Bianca Arztroman Band 0011
helfen?
Schweren Herzens bog Abbie auf die Landstraße ein und zwang sich, ihre Gedanken auf den nächsten Hausbesuch zu richten.
2. KAPITEL
Es wurde ein langer Tag. Abbie war froh, als sie endlich ihren letzten Hausbesuch machen konnte. Isaac Shepherd war ein alter Mann, der vor einigen Monaten eine Herzattacke erlitten hatte, aber eigensinnig genug war, um medizinische Ratschläge möglichst nicht zu befolgen.
“Alles scheint in Ordnung zu sein, Mr. Shepherd. Ihr Blutdruck ist ausgezeichnet, und andere Probleme gibt es offenbar nicht”, sagte Abbie zufrieden.
“Ich fühle mich fit wie der Fisch im Wasser. Es gibt keinen Grund zur Klage”, erwiderte der alte Mann. Er begleitete Abbie zu ihrem Wagen, wobei er seinen Blick gen Himmel richtete. “Es sieht so aus, als ob ein Sturm aufzieht. Sie sollten schnell nach Hause fahren”, riet er.
Auch Abbie hatte gemerkt, dass sich das Wetter stark verändert hatte, seit sie auf der Farm von Mr. Shepherd angekommen war. “Der Wetterbericht hatte Regen angesagt.”
“Sagte ich doch”, stimmte Isaac zu mit dem Hochmut eines Bauern, der keinen Wetterbericht brauchte.
Abbie lachte und stieg in ihr Auto. “In einem Monat besuche ich Sie wieder, Mr. Shepherd. Passen Sie gut auf sich auf, auch wenn Sie sich fit fühlen, dürfen Sie sich nicht überanstrengen.”
“Keine Sorge. Ich habe gerade den jungen Billy Murray gebeten, mir zu helfen. Der Junge brauchte Arbeit. Und solange mein Frank noch krank ist, brauche ich jemanden, der zupackt.”
“Das ist eine sehr gute Idee”, stimmte Abbie Mr. Shepherd zu. “Billy war bestimmt froh über dieses Angebot, und Frank wird erleichtert sein, wenn er erfährt, dass Sie nicht alles alleine machen müssen.”
“Das dachte ich auch”, sagte Isaac, als er Abbie zuwinkte.
Auf dem Weg in die Stadt dachte sie darüber nach, wie gut sich alles fügte. Billy Murray sollte bald Vater werden und brauchte das Geld. Er war erst siebzehn, und seine Eltern waren alles andere als begeistert, als sie von dem Baby hörten. Aber Murray war ein aufrechter, verlässlicher Junge, der hart zupacken würde, und für Frank war es gut zu wissen, dass sein Vater Hilfe bekam. Wieder einmal lehrte sie die Erfahrung, dass nur in seltenen Fällen Situationen sich in Wirklichkeit so schlecht darstellen, wie sie anfangs erschienen. Sie zweifelte jedoch, ob diese Philosophie auch im Falle von Nick zutraf.
Sie seufzte, als sie wieder an ihn dachte und daran, was sich am Morgen zugetragen hatte. Vielleicht war ihr Nick wirklich fremd geworden, aber würde sie das daran hindern, ihm zu helfen?
Der Sturm brach los, noch bevor Abbie die Stadt erreicht hatte. Der Wind peitschte den Regen gegen die Windschutzscheibe, sodass sie kaum etwas sehen konnte. Es war reines Glück, dass sie die Frau entdeckte, die zu Fuß am Straßenrand entlangging.
Abbie hielt an und sah erst jetzt, dass es Mrs. Delaney war. Sofort bot sie ihr an, sie mitzunehmen.
Dankbar kletterte Mrs. Delaney auf den Beifahrersitz und hielt den Korb mit Brombeeren fest auf ihren Knien. “Ich hätte gleich nach Hause gehen sollen, als ich die Wolken am Himmel sah.”
Abbie warf einen Blick auf den Korb mit den prallen Beeren. “Machen Sie davon Marmelade?”, fragte sie.
“Ja, Nick mochte immer meine Brombeermarmelade so gern, und ich dachte, ich tue ihm damit einen Gefallen. Es ist nett von dir, dass du mich nach Hause bringst. Möchtest du nicht noch eine Tasse Tee bei uns trinken?”
Zu Hause angekommen, wartete sie nicht erst eine Antwort ab, sondern stieg schnell aus dem Auto und eilte unter das Vordach. “Geh schon in den kleinen Salon, Abbie. Ich bereite in der Küche den Tee vor.”
Abbie fragte sich, ob es eine gute Idee war, ein erneutes Zusammentreffen mit Nick an diesem Tage zu riskieren. Lieber hätte sie noch eine Weile über ihn und ihr Verhältnis zu ihm nachgedacht. Aber ehe sie diesem Gedanken länger nachhängen konnte, waren die Würfel schon gefallen, denn als sie die Tür zu dem kleinen Salon öffnete, sah sie sich Nick gegenüber.
“Was tust du denn schon wieder hier?”, fragte er in einem Ton, der nicht gerade große Freude verriet.
“Nun, ich bin nicht hergekommen, um deine charmante Gesellschaft zu genießen”, erwiderte sie ebenso unhöflich. “Ich war auf dem Nachhauseweg, als ich deine Mutter am Straßenrand entdeckte. Weil es so regnete, habe ich ihr angeboten, sie nach Hause zu fahren, und nun hat sie mich zu einer Tasse Tee
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