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Bibbeleskaes

Bibbeleskaes

Titel: Bibbeleskaes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Glaser
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deiner Mutter …?«
    Sie setzte diesen Kind-du-willst-mich-nicht-verstehen-Blick auf. Damit brachte sie mich jedes Mal auf hundertachtzig. Ich verschluckte mich fast an meinem Apfel.
    Â»Dann sag doch endlich, was du dort gewollt hast!«
    Sie drehte den Kopf wieder weg, als hätten die grölenden Kinder auf dem Schulhof ihre Aufmerksamkeit geweckt.
    Â»Gar nichts! Nicht schlafen hab ich können, bin herumgelaufen. Aber für euch ist ja alles verdächtig, was ich mach. Aber dass du denkst, ich hätt was … Das schlägt doch wirklich dem Fass den Boden aus.«
    Â»Mama, sag endlich, was du weißt! Seit wir aus Scherwiller zurück sind, plagt dich was ganz furchtbar. Ich hab dich doch gerufen gestern Nacht. Du musst mich doch gehört haben. Deinetwegen habe ich die Polizei nicht informiert.«
    Blitzschnell flog ihr Kopf in meine Richtung, machte erst halt, als er fast mit meinem zusammenstieß.
    Â»Meinetwegen? Soso. Und was ist mit dir? Was ist mit Luc Murnier? Nur den willst du aus der Schusslinie holen, blind wie du bist. Für den reitest du sogar deine eigene Mutter …«
    Â»Du verdrehst mir die Worte im Mund! Natürlich bin ich besorgt um Luc, aber doch auch um dich. Meinst du wirklich, du bist mir egal?«
    Â»Du wärst ja nicht heimgekommen, wenn ich dich nicht mit dem Patissier-Kurs gelockt hätte. Um die Familie hast du dich noch nie gekümmert, holst dir nicht mal Hilfe, wenn’s dir schlecht geht. Meinst du, ich weiß nicht, wie sehr dich die Sache mit dem Ecki mitgenommen hat? Aber bei Männern, ich muss es sagen, da hast du noch nie ein gutes Händchen …«
    Wenn Martha mit meinen Männern anfing, knallten bei mir die Sicherungen durch. Sie redete von ihnen, als wären sie berechenbare Wesen, als wüsste man schon beim ersten Treffen, ob man sich ein gutes oder schlechtes Exemplar eingefangen hatte – und aus ihrer Sicht waren es immer zweifelhafte Exemplare, selbst Ecki hatte sie mit seinem Wiener Charme nicht einwickeln können. Sie tat so, als hätte man es in der Hand, welche Richtung eine Beziehung nehmen würde.
    Jetzt flogen zwischen uns die Fetzen. Ein böses Wort gab das nächste, jeder Satz geriet lauter als der vorige. Wir machten beide die Schotten dicht, bewarfen uns mit Vorwürfen, suhlten uns in Selbstmitleid, glaubten nur an die eigene Wahrheit. Eine Gefühlsmaschinerie war das, die, wenn der Knopf einmal gedrückt war, nicht mehr zu stoppen war.
    Â»Dann fahr ich jetzt halt zu dem Scheiß-Patissier-Kurs«, schrie ich zum Schluss und pfefferte beim Gehen den Rest des Apfels ins Waschbecken.
    Â»Wäre ja noch schöner, wenn du den sausen lässt«, brüllte Martha zurück.
    Als ich durch die Gaststube stürmte, hing Edgar am Telefon: »Jesses, die Sophie«, hörte ich ihn sagen. »Jetzt wird ihr im Endspurt vom Wahlkampf d’r Mann g’nomme. ’s gibt ja viel Lumpeseckel in der Politik … Ja, ja, sell will ich meine. Wenn einer von ihre Konkurrenten … Dann kannsch wirklich keinem mehr traue.«
    Vertrauen? Wem konnte man überhaupt vertrauen? Nicht mal mehr der eigenen Mutter, hätte ich ihm am liebsten entgegengeschrien. Stattdessen schlug ich nur die Eingangstür hinter mir zu.
    Wieder fuhr ich durch den Mais. Scheißegal, wenn die Welt um mich herum zusammenkrachte, der Mais gedieh weiter, und ich würde in Straßburg Füllungen für Macarons aufschlagen. Ich war eine brave Tochter, ich wollte doch nicht, dass meine Mutter umsonst viel Geld für mich ausgab. Ich knüppelte meine miese Laune ins Auto hinein. Alle Schleicher auf dieser schnurgraden Straße hupte ich zur Seite oder setzte mich so lange auf ihre Stoßstangen, bis sie klein beigaben und auswichen. Auf der kurzen Strecke von zehn Kilometern missachtete ich so gut wie jede Verkehrsregel. Am liebsten wäre ich sofort nach Köln zurückgefahren. Nur die trübe Aussicht auf die leere Wohnung schreckte mich ab. Schließlich vergnügte sich Adela mit ihrem Kuno immer noch am anderen Ende der Welt, anstatt mir mit Rat und Tat zur Seite zu stehen oder wenigstens zu Hause auf mich zu warten.
    Als mich die schrille Hupe eines entgegenkommenden Lkws zwang, ein gewagtes Überholmanöver abzubrechen, nahm ich endlich den Fuß vom Gas. Ganache stand heute bei Deville auf dem Programm. So bezeichnete man zarte Cremes, unterschiedlich parfümiert,

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