemacht. Als ich ihre Eltern anrief, sagten diese, sie sei im Urlaub. Aber sie hatte ihren gesamten Jahresurlaub bereits verbraucht, deshalb verstand ich es nicht.«
» Warum haben Sie die Polizei nicht angerufen?«, versuchte Claire, ihn in die Falle zu locken.
» Das habe ich. Sie sagten, wenn ihre Eltern bestätigten, dass sie im Urlaub sei, würde sie nicht als vermisst gelten. Deshalb habe ich mir Name und Nummer ihres Internisten aus ihrer Personalakte gesucht, um mich zu überzeugen, dass sie nicht irgendwo im Krankenhaus lag.«
Das erklärt die Telefonnachricht in ihrer Krankenakte, dachte Claire.
» Hat er Sie zurückgerufen?«, fragte Nick.
» Nein. Wir wussten nicht, was mit ihr passiert war, bis jemand aus Ihrer Dienststelle in unserer
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