Bevor der Tod euch scheidet (German Edition)
zwischen sie beide und warf ihr einen finsteren Blick zu. „Papa?“, fragte sie. „Du wirst doch bestimmt verstehen, dass ich heute zur Polizei muss.“
„Oh, ich verstehe das. Aber ich weiß auch, dass du einundzwanzig Jahre alt und unsterblich verliebt bist – oder zumindest glaubst, unsterblich verliebt zu sein. Aber du bist eine Dame, Francesca! Und egal, welche Verletzungen du davongetragen hast, du kannst nicht die Nacht bei einem Gentleman verbringen – erst recht nicht, wenn er einen so zweifelhaften Ruf genießt wie Calder Hart!“
„Andrew“, warf Julia ein, jedoch ließ der sie nicht weiterreden.
„Francesca kann nicht durch die ganze Stadt rennen, als hätte sie keinen Funken Moral und Anstand im Leib.“
Sie spürte, wie ihre Wangen zu glühen begannen. Sonst war ihr Vater nie so kritisch, was ihr Verhalten anging! „Wir sind verlobt“, versuchte sie ihn zu beruhigen. „Außerdem wurde ich verletzt.“ Sie wagte nicht, ihm zu sagen, dass sie nichts Unrechtes getan hatten.
„Ach, ihr seid verlobt?“, gab er in frostigem Tonfall zurück. „Ich sehe aber keinen Ring an deinem Finger, auch wenn das jetzt ohnehin nicht weiter wichtig ist! Ich bin zu einem endgültigen Schluss gekommen, Francesca, und der lautet, dass es die beste Lösung war, ihn letzten Samstag vor dem Altar stehen zu lassen.“
Sie stieß einen spitzen Schrei aus. „Papa!“, protestierte sie entsetzt.
Julia ging dazwischen. „Andrew, wir müssen unsere Abreise vorbereiten! Hart wird uns in die Springs folgen!“
„Nein!“, gab er zurück, ohne seine Frau anzusehen. „Ich habe endgültig genug! Calder Hart ist ein gewissenloser Mann. Ich konnte ihn noch nie leiden, und ich traue ihm nach wie vor nicht über den Weg – und daran wird sich niemals etwas ändern. Du gehörst zu einem Mann wie Rick Bragg. Du bist eine tugendhafte Frau, Francesca, und du verdienst einen Mann, für den Moral kein Fremdwort ist! Gegen mein besseres Wissen wurde ich dazu genötigt, dieser Heirat zuzustimmen. Aber hier im Haus habe immer noch ich das Sagen. Du bist meine Tochter, Francesca, und auch wenn du mich jetzt vielleicht für grausam hältst, handele ich nur in deinem besten Interesse. Du wirst Calder Hart nicht heiraten, weder jetzt noch sonst irgendwann!“
Francesca starrte ihn fassungslos an.
„Und du hast nicht vor, eine so grundlegende Entscheidung mit mir zu besprechen?“, fragte Julia in schroffem Ton.
„Er hat dich zum Narren gehalten!“, knurrte Andrew und wandte sich wieder an Francesca: „Ich schlage vor, du gehst nach oben und machst dich frisch. Um elf Uhr verlassen wir das Haus.“
Mit diesen Worten machte er kehrt und marschierte davon.
Beängstigende Stille hatte sich über das Haus gelegt.
„Du hättest gestern Abend heimkommen sollen“, sagte Julia aufgeregt.
„Mama …“, flüsterte Francesca voller Gewissensbisse. „Ich liebe ihn doch!“
„Das weiß ich doch! Aber …“ Julia hatte Tränen in den Augen.
„Ich werde ihn heiraten! Aber was sollen wir mit Papa machen?“, fragte Francesca besorgt. Sie war sich sicher, dass das keine vorübergehende Laune ihres Vaters war. Andrew würde seine Entscheidung nicht rückgängig machen, ganz egal, unter welchen Umständen. Doch Francesca würde sich nicht davon abhalten lassen, Hart zu heiraten. Daran konnte nicht einmal ihr geliebter Vater etwas ändern.
„Wir haben den ganzen Sommer Zeit, auf deinen Vater einzuwirken. Überlass ihn ruhig mir“, erklärte Julia entschlossen.
Francesca war darüber zwar nicht erleichtert, dennoch nickte sie zustimmend. „Mama, willst du nicht, dass derjenige zur Rechenschaft gezogen wird, der mich an meiner Heirat gehindert hat?“
„Du weißt, dass ich das will.“
„Hart ebenfalls. Er hat gesagt, er wird die Stadt nicht verlassen, solange der Täter nicht in Polizeigewahrsam ist. Ich kann heute nicht mit in die Springs reisen. Aber sobald Hart und ich sein Geständnis haben und jeder Mittäter gefasst ist, reisen wir euch hinterher und verbringen den Sommer mit euch.“ Er wird mich dafür umbringen, dachte sie. Doch Julia würde ganz bestimmt einlenken.
Und tatsächlich ging ihre Mutter darauf ein. „Es könnte nicht schaden, wenn dein Vater sieht, wie Hart sich um dich kümmert, Francesca, weil er dann erleben könnte, was ich erlebt habe – dass dieser Mann nämlich in dich vernarrt ist. Also gut! Du kommst nach, sobald du kannst. Ich werde die Stadt in dem Bewusstsein verlassen, dass du in
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