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Billigflieger

Titel: Billigflieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Tamm
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so schlimm, oder?«
    Hat es vielleicht geholfen? Nein, natürlich nicht.
    Oder Jessica, eine Arbeitskollegin, die immer in Tränen ausbricht, wenn unser Chef sie mal wieder runtergeputzt hat. Ich nehme dann in so einem Fall ihre Hand und sage tröstend zu ihr: »Nimm es einfach nicht so schwer. Andere Chefs hätten dich schon längst rausgeschmissen. Und wir Kollegen hätten nicht einmal was dagegen. Im Grunde solltest du dich also echt freuen.«
    Auch sie heulte daraufhin weiter - sogar noch lauter als zuvor.
    Das beste Beispiel aber ist, wie immer, Nina, meine Verlobte. Neulich erst machte sie mir Vorwürfe, weil ich ihr neues Kaffeeservice nicht genug zu würdigen wüsste.
    »Es gefällt dir nicht, stimmt’s?«, fragte sie mit tränenerstickter Stimme.
    »Doch, schon«, sagte ich.
    »Aber?«
    »Na ja, dieses Rosa ist nicht unbedingt meine Lieblingsfarbe. Und diese Engelchen, die sind … Also, ich weiß nicht genau, wie ich es ausdrücken soll. Die sind …«
    »Es ist doch für uns beide, Jo. Für nach der Hochzeit. Darum habe ich direkt das Abonnement unterschrieben. Also auch in deinem Namen. Weil sie doch schon das teure Hochzeitskleid geliefert haben. Jedenfalls bekommen wir ab sofort jeden Monat ein neues Teil dazu. Sogar Eierbecher.«
    Ich war fuchsteufelswild, nicht nur wegen der Unterschrift, sondern auch, weil ich früh am Morgen einfach keine rosafarbenen Eierbecher mit Engelchen drauf sehen will. Das sagte ich ihr auch. Und Nina? Sie heulte auf wie eine hochgetunte Honda mit tausend Kubik und Nitroglyzerin im Tank. Sie kreischte so laut, dass der achtzigjährige Herr Schadowski aus dem ersten Stock instinktiv in den Luftschutzkeller ging, weil er ihr Schluchzen für die Fliegersirene hielt.
    Dann wimmerte sie so laut, dass der sechzehnjährige Enkel von Herrn Schadowski kurz darauf bei uns klingelte und fragte, von wem denn dieses unglaublich geile Heavy-Metal-Gitarren-Solo sei. Und sie schluchzte so laut weiter, dass danach auch noch Frau Blüm von nebenan anrief und meinte, wir sollten sofort damit aufhören, unsere Katze zu quälen, sie sei immerhin die Vorsitzende des Tierschutzbundes …
    Wie wäre es stattdessen denn mal mit einem Männerschutzbund?, habe ich ihr entgegengerufen. Der könnte für seine Mitglieder zum Beispiel verbilligte Ohrenstöpsel ausgeben. Oder schalldichte Schutzräume einrichten, in die man sich flüchten könnte, wenn wieder einmal ein Tränen-Tsunami droht. Oder sie könnten hauptamtliche Tröster zur Verfügung stellen, die dann nach Hause kämen, um die kreischenden Frauen zu beruhigen, während wir uns mit unseren Freunden in der Kneipe träfen, um nicht darüber zu sprechen!
    All das geht mir durch den Kopf, während Katie vor mir sitzt und dicke Tränen unaufhörlich über ihre Wangen kullern.
    Aber wisst ihr, was das eigentlich Erstaunliche in diesem Moment ist? Das, was mich endgültig aus der Bahn wirft und womit ich wirklich überhaupt nicht gerechnet habe?
    Es ist die Tatsache, dass ich, anders als sonst, nicht wütend und sauer bin und dass ich auch nicht zittere und vor unterdrückten Aggressionen Atembeschwerden bekomme. Nein, ich sitze vor Katie, sehe sie an und bin … ebenfalls traurig. Mit anderen Worten: Sie so zu sehen, berührt mich.
    Das darf doch wohl nicht wahr sein! Meine bevorstehende Hochzeit scheint schon jetzt ein echtes Nervenbündel aus mir gemacht zu haben. Katie heult - und ich habe Mitleid ! Ich spüre den Drang, sie in den Arm zu nehmen! Und zu trösten!
    O Gott, ich schäme mich.
    Ich lasse den Kopf sinken, und der ganze Mist, den ich vorhin gesagt habe, und all die miesen Dinge, mit denen ich mich aufgespielt habe, tun mir auf einmal leid. Ich war wirklich ein Idiot. Ein Mistkerl. Ein feiger Drückeberger. Ich habe mich ihr gegenüber unterirdisch schlecht benommen.
    In Wirklichkeit, das sehe ich jetzt auf einmal ganz deutlich, wollte sie mich nämlich gar nicht demütigen. Sie hatte einfach nur vorgehabt, ein paar schöne Stunden mit mir zu verbringen. In Wahrheit bin ich derjenige, der mit ihr und dem ganzen Drumherum hier nicht klarkommt und dem darum nichts Besseres eingefallen ist, als gemein zu ihr zu sein und wild um sich zu schlagen …
    Verdammt nochmal, ich habe es versaut.

29. Ich mache das schon
    Wir sitzen im Auto und fahren zurück nach Arenal. Immerhin hat Katie sich vorhin bereiterklärt, mich zurückzubringen. »Eigentlich sollte ich dich auf einer von diesen illegalen mallorquinischen Müllkippen absetzen. Es ist

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