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Bis das Glück mich findet

Bis das Glück mich findet

Titel: Bis das Glück mich findet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheila O'Flanagan
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überwältigt.
    Brendan schwankte zwischen Mitgefühl und Ungeduld und hatte keine Ahnung, wie er sich verhalten sollte. Vor der Geburt hatten sie zusammen auf der Couch gesessen und sich einen Namen für das Baby überlegt und hatten dabei gescherzt, dass sich ihr Leben unwiederbringlich verändern würde, wenn er (sie hatten ja fest mit einem Jungen gerechnet) aus der Klinik nach Hause käme. Sie planten, ihn tagsüber in dem Tragekorb bei ihnen im Zimmer zu lassen, damit er nie allein wäre. Sie planten, das Kinderbett aus Kiefernholz in ihr Schlafzimmer zu stellen und darüber ein leuchtend buntes Mobile aufzuhängen. Sie malten sich aus, wie sie mit dem Baby spielen und lachen und wie sehr sie ihren Familienzuwachs genießen würden. Brendan träumte davon, wie es sein würde, abends zu Frau und Kind heimzukommen und das Gefühl zu haben, das Familienoberhaupt und der Ernährer zu sein. Ein altmodischer Traum, zugegeben. Aber er mochte ihn. Und er mochte den Gedanken, welchen Halt ihm seine Familie geben würde. Sie alle zusammen sollten glücklich sein.
    »Was ist denn?«, fragte er jeden Abend wieder. »Warum weinst du?«
    Und immer schüttelte sie den Kopf und sagte: »Ich weiß es nicht.«
    Evelyn erklärte ihr, sie müsse sich zusammenreißen, auch wenn sich ein ungewohnt besorgter Unterton in ihre Stimme geschlichen hatte.
    »Dein Kind braucht dich«, sagte sie. »Brendan braucht dich. Du kannst nicht den ganzen Tag im Schlafanzug herumsitzen.«
    »Ich will mich nicht anziehen.« Dominique fiel das Reden schwer. Es war ein Gefühl, als wären die Worte irgendwo in ihrem Kopf stecken geblieben und als würde sie sie nur unter gewaltigen Anstrengungen herausbringen.
    »Du musst dich halt bemühen«, sagte Evelyn. »Ich weiß, es ist schwer. Ich war auch erschöpft nach deiner Geburt, aber ich habe mich nach Kräften bemüht.«
    Dominique zuckte hilflos mit den Schultern.
    »Jede Mutter hat Depressionen nach der Geburt«, fuhr Evelyn fort. »Das geht vorüber. Das tut es immer. Aber du musst da wieder rauskommen.«
    Sie nahm das Baby aus dem Gitterbettchen, das Brendan und Dominique mit so viel Liebe ausgesucht hatten.
    »Hier, nimm sie mal«, sagte sie zu Dominique.
    Dominique wich zurück.
    »Sie ist deine Tochter«, sagte Evelyn. »Sie braucht dich.«
    »Das weiß ich auch.« Dominique schaute ihre Mutter aus großen dunklen Augen an. »Ich weiß, dass sie meine Tochter ist. Ich bin für sie verantwortlich. Ich muss sie füttern und anziehen und mich um sie kümmern, weil ich schuld daran bin, dass sie auf der Welt ist. Ich weiß das. Ich füttere sie ja. Sie hängt den halben Tag an mir dran.«
    Man hatte sie in der Klinik zum Stillen ermutigt. Es sei das Beste für das Kind, und ihr würde es auch guttun. Ihr Bauch würde sich viel schneller zurückbilden, hatte die Schwester ihr erklärt, wenn sie stillen würde.
    Dominique hatte auf ihren Bauch hinuntergeschaut. Das reinste Schlachtfeld. Die Narbe und die blauen Flecken von dem Kaiserschnitt, natürlich. Und immer noch weich und schwabbelig und von Schwangerschaftsstreifen durchzogen. Sie war, wie sie selbst wusste, unglaublich naiv gewesen, als sie angenommen hatte, alles würde nach der Geburt des Babys einfach in seinen früheren Zustand zurückkehren, aber so schlimm hatte sie es sich nicht vorgestellt. Tatsache war, dass sie immer noch schwanger aussah. Was furchtbar war, denn jedes Mal, wenn sie sich betrachtete, spürte sie wieder das Entsetzen, das sie gepackt hatte, als man sie in aller Eile in den Operationssaal geschoben hatte und sie davon überzeugt gewesen war, sterben zu müssen.
    Und schlimmer noch als dieses Entsetzen war ihr Schuldgefühl, weil ihr erster Gedanke ihr selbst gegolten hatte und nicht ihrem Baby. Es war eine anerkannte Tatsache, dass Mütter immer zuerst an ihr Kind dachten und nicht an sich selbst. Es war ein Instinkt, sie konnten gar nicht anders. Dominique jedoch hatte instinktiv Angst um sich selbst empfunden. Und den Wunsch, das Baby loszuwerden, weil es sie umbringen würde. Sie war die schlechteste Mutter auf der ganzen Welt, dessen war sie sich sicher. Eine Schande für die gesamte Mutterschaft. Sie verdiente ein Baby nicht. Und so war es kein Wunder, dass sie beide, sie und das Kind, immer nur am Heulen waren, morgens, mittags, nachts.
    Die Gedanken drängten sich ihr auf, wenn sie es am wenigsten erwartete. Die Vorstellung, das Baby aus seinem Bettchen zu nehmen und es gegen die Wand zu werfen. Es ins Auto zu

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