Bismarck 04
die Stütze ihrer Proviantierung und Ausrüstung, der Stapelplatz Tarnow, dessen reiche Hilfsmittel man fast kampflos dem Sieger überließ! Die Brücken über Dunajec und Wisloka hatte man freilich zerstört, was später dem Nachschub, besonders der Belagerungsartillerie, deren Durchschlagskraft Przmysl zu Fall bringen sollte, Aufenthalt bereitete. Doch das blose Erscheinen von Streifparteien und geringen Vorhuten der Verbündeten genügte, die Russen zu verscheuchen, ehe sie ihr Zerstörungswerk begannen. Daher der ungehinderte Weitermarsch Mackensens zum San. Die Naphtabrunnen und -Gruben zündeten die Verfolgten meist so ungeschickt an, daß die auflodernden hölzernen Bohrtürme und Öltanks (bei Gorlice auch eine Schwefelsäurefabrik) dem Verfolger als Fanale den Weg wiesen und die Gefahr steigerten. Manche Kosaken verbrannten dabei. Die brüderlich Verbündeten zogen überall jubelnd in die Schlacht, in einer wahren Verklärung siegessicherer Vaterlandsliebe unter heimatlichen Liedern. Drüben bei den Halbasiaten nichts als dumpfes Schweigen oder viehisches Geheul, Angst und Grauen auf den vertierten Gesichtern. Die neue 42- cm -Haubitze der Firma Skoda, die so ungewöhnliche Leistungen vollbrachte und mit Krupp um die Palme wetteiferte, von besonderer Schußgeschwindigkeit, schlug manche russische Soldaten mit Wahnsinn und Blindheit. Die 300 kg schweren Geschosse flogen zuerst auf 12 km Entfernung nach den Tarnowstellungen, später in steilem Bogen auf den Hügel von Szczyamowica, den Schlüsselpunkt der dortigen Linien. Die deutschen 42er und Skodas 30- cm -Motormörser räumten schrecklich auf. Noch auf 3000 m Ferne warf der Luftdruck die Russen um und tötete viele, betäubte andere, im Einschlagsraum starben viele am Herzschlag auch ohne Wunden.
Italien behauptet, sein Treubruch habe die Entente gerettet. Nur vergessen die Tapfern zu bekennen, daß sie ihren Verrat vor den großen Maierfolgen der Mittelmächte ausführten und sich die Sache zweimal bedacht haben würden, wenn sie die Wahrheit gekannt hätten. Nachher machten sie die sauren Trauben damit verdaulich: grade deshalb hätten sie kommen müssen, um etwas rauben zu können (in Ententesprache: um die Befreiung der Welt zu fördern), weil sonst Deutschlands Sieg unvermeidlich gewesen wäre. Das ist aber leeres Geflunker. Sie hätten es nicht gewagt, wenn nicht die Ententelügen bis zum letzten Augenblick die wahre Lage verschleiert hätten. Wir müssen immer betonen, daß Lügen nicht immer kurze, sondern recht lange Beine haben und ihren praktischen Zweck erfüllen. Anderseits haben sie freilich die Gewohnheit, wie ein Australischer Bumerang auf den Schützen zurückzuprallen, in seine Hand zurückzukehren. Statt des freundlichen Spaziergangs nach Wien, von dem die Italiener träumten und durch welche schwindelhafte Suggestion der Kriegshetzer sie sich auf das gefährliche Abenteuer einließen, fanden sie eine uneinnehmbare Front und erreichten mit entsetzlichen Opfern und trotz größter Anstrengung – das muß man ihnen lassen; ihre Tapferkeit überraschte vielfach – nichts als Blamage. Belohnt von Undank der Ententegenossen, die sich natürlich keinen Pfifferling um Italiens eigene Interessen scheerten, brachten sie aus dem Weltkrieg hauptsächlich die Herzstärkung heim, daß sie durch ihren Verrat ihn endlos verlängerten. Denn es läßt sich nicht leugnen, daß ohne Italiens Eingreifen schon früher Niederwerfung Rußlands vollendet worden wäre. Da Österreich gezwungen war, starke Kräfte zur Bewachung der Südgrenze bereit zu halten, sind erhebliche Gruppenmengen den Galizischen Kämpfen entzogen worden. Das Schicksal stellte Österreich vor eine neue Belastungsprobe, doch Gott weiß am besten, wie er seine Mühlen malt. Unendlich schlimmer wäre es gewesen, wenn man an Italien schon damals die Grenze abgetreten hätte, strategische Stellungen ersten Ranges, um womöglich später doch noch wieder von Italien verraten zu werden. Auch ohne dies wäre Italiens drohende Neutralität mit frischem Heer und noch nicht ruinierten Finanzen unbequem und peinlich gewesen, selbst beim Friedensschluß. Jetzt wo Gott die Dinge so gelenkt hat wie er will, darf man ruhig sagen, daß Italien sich damals verdientermaßen in eine Sackgasse geritten, uns aber einen Gefallen getan hat. Das Aufflammen des Rachezorns in Deutschland und Österreich stärkte den moralischen Faktor. Kichert nicht dämonische Ironie aus dem Schicksalsschluß, daß die
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