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Bittere Delikatessen

Bittere Delikatessen

Titel: Bittere Delikatessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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im Studio vermutet, doch die Leute von MMD hatten ihm gesagt, sie sei nach Hause gegangen.
    Sie antwortete in Zeitlupe. »Du kommst doch nur, um zu sch-schnüffeln.«
    »Gestern warst du freundlicher, Nora.«
    »Du hast es geschafft, dass ich auf dich reingefallen bin, du Sch-Schnüffler.«
    »Wie geht es dir?«
    »Durst. Holst du mir was zu trinken?«
    Ben ging in die Küche. Während er ein Glas mit Mineralwasser füllte, sah er sich um. Er stellte die Flasche zurück in den Kühlschrank und kontrollierte rasch die anderen Schränke. Kein Alkohol.
    Als er zurückkam, sah er, dass Nora Mühe hatte, die Augen offen zu halten. Er griff nach ihrem Handgelenk. Der Puls war schwach, aber regelmäßig. Ben setzte sich neben sie.
    »Tabletten?«
    Sie nickte. Gierig trank sie das Glas leer. Ben unterdrückte den Impuls, sie in den Arm zu nehmen.
    Nora wandte ihm ihr Gesicht zu, doch ihre Pupillen rannten hin und her wie eine Maus im Käfig. »Du bist kein Freund. Du bist ein Schnüffler.« Wieder das Wort mit Sch, obwohl ihr die Aussprache so schwerfiel.
    »Ich weiß, wie dir zumute ist.«
    »Du weißt gar nichts.«
    »Du solltest nicht so viel von den Tabletten nehmen.«
    »Ich habe wunderbar geschlafen. Bis du mich geweckt hast. Die Pillen vertreiben die Ungeheuer.«
    »Ich weiß, wie dir zumute ist, Nora«, wiederholte Ben.
    »Gar nichts weißt du«, wiederholte Nora.
    »Ich habe mit deiner Mutter gesprochen.«
    »Die weiß auch nicht alles.«
    »Die Tabletten helfen nicht auf Dauer.«
    Keine Antwort. Zittrig kramte Nora nach einer Zigarette und zündete sie an. Ben sah schweigend zu, wie Nora mehrere Züge machte.
    »Nimm nicht so viel Tabletten«, echote Nora schließlich. »Wie einfach sagt sich so was. Ich hatte heute Streit mit Marco, dem Programmdirektor bei Pro-Sat. Ich war richtig wütend. Marco packte mich bei den Armen, um mich festzuhalten. Er meinte es nicht so, aber plötzlich war alles wieder da. Ich konnte nicht einmal mehr schreien. Ich konnte mich nicht rühren. Ich war gelähmt wie eine Stoffpuppe, wie ein Hase, der nachts auf der Landstraße gebannt in die Scheinwerfer starrt. Versteinert.«
    »Wie eine gefühllose Pflanze.«
    »Genau. Wie damals bei Mamas zweitem Mann. Starr und gefühllos.«
    »Weil jede Gegenwehr, jedes Gefühl nur eine unnütze Energieverschwendung bedeutet hätte.«
    »Ja.«
    »Und alles verschwamm vor deinen Augen, stimmt's?«
    »Als ich ein Kind war, nannte ich es Unwirklichkeit.« Nora war jetzt völlig wach. Sie starrte ihn an. »Woher weißt du das alles?«
    »Ich lag auch mal auf der Couch.«
    Nora vergaß, an der Zigarette zu ziehen. »Willst du mir davon erzählen, oder ist es dir unangenehm?«
    Ben musste an Sigrid Romberg denken. Die Psychologin hatte ihn damals das Gleiche gefragt. »Ich binde es nicht jedem auf die Nase. Aber warum soll ich ein Geheimnis draus machen?«
    »Ein Trauma in der Kindheit?«
    »Mein Vater war auch ein Tyrann. Er hat uns geschlagen. Er hat meine Mutter getötet. Jahrelang lief ich geduckt durch die Welt. Mein Vater war längst im Gefängnis, doch mein Körper erwartete noch immer Schläge. Sirenen, Gewitter, Türenschlagen – all das löste bei mir Angstzustände aus. Ich hatte Albträume. Später, im Heim, habe ich mich oft mit anderen geprügelt. Es war, als suchte ich die Gewalt, um zu lernen, wie man sie besiegt.«
    »Fabian hat mich nicht oft geschlagen. Er drohte meistens nur. Er sagte, er würde meine Katze vergiften, wenn ich etwas verraten würde. Dann hat er mich wieder verwöhnt. Zuckerbrot und Peitsche. Er hat mich zu seiner Hure gemacht. Und so hat er mich auch genannt. Hure, Nutte, Hexe.«
    Nora zündete eine zweite Zigarette an der ersten an. »Als ich noch trank, ging ich eine Zeit lang in Kneipen und gabelte die ekligsten, dreckigsten Männer auf, die ich kriegen konnte. Kannst du dir das vorstellen? So habe ich mich selbst gedemütigt. Ich träumte, ich sei voll von schwarzem Schleim. Und wenn ich den Mund aufmachte, kam alles raus. Ich war ein schlammiges Abwasser, in dem Schlangen brüteten.«
    Ben erzählte: »Einmal schleuderte mein Vater meinen kleinen Hund durch das Zimmer. Er brüllte und stieß mich herum. Sein Gesicht war wie das eines Fremden. Um mich herum wurde alles weiß. Ich dachte: Jetzt stirbst du. Irgendwas hast du getan, und das ist das Urteil. Ein anderes Mal hielt er stundenlang ein Gewehr auf mich und meine Mutter gerichtet. Ich weiß noch genau, wie die Wand aussah, an der wir stehen mussten.« Die

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