Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bismarck 01

Bismarck 01

Titel: Bismarck 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
Vom Netzwerk:
es sein, wo Friedlands Sterne strahlen.
    *

Am anderen Tage ritt er mit Montessuy und dem neuernannten österreichischen Präsidenten Graf Rechberg (Prokesch sagte Valet) mittags aus. Ein Schmerzensschrei, ein schwerer Fall, Rechberg erhielt vom Pferd des Franzosen einen heftigen Hufschlag. Um Ottos Mund spielte ein grimmiges Lächeln, er begrüßte das Omen.
    In seiner unersättlichen Herrschsucht hielt sich das Ministerium Buol obendrein noch für überlistet durch Preußens neutrale Haltung, weil diese nicht einen Einfall in Rußland gestattet hatte. Rechberg kam mit Racheplänen, hitzigen Geblüts wie seine Vorgänger und weniger geschmeidig und tartuffisch, aber nicht minder verschlagen. Sein Debut war großartig. Er nahm jeden Gesandten beiseite: »Seine Exzellenz der Minister des Auswärtigen Graf Buol reist soeben nach Paris durch. Er würde Sie besonders gern sehen, seine Zeit ist so beschränkt, kommen Sie doch heut nach der Sitzung dorthin zu einem vertraulichen Plauderstündchen.« Einer solchen Auszeichnung widerstand kein deutsches Kleinstaatherz, jeder erschien mit begeisterter Eile zum Tete-a-tete mit dem großen Mann. Infolgedessen jeder das Vergnügen hatte, den ganzen Bundestag im Vorzimmer des k. k. Gewaltigen vor sich zu sehen. Nur einer fehlte. Laut lachend kam Montessuy zu Otto: »Sie haben etwas versäumt, mein Teurer. Als ich Herrn v. Buol verließ, mit dem ich Instruktionen austauschte, fand ich eine Herde, in Reih und Glied gestellt und überwacht von unserem scharmanten Schäferspitz Rechberg. Sie wartete auf den Hirten Buol.«
    Otto brach in ein langes Gelächter aus. »Sie meinen wohl auf den Wolf. Schafsbraten schmeckt gut. Als Rechberg mir dies impertinente Ansinnen stellte, maß ich ihn von Kopf zuFuß und dankte für die hohe Ehre. Buol könne sich ja zu mir bemühen, wenn er mir Wichtiges anvertrauen wolle. Übrigens halte ich den Schwindel für einen Fehler, denn heimlich werden alle sich erbosen, daß man sie so anführte.«
    »Ein Fehler mag's sein, doch Sie vergessen die Zeitungsnotizen!« Montessuy lachte immer noch aus vollem Halse. »Eine spontane Huldigung und Untertänigkeit, gleichsam Heerschau über liebe Klienten und Vasallen! Das muß Preußen zur Verzweiflung bringen!«
    »Wie würde Ihr großer Kaiser solche Affenstreiche verachten!« rief Otto mit Feuer. »Dieser nur im großen arbeitende geniale Herrscher! Nun, in Frankreich dürfte man sich ohnehin nicht solches erlauben! A Hetz, a Wurzen und doch alles nur Schlamperei. Wie beneidet man die seine Sitte und ritterliche Vornehmheit der französischen Rasse gegenüber solchen Tölpeln!«
    Montessuy nahm eine Prise und nickte beifällig. »Sie scheinen sich jetzt zum richtigen System bekehren zu wollen. Ist's Ernst? Unter Privatfreunden, nicht unter Diplomaten?«
    » Parole d'honneur , mein heiliger Ernst. Ich gebe zu, früher hatte ich Vorurteile, doch gingen diese fast nur gegen England.«
    »Das braucht man nicht mehr.« Der Franzose schnippte mit den Fingern. »Diese militärische Schwäche! Unsere Armee tat alles allein. Natürlich prahlen sie wieder von ihren Heldentaten.«
    »Ja, ja, Attacke bei Balaclava. Der Laureate Tennyson dichtete schon eine Ode darauf. Die werden noch Kind und Kindeskind verschlingen als süße Speise ihrer kindischen Überhebung. Die Briten sind männlich, doch nie war Männlichkeit mit solcher Prahlsucht vereint.«
    »Unsere Chasseurs d'Afrique hätten das nämliche vollbracht.«
    »Und jede preußische Brigade«, ergänzte Otto trocken.
    »Hm! Unsere Militärs sagen, nächst der französischen sei die preußische Armee die beste. Es wäre gar nicht übel, wenn die mal gemeinsam auf einem Schlachtfeld kämpften.«
    »Das wäre ein Triumph hoher Politik! Meine Reise nach Paris war mein Weg nach Damaskus. Des Kaisers Persönlichkeit hat mich überwältigt. Welch ein Mann! Ich glaube nicht nur an die Größe, sondern auch die Lauterkeit seines Willens.«
    Montessuy nahm erneut eine Prise. Diese Pose der alten Diplomatie hielt er für comme il faut , die neumodische Gepflogenheit des Rauchens für unziemlich. »Sie tun wohl daran. Frankreichs Adler hat breite Flügel, um einen treuen Freund zu beschirmen. Auf England verläßt sich niemand, das war nur so eine Gelegenheitsliaison auf Kündigung. Rußland – der Zar ist hoch und weit, sagt ein russisches Sprichwort, und da werden gewisse Prinzipiengegensätze sich noch lange nicht schlichten. Preußen allein – enfin , ich bin dafür,

Weitere Kostenlose Bücher