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Bibbeleskaes

Bibbeleskaes

Titel: Bibbeleskaes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Glaser
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Sohn fahren sehen.«
    Â»Murnier hatte einen Sohn? Was macht er?«
    Â»Er ist Winzer wie sein Vater.«
    Â»Aber er bewirtschaftet nicht den elterlichen Betrieb? Wieso?«
    Â»Luc hat nichts mit dem Mord zu tun«, sagte ich. Zu schnell und zu heftig.
    Klar, dass Brandt nach dem Satz alarmiert war. Ich war müde, ich war erschöpft, also erzählte ich ihm doch den Rest der Geschichte.
    Â»Wenn Sie nicht bemerkt haben, dass Luc Murnier im Bad verschwunden ist, dann könnte es sehr wohl sein, dass der Mann bereits früher Ihr Zimmer verlassen hat«, folgerte Brandt. »Ach, Frau Schweitzer«, ergänzte er mit einem Seufzer. »Sie haben ein Händchen für zwielichtige Männer. Wollen Sie sich nicht mal nach was Soliderem umsehen?«
    Nein. Wollte ich nicht. Zwielichtig! Luc war nicht zwielichtig. Ich verfluchte Brandt dafür, dass er die Zweifel an Luc in mir verstärkt hatte.

NEUN
    Sophie Ketterer, las ich im Guller, der Wochenzeitung der Ortenau, hatte bereits eine beachtliche Karriere hinter sich. Studium an der Hochschule für öffentliche Verwaltung in Kehl, der »Kaderschmiede für Bürgermeister«. Erste Sporen verdiente sie sich im Vorzimmer des Bürgermeisters von Achern, nächste Station der Bürgerservice Kehl, danach bereits Leiterin des Fachbereiches Familie und Soziales in Offenburg. Durch ihre berufliche und politische Arbeit bestens in der Ortenau vernetzt, strebte sie nun das Amt des Oberbürgermeisters in Oberkirch an. Als Winzertochter in Ringelbach geboren und aufgewachsen, hatte sie nie den Kontakt zu ihrer Heimatstadt verloren, auch wenn sie seit der Heirat mit ihrem Mann in Fautenbach lebte, schrieb die Wochenzeitung. Ihre offene und zupackende Art – Arbeit war sie von Kindesbeinen an gewohnt – machte sie bei den Menschen beliebt, ihr klarer Verstand und ihr Talent, komplizierte Sachverhalte verständlich zu erklären, verschafften ihr Respekt, auch beim politischen Gegner.
    Okay, dachte ich, die Frau war ordentlich durchgestartet. Das passte zu meinem Eindruck von ihr. Sie flirrte vor Energie. Beim Weiterlesen verstand ich auch, was es mit dem Hochregallager auf sich hatte, über das sie bei unserer Abfahrt nach Scherwiller mit Käshammer gesprochen hatte. Dieses Hochregallager wollte die Papierfabrik Koehler in Oberkirch errichten, geplant als monströser Bau am Eingang des Renchtals, der vor allem wegen seiner Höhe von fast fünfzig Metern in die Kritik geraten war. In der Zwischenzeit war es um fünf Meter Höhe reduziert worden, und der Gemeinderat hatte das Projekt nach einem gescheiterten Bürgerbegehren befürwortet, Koehler war schließlich einer der größten Arbeitgeber der Gegend. Bei diesem Bau musste sich Sophie, so sie die Wahl gewinnen würde, also nur noch mit den Folgen herumschlagen.
    Befragt nach den wichtigsten Projekten in Oberkirch, antwortete sie: »Natürlich werde ich die Umgestaltung der Hauptstraße zügig in Angriff nehmen. Ob nun verkehrsberuhigt oder als Fußgängerzone, das werde ich im Wesentlichen von der Bürgerbefragung zu diesem heiß diskutierten Thema abhängig machen. Für den weiteren Verbleib der Geburtsstation im Klinikum Oberkirch kämpfe ich wie eine Löwin, denn nicht immer ist die Zentralisierung und Spezialisierung von Kliniken im Interesse der Bürger.«
    Hatten Felix und Sophie eigentlich Kinder?, fragte ich mich, schloss es aber fast aus. Eltern redeten immer über ihre Kinder, aber weder Sophie noch Felix hatten je ein Kind erwähnt. Wenn die zwei tatsächlich keine Kinder hatten, wieso? Bewusste Entscheidung dagegen? Oder weil es nicht geklappt hatte? Interessante Frage, vor allem wenn man auf dem Land lebte. Ungewollte Kinderlosigkeit war tragisch, gewollte hatte das »Geschmäckle« von zu großem Ehrgeiz.
    Â»Sehr glücklich bin ich über die Entscheidung, den Oberkircher Bahnhof nicht an einen Investor zu verkaufen«, las ich weiter. »Ich kann mir den Bahnhof sehr gut als ein Bürgerzentrum vorstellen, wo Jugendliche sich genauso zu Hause fühlen wie junge Familien und Migranten. Wo es Musik, Literatur und Kunst, Gespräche und Debatten gibt. Ein Ort des Austausches und der Begegnung.«
    Mit diesem Leuchtfeuerprojekt konnte sie bei der Jugend und bei jungen Familien punkten. Interessant fand ich, dass sie kein Wort über die Finanzierung sagte. Vielleicht wollte sie dafür die

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