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Birne sucht Helene

Birne sucht Helene

Titel: Birne sucht Helene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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»Highway to hell«. Na, das passte ja!
    Endlich schaltete die Ampel um, und der blöde Huper neben ihr ließ sie schließlich rein, gab aber noch mal tüchtig Lichthupe. Sie stellte aus Rache das Warnblinklicht von Sumpfi an.
    Waswar Eli froh, als sie endlich die Kreuzung Luxemburger Straße/Militärring hinter sich gelassen hatte. Köln hatte nämlich nicht nur die schönste Kirche der Welt, sondern auch die schlimmste Kreuzung. Selbst in Mexico City ging es gesitteter zu.
    An der nächsten Ampel ordnete Eli ihre roten Locken und überprüfte im Rückspiegel, ob sich irgendwas zwischen ihren Zähnen verfangen hatte. Nein, alles bestens! Eigentlich schaute sie richtig gut aus – was Roman hoffentlich genauso sah.
    Roman. Ein Name wie ein Buch. Das passte zu ihr! Obwohl Eli ihn noch gar nicht richtig kannte, konnte sie sich ein Leben mit ihm wirklich vorstellen. Mein Gott, sie stellte es sich gerade vor. Wie seine Lippen sanft, aber doch leidenschaftlich ihre berührten. Seine Hände hielten ihre Wangen, dann glitten die Fingerspitzen tiefer, über ihren Hals, die Schultern …
    Jemand klopfte an das Fenster auf der Fahrerseite.
    Der Fiesta-Fahrer! Jetzt ganz rot im Gesicht, wie mit Tomatenmark bestrichen.
    »Sag mal, Frollein, bissu taub? Wie oft soll ich denn noch hupen? Sitzt du auf deinen Ohren?«
    Eli trat aufs Gas und fuhr mit quietschenden Reifen los. Leider war der Wagen vor ihr nicht ganz so schnell.
    Rumms.
    Es war ein silberner Mercedes SLK.
    Im Polizeibericht stand später etwas von einer äußerst aufgebrachten Frau namens Elisabeth Spatzner. An ihrem Wagen sei eine leichte Delle durch den Unfall entstanden. Der SLK hätte einen Kratzer abbekommen. Doch der Fahrer sah von einer Anzeige ab, nachdem Frau Spatzner einen Heulkrampf erlitt.
    Elis Herz flatterte immer noch wie ein Kolibri, als sie Sumpfi im Severinsviertel parkte, wo Romans Wohnung lag.
    Sie blieb noch fünf Minuten sitzen und rettete vom Make-up, was noch zu retten war. Nicht viel also. Dann befeuchtete sie ihre Lippenund stieg aus. Roman hatte sich kurzfristig umentschieden und Eli zu sich nach Hause, statt in die Altstadt eingeladen. Was immer das zu bedeuten hatte.
    Im dunklen Hauseingang des Altbaus waren die Namen über den Klingelknöpfen nur schwer zu lesen. Eli schaltete ihr Handy ein und nutzte es als funzelige Taschenlampe.
    Es war die falsche Etage.
    Und die falsche Hausnummer war es sowieso. Auch die Postleitzahl, das hatte Eli mittlerweile überprüft, stimmte nicht.
    Nirgendwo 270313 , oder Bruchstücke davon.
    Na, und? Waren doch bloß Zahlen, oder? Davon würde sie sich nicht das Leben kaputtmachen lassen!
    Eli holte tief Luft und klingelte.
    Das Bergische Land war der Vorhof zur Hölle – meinte Andy. Für Paul war es Heimat, die Hälfte davon zumindest. Die andere lag im Piemont. Mit ihren leichten Hügeln – von Bergen konnte trotz des Namens keine Rede sein – ähnelten sich die beiden Regionen sogar. Paul tuckerte mit seinem Fiat 500 über die A 4 Richtung Gummersbach. Es war keines von den neuen, hippen Modellen, sondern ein altes, gegen das Sardinenbüchsen echte Luxuslimousinen waren. Immerhin ersparte das tägliche Ein- und Aussteigen in den Wagen einen Yogakurs. Paul liebte sein Gefährt, weil noch niemals ein Kunde mit einem solch historischen »Cinquecento« zu ihm in die Zulassungsstelle gekommen war. Es war sein Auto, nur seins. Und es hatte die Farbe von Schurwolle.
    Oma Gerti lebte in Hündekausen, einem Ortsteil von Much. Von der Autobahn aus war es nicht mehr weit. Als Paul so durchs Bergische schaukelte, wurde ihm bewusst, dass hier nicht unbedingt das Herz der deutschen Kulinarik pochte. Als Höhepunkt des Genusses galt die Bergische Kaffeetafel – und die war pure Völlerei. Bergische Waffeln (aus Hafermehl bitte schön) mit Kirschen,Vanilleeis und Milchreis, Brot, Brot und noch mal Brot (in allen Formen und Farben, aber unbedingt Hefeplatz und Zwieback mit Zuckerguss), Wurst, Käse, Butter (dick drauf), Rüben- und Apfelkraut. Um nur eine kleine Auswahl zu nennen. Prachtstück einer solchen Tafel war die Dröppelminna, eine riesige Zinnkanne mit Hahn zum Zapfen, aus dem glühend heißer Kaffee kam. Kurz gesagt: Koffiedrenken met allem dröm on dran.
    Und danach brauchte man einen Klaren, sonst explodierte der Magen.
    Oma Gerti war zu ihren Glanzzeiten eine Hohepriesterin der Bergischen Kaffeetafel gewesen, beherrschte aber auch Klassiker wie den Rheinischen Sauerbraten oder Pillekuchen

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