Bevor der Tod euch scheidet (German Edition)
umso mehr bekomme ich den Eindruck, dass die Nachricht dir Angst gemacht hatte.“
Mit ernster Miene sah Francesca sie an. Sie beide hatten voreinander so gut wie keine Geheimnisse. Connie wusste, dass Hart ein Porträt von ihr in Auftrag gegeben hatte und dass dieses Bild im vergangenen April verschwunden war. Allerdings war ihr nichts davon bekannt, wie kompromittierend es war.
Francesca wollte Connie nicht unnötig beunruhigen, aber sie benötigte jetzt dringend die Hilfe ihrer Schwester. Nicht bei der Suche nach dem Porträt, denn nachdem der Dieb nun endlich in Aktion getreten war, konnte sie davon ausgehen, dass sie und Bragg ihn schon bald zu fassen bekommen würden. Ihre Hilfe brauchte sie vielmehr, weil sie sich bei Hart keinen Rat mehr wusste. Sie wollte ihn nicht verlieren, nicht auf diese Weise. „Die Nachricht kam von demjenigen, der mein Porträt gestohlen hat.“
„Und deswegen hast du dich so aufgeregt?“, fragte Connie verständnislos.
„Connie, mein Porträt ist ein Aktgemälde.“
Ihre Schwester blickte sie an und zeigte sekundenlang keine Regung, dann aber wurden ihre Gesichtszüge von Entsetzen und Unglauben geprägt. „Wie bitte?“
„Der Dieb besitzt ein Gemälde, auf dem ich nackt zu sehen bin, und er beabsichtigt, es gegen mich zu verwenden.“
„Wie konntest du nur?“, rief Connie fassungslos.
„Ist das jetzt wichtig?“, zischte Francesca. „Ich musste versuchen, das Bild an mich zu nehmen, bevor es irgendwo in der Öffentlichkeit auftaucht!“
Connie schüttelte wie benommen den Kopf. „Und Hart gibt dir die Schuld, dass du nicht zur Hochzeit gekommen bist? Ist er verrückt? Ist ihm nicht klar, was das bedeutet?“
Calder Hart war viel zu klug, um die Gefahr nicht zu erkennen, in der sie schwebte. Dass er nicht sofort Verständnis gezeigt und mit ihr zusammen versucht hatte, das aus der Galerie verschwundene Bild aufzuspüren, machte sein Verhalten für sie noch beängstigender. „Ich glaube, ich habe ihn schrecklich verletzt, Con. Sonst hätte er bestimmt versucht, mich zu beschützen.“ Sie kehrte zum Fenster zurück und versteckte sich hinter dem Vorhang, während sie nach draußen sah. Ihr Herz raste vor Panik. „Ich werde Sarah besuchen. Es wird sehr unerfreulich werden, das Haus zu verlassen.“
Connie stellte sich zu ihr. „Was ist mit Hart?“
Ihr wurde bewusst, dass sie sich davor fürchtete, sich heute an ihn zu wenden. „Ich werde erst anrufen und nachfragen, ob er zu Hause ist. Falls ja, werde ich zu ihm gehen und die Wogen glätten.“
Ihre Schwester nahm ihre Hand, und Francesca klammerte sich daran fest.
Wie sich herausstellte, war Hart nicht zu Hause, also beschloss Francesca, sich mit der Cahill-Kutsche quer durch die Stadt in die westlichen Viertel fahren zu lassen. Zum Glück war ihre Mutter nicht zugegen, als Francesca das Haus verließ. Andrew musste erst später am Tag gefahren werden, und sie versprach, spätestens bis Mittag wieder daheim zu sein. Was die Reporter anging, ignorierte sie kurzerhand deren Fragen. Jeder von ihnen wollte wissen, was geschehen war und ob es einen neuen Termin für die Hochzeit geben würde.
„Haben Sie es sich anders überlegt? Werden Sie Calder Hart nicht heiraten? Haben Sie ihm absichtlich den Laufpass gegeben?“, rief Arthur Kurland laut genug, um seine neugierigen Kollegen zu übertönen.
Francesca sah sich zu ihm um, als Jennings die Tür der Kutsche hinter ihr schloss. „Nein, Mr Kurland, ich habe meinen Verlobten nicht sitzen lassen.“
„Dann findet die Hochzeit also noch statt?“, fragte er und grinste listig.
Sie zögerte kurz, während Jennings auf den Bock stieg. „Natürlich findet die Hochzeit noch statt“, entgegnete sie, als sich die Kutsche rumpelnd in Bewegung setzte.
Die Fahrt quer durch den Central Park hätte wunderschön sein können. Die Blumen blühten, die Vögel in den Baumkronen zwitscherten fröhlich, und hier und dort unternahm eine Dame mit einem Gentleman einen Spaziergang. Ein Radfahrer war auf dem Weg für die Kutschen unterwegs. Von alledem aber bekam Francesca kaum etwas mit; sie war zu sehr damit beschäftigt, alle Gedanken an die verdammten Reporter und an die morgigen Schlagzeilen zu verdrängen. Eigentlich wollte sie sich auf das bevorstehende Gespräch mit ihrer Freundin Sarah konzentrieren, doch immer wieder meldeten sich ihre Sorgen um Hart zu Wort. Alfred hatte nach langem Hin und Her zugegeben, dass er letzte Nacht nicht nach Hause gekommen war.
Ein
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