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Bisduvergisst

Bisduvergisst

Titel: Bisduvergisst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friederike Schmöe
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goldenen Mantel geboren. Arme Mutter, kein Vater.«
    »Ach! Du Unglücksrabe!«, sagte Leitner und hob die Faust, ließ sie auf den Tisch krachen. »Du bist über 18! Da musst du für dich selbst sorgen! Also. Du brauchst Geld. Hast dich benommen, als hättest du im Lotto gewonnen. Woher hast du es?«
    »Hä?«
    »Julika Cohen«, sagte Nero ins Blaue hinein, ehe Leitner ihn hindern konnte, »ist zu Geld gekommen. Da konnten Sie nicht nachstehen!« Es könnte so sein, dachte er. Es könnte wirklich so sein. Ich fische im Trüben, aber wer sagt mir, dass sie nicht doch in der Phishing-Szene die Pfründe angräbt?
    »Leitner, gib mir das Aspirin«, bettelte Hallhuber.
    Leitner drückte eine Tablette aus dem Blister, behielt sie jedoch in der Faust.
    »Aber sie wollte nicht zahlen. Da haben Sie sie ermordet«, setzte Nero nach.
    »Wie blöd bin ich, hä?«, fragte Siegmar Hallhuber. Er rieb sich die Stirn. »Leitner, gib mir die Tablette.«
    Leitner goss Wasser nach und warf das Aspirin in das Glas.
    »Sie haben Julikas Geheimnis erkundet«, sagte Nero. »War es nicht so? Ein hübsches Geheimnis, das für Sie viel Geld wert war. Aber nun ist sie tot, und nun kann sie Sie nicht mehr beteiligen.« Nero spürte Leitners verständnislosen Blick auf sich gerichtet. Es konnte nicht stimmen. Wieso sollte Hallhuber Julika umbringen, wenn er sich einen hübschen Geldsegen von ihr erhoffte? Umgekehrt würde ein Schuh draus.
    Gierig trank Hallhuber das Glas leer. »Ich weiß nicht, was Sie meinen.«
    »Aber ja«, sagte Nero kühl. »Sie wissen, was ich meine. Sie haben Kontakte. Sie lassen Ihre Lebenszeit ja nicht ungenutzt verstreichen. Während andere ihrer Arbeit nachgehen, um Geld zu verdienen, durchstreifen Sie die Welt auf der Suche nach dem schnellen Reibach.«
    Der Hallhuber stellte das leere Glas ab und rülpste.
    »Benimm dich!«, raunzte Leitner ihn an.
    »Julika Cohen ist zu Geld gekommen. Sie hat bezahlt. Und bekam die CD von Ihnen«, legte Nero los.
    Hallhuber wurde blass. »Was? Was ist das für eine Scheiße, Mann?«
    »Selbst angerührte Scheiße«, fuhr Leitner dazwischen. »Ein bisschen Erpressung macht sich gut. Damit hast du ja Erfahrung, oder? Du bist schon wegen anderer Sachen aufgefallen. Erpressung war eine von den größeren. Das ist kein Spaß mehr, Hallhuber, und dafür handelst du dir richtig Ärger ein.«
    Siegmar Hallhuber lehnte sich zurück. Die fahle Blässe verschwand. Sein Gesicht wurde rosig. Er hustete.
    »Brauchst du noch ein Aspirin?«, fragte Leitner, und seine Stimme klang plötzlich mitleidig.
    »Mir ist schlecht«, sagte Siegmar Hallhuber und ruckte auf seinem Stuhl hin und her.
    »Wie viel hat dir die Julika gegeben?« Leitner beugte sich vor, warf eine zweite Tablette ins Glas und schenkte den Rest aus der Mineralwasserflasche drauf. »Trink. Und rede!«
    »Warum haben Sie sie umgebracht?«, hakte Nero nach.
    »Ich habe sie nicht umgebracht.« Hallhuber trank ein paar Schlucke, ließ das Glas sinken und griff sich an den Hals. »Ich habe überhaupt nichts mit ihr zu tun gehabt. Mir ist schlecht.«
    »Mach hier keinen Markus!«, sagte Leitner. »Also?«
    Hallhubers Gesicht war nun puterrot. Er keuchte, beide Hände an der Kehle, und schnappte nach Luft. Seine Wangen schwollen an. Die geröteten Augen schienen in ihren Höhlen zu versinken.
    »Krieg keine Luft!« Er ruderte mit den Armen.
    »Scheiße!«, schrie Leitner und stürmte auf den Gang hinaus. »Ruft einen Notarzt! Los, ruft einen Notarzt!«

48
    Wenn Irma mit der Frau spricht, die ihren Pferdeschwanz so energisch in den Nacken wirft und deren Namen sie längst vergessen hat, dann fühlt sie sich freier. Nicht mehr lange, und Irma wird das Schlimme, das Unsagbare ausgesprochen haben. Damit Julika es erfährt, auch wenn sie mit Irma nichts mehr zu tun haben will. Wenn sie doch Zeit gehabt hätte, Julika alles zu erklären. Schon wieder schuldig geworden, denkt Irma. Ich habe zu lange gewartet. Gezögert, nie geredet, wie sollte ich auch reden, das tut so weh.
    Sie geht ins Bad und zieht langsam ihr Kleid aus. Lässt sich ein Bad ein. Sie möchte nicht sterben. Noch nicht. Nicht, ehe sie alles erzählt hat. Dann kann sie sterben. Heimkehren, was auch immer das ist. Sie stellt sich vor, jemand beamt sie in eine andere Zeit. Das Gefühl mag sie, sie hat es gerade zur Landshuter Hochzeit wieder und wieder hervorgerufen und genossen. Vor allem, als sie noch selbst Hochzeiterin war. Ja, denkt Irma, und setzt sich auf den Wannenrand.

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