Bis in alle Ewigkeit
und Weihrauch. Schon bei ihrem ersten Besuch war Sofja aufgefallen, dass sich überall winzige Messingschalen befanden, in denen Räucherstäbchen und -kerzen brannten.
Ein schwarzer Pudel kam herbeigehumpelt, wie sein Besitzer alt, kurzatmig, grauhaarig, stellenweise kahl. Er war elegant geschoren, hatte Lockenbäusche auf dem Kopf, an den Pfoten und am Schwanzende. Er begrüßte Sofja mit heiserem Kläffen und mürrischem Blick, doch nach ausgiebigem Beschnüffeln wedelte er mit dem Schwanz und leckte ihr sogar die Hand. Sofja erinnerte sich, dass der Pudel Adam hieß.
Früher hatte eine große stämmige Frau um die vierzig Agapkin versorgt. Diesmal war keine Frau da. Die Tür hatte ein Mann von unangenehmem Äußeren geöffnet, massig wie ein Nilpferd, kahlgeschoren, in einem schmuddeligen T-Shirt und Trainingshose. Im Gegensatz zum Pudel Adam erwiderte er Sofjas Begrüßung nicht. Er nahm Sofja den Pelzmantel ab und hängte ihn auf einen Bügel. Auf seiner mächtigen Schulter prangte eine farbige Tätowierung – archaische Schriftzeichen, die aussahen wie Keilschrift, von einer Schlange umschlungen. In der Mitte des bizarren Bildes erkannte Sofja eine rosa Blüte und ein Kreuz.
Der Kahlgeschorene warf ihr wortlos ein Paar riesige Filzpantoffeln hin. Adam schnappte sich einen und trug ihn fort, wobei er triumphierend den Hintern schwenkte. Der Kahlgeschorene holte ebenso wortlos ein weiteres Paar Pantoffeln hervor, wartete, bis Sofja sie angezogen hatte, begleitete sie ins Wohnzimmer und verschwand umgehend.
»Sie haben sich doch nicht die Haare wachsen lassen«, sagte eine knarrende Greisenstimme, »schade. Frauen mit kurzen Haaren haben etwas Beunruhigendes und Klägliches. Zu meiner Zeit trugen sie sie nur kurz, wenn sie Typhus gehabt hatten, oder aus ideologischen Gründen. Aber Sie, Sofja Dmitrijewna, tun es aus Faulheit und mangelnder Liebe zu sich selbst, aus dummer Gewohnheit.«
Agapkin saß in einem Sessel. Der Pudel legte sich daneben,die graue Schnauze auf dem Pantoffel. Die Beine des alten Mannes waren mit einem karierten Plaid bedeckt. Auf dem Kopf trug er eine kleine Samtmütze. Sein Gesicht verschwand im Schatten einer ausgeschalteten Stehlampe mit breitem Schirm.
»Wie geht es Ihnen, Fjodor Fjodorowitsch?«, fragte Sofja.
»In einer Woche werde ich hundertsechzehn. Für mein Alter geht es mir gut. Setzen Sie sich.« Er wies mit ausgestreckter Hand auf einen Sessel neben sich.
Seine Hand war bläulich, welk und voller knotiger Venen. Die gelben Fingernägel waren sorgfältig geschnitten, nur der des kleinen Fingers, an dem ein Ring mit einem schwarzen Stein saß, war lang und krumm wie die Klaue eines Raubvogels.
Sofja setzte sich.
»Warum haben Sie mich so lange nicht besucht und nicht angerufen?«, fragte der Greis.
»Ich weiß es nicht«, sagte Sofja erstaunt, »ich wollte es, aber Boris Iwanowitsch hat gesagt, Besuche würden Sie zu sehr anstrengen.«
»Unsinn. Ich tue nichts anderes als mich ausruhen. Niemand strengt mich an«, knurrte Agapkin ärgerlich.
Hinter der Wand waren schwere Schritte zu vernehmen und ein Rascheln. Glas klirrte. Der Greis zuckte zusammen, auch der Pudel zuckte zusammen, stellte die Ohren auf und kläffte kurz. Agapkin griff nach einem kleinen Gerät, einer Art Sprechanlage, drückte auf einen Knopf und sagte laut: »Wenn du Trottel noch eins von meinen böhmischen Gläsern zerschlagen hast, bete zu deinem Kriminellengott, denn dann wird es dir bald leidtun, dass du geboren wurdest. Hörst du mich? Empfang!«
Der Pudel setzte sich auf und kläffte mehrmals, als wiederholte er die Ansprache seines Herrn in Hundesprache. Selbst Intonation und Timbre klangen ähnlich.
»Das war kein Glas, das war eine Schale«, antwortete das Gerät mit schuldbewusster Stimme, »Sie haben um Eis gebeten, ich hab welches in die Schale gefüllt, und da, äh, da ist sie mir aus der Hand gerutscht, aber sie ist nicht aus dem Service.«
»Warum nicht aus dem Service? Wolltest du mir das Eis in einer Hundeschüssel oder in einem Blumentopfuntersetzer servieren? Hörst du mich? Empfang!«
Das Gerät piepste nur. Der Kahlgeschorene erschien im Wohnzimmer.
»Fjodor Fjodorowitsch, Entschuldigung, äh, ich hab eine Schale von dem Geschirr genommen, das Sie zu Ostern vom Veteranenrat geschenkt bekommen haben.«
»Wie oft soll ich es dir noch sagen, ich bin für dich nicht Fjodor Fjodorowitsch, sondern Genosse General. Das Veteranengeschenk kannst du deiner Mutter bringen, in meinem
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