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Birne sucht Helene

Birne sucht Helene

Titel: Birne sucht Helene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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Nichts war zusammengefallen!
    Die schmutzigen Küchenutensilien stellte er auf den Boden, so dass sie vom Wohnzimmer aus nicht zu sehen waren.
    Das Dessert würde er live zubereiten – Show-Kochen, wie das heute hieß. Schnell holte er seinen Tischläufer mit Paisley-Muster, streute die Rosenblätter aus Stoff darüber und positionierte den Keramikblock mit vier Teelichtern in die Tischmitte. Danke, Brigitte , für diese Deko-Tipps!
    Jetzt hatte er noch ein halbes Stündchen, um sich in Schale zu werfen.
    Erst im Bad bemerkte Paul das Problem. Oder besser: die Katastrophe. Seine Hände sahen aus, als hätte er sie gerade in Blut gebadet. Das hatte er der Vorspeise zu verdanken. Kalte Rote-Bete-Suppe. Er begann zu schrubben, doch es ging nicht weg, Paul stellte das Wasser heißer, keine Wirkung, Kochstufe, es tat höllisch weh, aber weiß wurden seine Hände nicht.
    Bei schönen Dingen merkte man gar nicht, wie die Zeit vergeht. Leider traf das auch auf etwas so Blödes wie Händeschrubben zu.
    Es klingelte an der Wohnungstür.
    Dalia Paulauskas hatte anscheinend ausreichend Zeit gehabt, sich zurechtzumachen. Sie sah atemberaubend aus. Ein knielanges, geblümtes Kleid mit einem sehr verführerischen Ausschnitt.
    Als Paul die Tür öffnete, sagte Dalia weder »Hallo!« noch »Da bin ich«, sondern: »Oh super, es gibt Rote-Bete-Suppe!«
    Paul fiel ein Stein von der Größe des Matterhorns vom Herzen. »Labas!«, sagte er, das war Litauisch und hieß Hallo. Dafür erntete er einen Kuss auf die Wange. Als er mit »Vi« (»Danke«) antwortete, gab es einen auf den Mund.
    Der Abend begann bestens! Heute, das spürte Paul, würde nichts mehr schiefgehen. Er hatte schließlich an alles gedacht.
    Daliaflanierte durch seine Wohnung, strich mit den Fingerspitzen über die Buchrücken, kicherte, als sie seine Schlumpfsammlung sah und stellte ihren Versuch, Freddy zu streicheln, ein, nachdem das bösartige Reptil beinahe ihren Zeigefinger erbeutet hätte.
    »Machst du uns was Musik an?«
    Mist! Musik! Daran hatte er nicht gedacht. In seiner Sammlung gab es nichts Litauisches. Aber in den Ländern der ehemaligen UdSSR hörten sie doch viel Klassik. Als er die »Brandenburgischen Konzerte« von Bach auflegte, verdrehte Dalia jedoch die Augen.
    »Rock, Paul! Und laut.«
    Das konnte sie haben. Paul legte »Elephant« von den White Stripes auf und drehte die Bässe rein.
    »Gut so?«
    »Viel besser. Ich mag deine Wohnung. Sie ist so … übersichtlich.«
    »Na ja, das ist nett ausgedrückt. Sie ist halt klein. Aber dafür liegt sie gut, ich wollte unbedingt im Belgischen Viertel wohnen. Vorher hab ich im Bergischen Land gelebt, das liegt östlich von Köln. Und gegen das Bergische Land ist der Arsch der Welt eine Villa am Lago Maggiore.«
    Dalia lachte. »So was kenne ich! Meine Familie lebt auch auf dem Land. Ganz schrecklich.« Sie presste die Lippen aufeinander. »Trotzdem vermisse ich es. Verstehst du das?«
    »Leider ja«, antwortete Paul. »Wollen wir was gegen dein Heimweh unternehmen? Du bist ja zum Essen hier.«
    »Genau«, antwortete Dalia. »Ich hab auch schon einen Bärenhunger. Das ist wirklich irre lieb von dir. Du kennst mich ja gar nicht.«
    »Kölsche Gastfreundschaft«, sagte Paul und hätte sich am liebsten auf die Zunge gebissen. Ein Satz wie: »Für eine so schöne Frau wie dich, tue ich das doch gern«, oder: »So etwas hätte ich nichtfür jede Litauerin gemacht« wäre passender gewesen. Aber Komplimente kamen ihm einfach nicht über die Lippen. Es sei denn, sein Blut war mit ordentlich Alkohol verdünnt. Aber dann haperte es an der Artikulation. Ein Teufelskreis.
    Paul servierte die kalte Rote-Bete-Suppe und hörte nicht auf über seine Blödheit zu fluchen. Wie gut, dass Jack White so brüllte.
    »Gero apetito!«, wünschte Paul in perfektem Litauisch, was Dalia ihm mit einem kecken Lächeln dankte. Dann nahm sie ihren ersten Löffel Suppe. Doch danach keinen zweiten – und lange Zeit sagte sie nichts mehr.
    »Alles okay?«, fragte Paul, dem die Idee einer kalten Suppe völlig suspekt war.
    »Die Suppe schmeckt ganz anders, als ich sie in Erinnerung hatte. Meine Motina, also meine Mutter, hat sie immer auf andere Weise gekocht.«
    »Leckerer?«
    Dalia versuchte ernst zu blicken, musste dann aber losprusten. »Ja, viel leckerer. Essbar! «
    Paul musste mitlachen: »Sie ist grauenhaft geworden. Tut mir total leid. Aber genau nach Rezept.«
    »Verbrenn das lieber!«
    Paul schob den Brotkorb in ihre

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