Birne sucht Helene
als halte jemand ein Starkstromkabel an seine Lippen oder noch heftiger, als beame einen Captain Kirk mitten hinein in das Zentrum einer Supernova?
Denn genau so war es bei seinen Küssen mit Eli gewesen. Die wundervollsten seines Lebens – und dabei hatten sie nicht mal zu einer Liebesnacht gehört. Das musste etwas zu bedeuten haben. Und dass er immer an sie gedacht hatte, egal, wie unmöglich ein Leben mit ihr schien, und obwohl hinreißende Frauen in seinen Armen gelegen hatten.
Doch Paul wollte absolute Klarheit haben. Vielleicht gab es ein Zeichen, das für echte Liebe stand, so wie drei Streifen für Adidas, oder ein Puma für … na ja, für Puma. Mit wem konnte er ernsthaft darüber reden, ohne dass es in zotige Witze ausartete? Andy fiel direkt raus, allerdings war er eh unauffindbar, Fish-Mac war mit seinem Computer verheiratet, Rainer mit seinen Schafen – nein, das konnte total falsch verstanden werden. Es sollte heißen: Rainer war mit seinem Job liiert. Paul hatte sogar schon daran gedacht, seinen Lieblingskioskbesitzer Ömer um Rat zu bitten, vielleicht half ihm der Blick einer anderen Kultur auf die Brautwerbung als Westeuropäer? Doch dann hatte er sich für einen anderen Menschen entschieden, der eine langjährige, glückliche Beziehung geführt hatte.
Oma Gerti.
Gut,sie war etwas verwirrt, und ihre Zeit als Frischverliebte fand im letzten Jahrtausend statt, aber Grundlegendes in der Beziehung Mann /Frau änderte sich auch über Generationen nicht.
Als Paul vor ihrem Haus in Hündekausen hielt, trat gerade ein Mann heraus, grauer Bart, extrem kräftig und einen Bundeswehrparka tragend. Paul hatte ihn nie zuvor gesehen.
Die Tür von Omas Hexenhaus war unverschlossen, und so ging Paul einfach hinein. Oma Gertis Katze Dicker lag vor dem alten Kamin, der schon lange nicht mehr befeuert wurde, sie selbst war nicht zu sehen.
»Oma? Ich bin’s, Paul. Überraschungsbesuch.«
Sie tauchte lächelnd aus dem Schlafzimmer auf, ihre Kittelschürze zuknöpfend. »Jung! Was machst du denn hier? Setz dich, setz dich!«
Paul nahm auf der alten Küchenbank Platz. »Wer war denn der Mann? Den kannte ich gar nicht.«
»Es ist so schön, dich wiederzusehen. Gut siehste aus! Tasse Kaffee?«
»Oma? Wer war denn der Mann, der gerade aus deinem Haus kam?«
»Wer?«
»Der Mann!«
»Unser Heinrich.«
» Unser Heinrich?«
»Ja, der macht Reparaturen hier im Dorf. Kann alles, der Heinrich.«
Irgendwas stimmte nicht. Oma Gerti zog ihre Kittelschürze einmal zu oft glatt.
»Was hat er denn so repariert, der Heinrich?«
»Ach, Jung, jetzt lass das doch gut sein. Warum biste denn hier? Kommst doch nicht ohne Grund, deine alte Oma besuchen, oder?«
»Nein, tu ich nicht. Da hast du recht.«
»Dannmal raus mit der Sprache.«
Paul druckste etwas herum, erst nach einem Schluck brühend heißen Kaffee, der vermutlich seine Mandeln weggeschmort hatte, gestand er ihr seine Lügerei.
»Was ich dir über meine Freundin erzählt habe, war alles geschwindelt. Musst nicht so vorwurfsvoll gucken, ich weiß selbst, dass ich dir die Wahrheit hätte sagen müssen. Aber morgen treffe ich eine Frau, und bei der habe ich ein Kribbeln im Bauch, als wär Brausepulver drin. Und ich wollte wissen, wie das bei dir und Opa war, wann du gewusst hast, dass du ihn heiraten würdest.«
Oma Gerti schüttelte lachend den Kopf und strich Paul dann zärtlich über den Kopf.
»Ach Gott, Jung, das ist alles schon so lange her. Jetzt ist dein Opa auch schon zweiundzwanzig Jahre tot. Willste ein Plätzchen zum Kaffee? Ich habe welche von denen, die du so gern magst. Hab grad am Wochenende welche gebacken. Mit guter Butter.«
Sie schob eine verbeulte Blechdose mit dem Motiv einer Ballerina zu Paul. Sie war über und über mit Plätzchen gefüllt. Paul kannte sie aus seiner Kindheit – er hatte sie noch nie leer gesehen. Ohne zu zögern, aß er eines. Wow, das war Glück in Tannenbaumform (Oma Gerti hatte nur noch den einen Ausstecher). Auch sie nahm ein Gebäck.
»Ja, wie war das mit deinem Opa? Der kam bei uns auf den Hof, und dann war er halt da. Mein Vater, also dein Urgroßvater, hat geschaut, ob er auch ordentlich arbeiten kann und ihn den ganzen Gemüsegarten umgraben lassen. Dann kam er immer häufiger, hat kräftig umgegraben, und irgendwann blieb er halt. Dein Opa konnte prima zupacken. Da saß jeder Handgriff. Ja, so war das.«
»Kein romantisches Um-die-Hand-Anhalten?«
»Nee, nee.«
»Abendspaziergänge im
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