Bis das Glück mich findet
Murmeln zustande, während sie sich vom Boden aufrappelte und in den alten Polstersessel sinken ließ, den ihre Eltern ihr ein paar Jahre zuvor für ihr Zimmer gestiftet hatten.
»Du weißt, was ich meine«, sagte Evelyn.
Dominique schwieg.
»Ich hole dir ein Glas Wasser.« Die Besorgnis war aus Evelyns Stimme gewichen und hatte einem harten Unterton Platz gemacht. Sie ging aus dem Zimmer und kehrte kurz darauf mit einem Glas Wasser zurück. Dominique trank es in kleinen Schlucken.
»Also?« Evelyn schaute sie aus harten Augen an.
»Lass mich in Ruhe«, sagte Dominique.
»Du bist ohnmächtig geworden, und ich will wissen warum.«
»Du hast dir doch schon deinen Teil gedacht.«
»Sag es mir.«
»Was soll ich dir sagen?«
»Ich will, dass du mir sagst, ob mit dir alles in Ordnung ist.«
»Kommt darauf an, was du darunter verstehst«, erwiderte Dominique patzig.
Sie wusste selbst, sie wollte nur Zeit schinden. Damit sie es nicht laut aussprechen musste. Allerdings war es heutzutage nicht mehr der absolute Super-GAU, wenn ein junges, unverheiratetes Mädchen schwanger wurde. Doch noch vor zehn Jahren, wie Dominique sich gut erinnern konnte, war Sandra Sheehan, die drei Häuser weiter wohnte, weggeschickt worden, um in aller Heimlichkeit ihr Baby zu bekommen. Dominique hatte erlebt, wie hinter vorgehaltener Hand über Sandra getuschelt wurde, ein hübsches junges Mädchen, das gelegentlich, als Dominique klein gewesen war, als ihre Babysitterin fungiert hatte. Alles, was sie damals erfahren hatte, war, dass Sandra »in Schwierigkeiten geraten war«. Dominique war damals davon ausgegangen, dass solche »Schwierigkeiten« für Sandra das Gleiche bedeuteten wie für sie selbst – nämlich, dass sie vielleicht etwas Wertvolles zerbrochen oder gelogen oder sich ihren Eltern widersetzt hatte. Erst einige Jahre später wurde ihr klar, worin Sandra Sheehans Schwierigkeiten bestanden hatten. Dominique hatte keine Ahnung, wo sie sich inzwischen aufhielt. Sie wusste nur, dass ihr Baby adoptiert worden war.
Nur wenige Jahre später jedoch war Minnie Carpenter vom anderen Ende der Straße, ebenfalls unverheiratet, schwanger geworden und hatte ihren dicken Bauch schamlos zur Schau gestellt – wie Evelyn es ausdrückte –, und kein Mensch hatte ein Wort darüber verloren. Also war es doch inzwischen okay, nicht wahr, als Unverheiratete schwanger zu werden?
Dominique schluckte und gestand ihrer Mutter, dass sie ein Kind erwartete. Prompt gab ihr Evelyn eine Ohrfeige.
»Ich habe dich gewarnt!« Evelyn war vor Wut kalkweiß im Gesicht. »Du bist ein dummes, undankbares, sündhaftes Mädchen. Ich habe dich gewarnt!«
Dominique öffnete den Mund und wollte etwas sagen, aber Evelyn ließ sie nicht zu Wort kommen.
»Wir haben dich anständig erzogen«, tobte Evelyn. »Wir haben dir beigebracht, Recht von Unrecht zu unterscheiden. Du bist in einem liebevollen christlichen Haus mit christlichen Wertvorstellungen aufgewachsen. Und wie vergiltst du uns all unser Bemühen? Du ziehst dich an wie eine Hure und schläfst mit dem ersten Jungen, den du kennenlernst.«
»Es geht hier nicht um Vergeltung!« Dominique hatte ihre Sprache wiedergefunden. »Es geht um mich und wie ich mein Leben führen will. Und es geht auch um Brendan.«
»Ach, sei doch nicht so schrecklich naiv!«, brüllte Evelyn. »Du glaubst, er liebt dich, wie? Du denkst, er will dich heiraten?«
»Ja.« Tränen stürzten Dominique aus den Augen. »Ja, er liebt mich, und ja, er will mich heiraten.«
»Wenn du das glaubst, bist du noch dümmer, als ich gedacht habe«, erwiderte Evelyn.
Ihre Hände zitterten, als sie zum Hörer griff und die Nummer von O’Neill’s Bar wählte, dem Pub, wo sie sich an diesem Abend mit Brendan treffen wollte. Man ließ sie fünf Minuten warten, und sie befürchtete schon, Brendan sei womöglich noch gar nicht da, aber dann hörte sie ein Rascheln, jemand ergriff den Hörer, und dann vernahm sie seine Stimme. »Domino?«
»Hallo«, sagte sie mit zittriger Stimme.
»Domino. Alles klar bei dir?«
»Ja«, flüsterte sie, »alles okay.«
»Du hörst dich aber nicht so an. Warum bist du noch nicht hier?«
»Ich … es ging mir vorhin nicht gut.«
»Was ist passiert? Du klingst furchtbar.«
»Ach, Brendan … «, schniefte sie. »Es tut mir so leid.«
Schweigen am anderen Ende der Leitung. Und dann legte er auf.
Sie wollte sich nicht eingestehen, dass Evelyn recht hatte. Dass sie ein naives, dummes Ding war, das sich hatte
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