Bibbeleskaes
Mann, sonst er hätte niemals Hof angeboten. Kuba auch gut bei Handel und Geschäften. Will Weinversand nach Polen machen. Deshalb er und der alte Mann reden vor dem Fest mit Busunternehmer.«
»Mit Käshammer?«, fragte ich erstaunt.
»Aus Oberkirch, ja. Kuba gearbeitet für ihn, früher. Ich dich noch mal frage: Warum Kuba soll töten seine goldene Gans?«
Aus vernünftigen Gründen sicher nicht, aber die wenigsten Morde geschahen aus Vernunftgründen. Der Suff oder die Eifersucht konnten ein ehrgeiziges Ziel schnell zunichtemachen. Spekulationen, würde Alban Brandt sagen, das Einzige, was weiterhilft, sind wasserdichte Fakten.
»Murnier hat auf dem Fest mit Katjuscha getanzt. Hat Katjuscha erzählt, was dabei passiert ist?«
Erst dachte ich nein, weil Sylwia den Kopf schüttelte, aber dann merkte ich, dass sie es wegen ihres Bruders tat, den sie zwar verteidigte, aber nicht in allem verstand.
»Kuba immer meint, er muss beschützen Katjuscha. Glaubt, beschützen geht wie im Actionkino. Drohen, draufhauen, fertig. Dabei Katjuscha kann viel besser auf sich aufpassen als Kuba auf sich.«
»Wirklich?«, fragte ich zweifelnd. »Auch wenn so ein besoffener Patron zudringlich wird?«
»Paahh«, machte Sylwia und schüttelte schon wieder den Kopf. »Wenn Murnier was hat getrunken, er sehr anhänglich. War alt, aber immer noch ein Mann, alle Männer wollen Sex, also man sie muss zähmen. Katjuscha ihm erlaubt, Hand auf Po beim Tanzen, aber mehr nicht. Katjuscha auf den ersten Blick sanft, doch starker Wille.«
»Der starke Wille fehlt Kuba«, meldete sich Marek kurz zu Wort, wurde aber vom Blick seiner Frau schnell zum Schweigen gebracht.
»Okay«, sagte ich. »Selbst wenn Katjuscha den Alten im Griff hatte« â was ich nach meiner Erfahrung mit ihm stark bezweifelte â, »Jakub hatte sich nicht im Griff. Er sieht die fremde Hand auf dem Po seiner Frau und weiÃ, dass alle anderen im Saal auch sehen, wie Murnier ihm in aller Ãffentlichkeit Hörner aufsetzt. Da denkt er bestimmt nicht an das versprochene Erbe, sondern nur an die Demütigung, und schlägt zu.«
Jetzt nickte Sylwia. »Katjuscha sehr, sehr sauer deswegen. Weil Kuba ihr nicht traut, weil er nicht glaubt, dass sie das alleine kriegt geregelt. Sehr, sehr sauer, weil er sie schleppt durch den Saal und schickt nach Hause.«
»Er hat sie allein nach Hause geschickt, er selbst ist noch geblieben. Und als Murnier gegangen ist, ist Jakub ihm gefolgt. Was, wenn Jakub immer noch wütend war? Was, wenn Murnier gestichelt hat oder ihn einen Schlappschwanz nannte? Warum hätte Jakub dann nicht noch einmal zuschlagen sollen?«
»Vielleicht zuschlagen«, gab Sylwia zu. »Aber mit Messer stechen? Niemals! Anderer hat wirklich Grund, alten Mann zu töten. Der Sohn. Was er kriegt, wenn Kuba und Katjuscha übernehmen Hof? Nicht viel. Aber Sohn braucht Erbe, hat viel Schulden. Hat gekauft viele neue Maschinen, hat gebaut neues Haus mit feiner Verkostung für Wein. Alles teuer, wie soll Sohn das zahlen ohne Geld von Vater?«
Niemals, dachte ich. Luc war ein freier Geist, der sein Leben nicht durch ein strittiges Erbe bestimmen lieÃ.
»Kuba hat getroffen ihn, letzte Woche, diesen Luc Murnier, hat erzählt von den Plänen von Emile. Sohn ihm nicht wollen glauben! Er doch gedacht, Erbe ihm sicher, egal, wie viel er mit Vater streitet. War aber nicht sicher, war für Kuba und Katjuscha. Erst jetzt, wo Vater tot, sein Erbe ist sicher. Und Katjuscha und Kuba? Haben Arschkarte gezogen, wie es auf Deutsch heiÃt.«
Arschkarte, sicher hatten sie die gezogen, was das Erbe betraf. Aber das machte Luc nicht zum Mörder. Ich fragte mich, was zwischen Vater und Sohn passiert war. Was verzieh der Alte dem Jungen nicht? Was wog so schwer, dass er seinen Hof lieber Fremden vermachte als dem eigenen Sohn?
»Du kennst Anwalt in Frankreich? Anwalt, der Kuba holt aus Gefängnis?«, fragte Sylwia noch einmal.
Ich schüttelte den Kopf. Nein, kannte ich nicht. Und ich wusste auch nicht, ob mir Sylwia die Wahrheit erzählte oder ob sie ihren Bruder blind verteidigte. Zuschlagen vielleicht, Messer auf keinen Fall ⦠Wieso sollte das stimmen? Wenn einer im Blutrausch war, stach er auch zu. Aber warum mit meinem Messer?
Als ich aufstand, um mich zu verabschieden, klingelte mein Handy. Es war mein Vater.
»Katharina, ich
Weitere Kostenlose Bücher