Bevor der Tod euch scheidet (German Edition)
den ersten Kuss? Musste er sich seine wildesten jugendlichen Begierden in Erinnerung rufen? Als sie nach Europa geflohen war, da hatte sie weit mehr zerstört als nur ihre Ehe. Sie hatte seine Hoffnungen und Träume zerschlagen.
Mehr Erinnerungen wurden wach, jüngere Erinnerungen – an ihre intensiven, heftigen sexuellen Kämpfe, dann an ihren Rückzug in sich selbst, an ihre Trunksucht, ihren Kummer.
Einen Moment lang betrachtete er sie. Die Frau, in die er sich verliebt hatte, die hatte es eigentlich nie gegeben. Existiert hatten nur seine Hoffnungen und Träume, geboren aus der völligen Naivität eines jungen, optimistischen Mannes. Sex war die Grundlage für ihre Versöhnung gewesen, aber Liebe, Zuneigung, gleiche Interessen und Ziele hatte es nie gegeben. Und als sich dann die Tragödie ereignete, stellte sich heraus, dass es überhaupt keine Gemeinsamkeiten mehr gab.
In diesem Augenblick wurde ihm klar, dass ihre Ehe nicht mehr zu retten war. Leigh Anne hatte bereits entschieden, dass es aus und vorbei war. Wie kam es, dass ihn diese Erkenntnis überhaupt noch überraschte? Sie waren frisch verheiratet gewesen, als sie ihn einfach verlassen hatte. Völlig rücksichtslos war sie weggegangen, weil sie beschlossen hatte, dass es so sein sollte, ohne auch nur mit ihm darüber zu reden. Und genauso rücksichtslos war sie nun zu dem Schluss gekommen, von ihrer Seite nichts mehr zu dieser Ehe beizusteuern.
Als er so dastand, kam es ihm vor, als erlebe er eine Offenbarung. Es war vorbei. Oder besser gesagt: Seine Ehe hatte eigentlich nie angefangen. Er hatte sie nicht geliebt, und sie hatte ihn nie geliebt.
Es gab nur eine einzige Frau, die er wirklich liebte. Und diese Frau war fest entschlossen, seinen Bruder zu heiraten.
Er ging zur Kommode und zog sich aus, während ihn mit einem Mal Boshaftigkeit überkam. Er war stark, er konnte das durchstehen. Er würde tun, was für alle das Beste war. Er würde für sie alle sorgen und sich um sie kümmern, ob es Leigh Anne gefiel oder nicht.
Plötzlich klingelte das Telefon neben dem Bett. Es war ein lautes, schrilles Klingeln, aber Leigh Anne rührte sich nicht, und er fragte sich unwillkürlich, wie viel Laudanum sie wohl genommen hatte. Er nahm den Hörer ab.
„Wir haben ihn, Boss!“, meldete sich Chief Farr in triumphierendem Tonfall. „Meine Jungs haben Randall vor einer Stunde gefasst, als er versucht hat, sein Haus zu betreten.“
„Hervorragend“, rief Bragg begeistert. „Ich komme sofort rüber.“ Er legte auf und wollte Francesca anrufen, jedoch war es erst sechs Uhr in der Früh. Trotzdem würde das Personal um diese Zeit bereits auf sein, also konnte er eine Nachricht hinterlassen.
Nachdem es ein paar Mal geklingelt hatte, meldete sich Andrew Cahill.
„Entschuldige, wenn ich dich um diese Zeit störe, Andrew“, sagte Bragg. „Allerdings gibt es Neuigkeiten, und ich glaube, Francesca würde das gern so schnell wie möglich erfahren wollen.“
„Sie ist nicht hier, Rick! Wegen ihrer Verletzung hat sie die Nacht bei Hart verbracht.“
Aber natürlich! Es fühlte sich an, als würde ihm jemand einen Eispickel ins Herz treiben. „Danke, Andrew. Und nochmals Entschuldigung, dass ich so früh gestört habe.“ Er hängte den Hörer ein und bemerkte, dass Leigh Anne ihn beobachtete. „Ich muss los“, erklärte er knapp. „Eine dienstliche Angelegenheit.“
„Da war ein Anruf für dich, Francesca.“
Harts Atem strich über ihre Wange. Allmählich wurde Francesca wach und fühlte sich wunderbar befriedigt. Als sie sich unter der Bettdecke wie eine Katze streckte und räkelte, musste sie daran denken, wie oft Hart sie geliebt hatte, bis er sie schließlich ins Bett im Gästezimmer brachte und sie zudeckte. Sie musste grinsen, als ihr bewusst wurde, dass sie unter dem Bettzeug splitternackt dalag.
Er dagegen trug Hemd und Hose, die Manschetten waren geöffnet. Mit einem leicht amüsierten Gesichtsausdruck beugte er sich über sie. „Guten Morgen!“
Während sie die Hand ausstreckte, um seine Wange zu berühren, fühlte sie wieder Verlangen in sich aufsteigen. Dabei ging ihr durch den Kopf, dass sie letzte Nacht nicht nach Hause gegangen war. „Ich bin jetzt entehrt, Hart.“ Jetzt musste er sie heiraten, selbst wenn er es nicht wollte.
„Du bist immer noch eine Jungfrau“, erklärte er gelassen. „Und zudem auch noch eine sehr befriedigte.“
Sie verdrehte die Augen. „Wohl eher kaum als sehr, würde ich sagen.“
„Kaum
Weitere Kostenlose Bücher