Bibbeleskaes
der Musikverein, die FuÃballer, der Ortschaftsrat, eigentlich alle Fautenbacher, und viele Scherwillerer versammelt, dazwischen Polizisten in blauer Uniform. Ich suchte Luc unter all den Menschen, fand ihn aber nicht. Als mich jemand am Arm packte, dachte ich schon, er wäre es, sah aber beim Umdrehen in das Gesicht von Sophie Ketterer.
»Du hast den Toten gefunden?«, fragte sie.
Nein, wollte ich sagen, Martha hat ihn entdeckt, sie hat sich nur nicht getraut, sich ihn anzusehen. Aber ich kam nicht dazu, denn Sophie redete einfach weiter: » Capitaine LeBoeuf von der Section de recherche will dich sprechen, wir haben dich schon gesucht.«
Fast rennend zog sie mich in den Innenhof der Winstub, dann weiter ins Haus hinein, durch die Weinstube hindurch.
»Und du?«, fragte ich und versuchte, mit ihr Schritt zu halten. »Was hast du für eine Aufgabe?«
»Ich kümmere mich darum, dass wir Deutsche zügig befragt werden, damit wir danach abreisen können. Wird trotzdem dauern, bei dreiundsiebzig Fautenbachern. Zum Glück spricht LeBoeuf flieÃend Deutsch, sodass wir nicht noch auf einen Dolmetscher warten müssen. Zudem sind die Profis von dem Gemeinsamen Zentrum für deutsch-französische Polizeiarbeit schon vor Ort. Ausgerechnet Emile Murnier, schwierige Gestalt, und dann noch die Hellsass Devils â¦Â«
Sie brach mitten im Satz ab, als würden mir diese Andeutungen alles erklären. Weiter gingâs im Eilschritt durch einen düsteren Flur.
»Aber die Franzosen sind sehr kooperativ, zufällig kenne ich den ermittelnden Staatsanwalt von einem deutsch-französischen Verwaltungsseminar. Er hat mir versprochen, dass wir heute Abend wieder zu Hause sind. Vorausgesetzt, keiner von uns hat Emile Murnier ermordet.« Wieder dieses kurze, knackige Lachen, das ich schon beim Einstieg in den Bus von ihr gehört hatte, dann stoppte sie an einer Zimmertür, vor der ein Gendarm Wache stand. »Câest Katharina Schweitzer« , sagte sie in feinstem Französisch. »Elle a découvert le mort.«
»Nein«, erzählte ich wenig später Capitaine LeBoeuf, »ich habe den Toten nicht entdeckt, ich habe ihn mir nur aus der Nähe angeschaut. Von meinem Zimmerfenster aus konnte man ja nicht sehen, ob er wirklich tot war.«
»Warum waren Sie so früh auf?«, wollte er wissen. »Was hat Sie geweckt?«
LeBÅuf war Elsässer, merkte ich an seinem Deutsch. Ich schätzte ihn ein paar Jahre älter als mich, Ende vierzig, wenn er sich schlecht, Mitte fünfzig, wenn er sich gut gehalten hatte. Er trug Zivil, Jeans und gestreiftes Hemd, und diesen sehr modischen militärischen Kurzhaarschnitt. Mit den rosigen Bäckchen und den kleinen Lachfältchen um die grauen Augen wirkte er vom Gesicht her allerdings überhaupt nicht militärisch. Einen scharfen Hund hatte ich mir anders vorgestellt.
Er fragte mich all das noch mal, was der pickelige Gendarm vorhin schon hatte wissen wollen. Dann, ob mir Emile Murnier auf dem Fest aufgefallen sei. Ich hatte ja noch nicht mal sein Gesicht von vorne gesehen, wie sollte ich das wissen? Es folgten Fragen zu unserer Kochgruppe und der französischen. Ich zählte alle Namen auf, bei den Franzosen nur die Vornamen, weil ich es besser fand, den von Luc erst mal nicht zu erwähnen. Nein, antwortete ich auf die nächste Frage, von den Franzosen kannte ich vor dem Wettkochen keinen.
»Und was haben Sie gemacht, als der letzte Nachtisch serviert war?«, wollte er wissen.
»Gegessen und gewartet, bis die Bewertungszettel für die Menüs ausgezählt waren.«
Am groÃen Küchentisch hatten wir gegenseitig unsere Menüs probiert. Die Pâté en croûte übrigens ausgezeichnet und erst die Tarte des myrtilles ! Beim Coq au Riesling dagegen ein bisschen zu viel Speck. Damit musste man sehr vorsichtig sein, damit er den zarten Geschmack des Huhns nicht übertönte. Luc saà neben mir und spielte bei der Kritik an seinem Coq den Empörten. Unterm Tisch machten sich allerdings unsere Oberschenkel schon näher miteinander bekannt.
»Und dann?«
»Wurden wir zur Preisverleihung auf die Bühne gerufen.«
Gott, hatten sie das spannend gemacht! Wir Deutschen wurden vor das Fautenbacher Wappen drapiert, die Franzosen vor das aus Scherwiller, zwischen uns die beiden Bürgermeister. Hinter uns auf der Bühne der Fautenbacher Musikverein, der erst die
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