Bittere Sünde (German Edition)
erwähnt. Enttäuscht stellte Linn den Fernseher aus und lief in die Küche.
Draußen war es noch dunkel, das Licht der Straßenlaternen fiel fast verträumt auf den Schneematsch. Sie nahm ein Baguette aus dem Tiefkühler und steckte es in den Backofen. Vor lauter Müdigkeit verbrannte sie sich die Hand am Grillrost und schrie kurz auf. Nicht einmal wirklich laut, aber laut genug, dass Magnus angerannt kam wie ein Wirbelwind. Er sah total panisch aus. Die dunklen Haare standen ihm zu Berge, und die Augen waren weit aufgerissen.
»Was soll denn das?«, zischte er fast wütend, als er sah, dass sie nicht in Gefahr schwebte.
»Ich habe mich nur verbrannt, beruhig dich.«
Magnus senkte den Blick. »Ich werde gerade so wahnsinnig schnell nervös.« Er sammelte sich und legte die Arme um sie.«Entschuldige, mein Schatz. Ist alles in Ordnung?«
»Ja, guten Morgen.« Linn gab ihm einen Kuss.
»Guten Morgen. Wie ungewohnt, dass wir vor den Kindern wach sind, nicht wahr?«
Linn setzte sich an den Küchentisch. »Ja, aber auch irgendwie schön.«
Magnus gähnte. »Du bist ganz schön spät ins Bett gekommen.«
»Ich konnte nicht schlafen und hab stattdessen im Netz nach einem Haus gesucht. Ich kann nicht zurück in das Haus in Aspudden ziehen, Magnus. Selbst wenn unsere Wohnung dort komplett renoviert wird.«
Magnus ließ sich ihr gegenüber nieder. »Ich auch nicht, das würde sich völlig falsch anfühlen«, sagte er.
Linn betrachtete ihn. »Vielleicht sollten wir, wenn das alles hier vorbei ist, mal ein paar Gegenden abklappern, um zu sehen, wo es uns gefällt. Ich habe schon eine Liste gemacht, mit den Punkten, die mir wichtig sind. Kann ich dir gern vorlesen, während wir frühstücken.«
Magnus nickte, doch als sie dann wirklich anfing, war er mit den Gedanken ganz woanders und brummte nur dann und wann geistesabwesend.
»Gute S-Bahn-Anbindung, Seeblick, guter Kindergarten, rotes Häuschen … Du hörst ja gar nicht richtig zu.«
»Tut mir leid … Das ist gerade einfach alles ein bisschen viel.«
»Genau deshalb beschäftige ich mich ja mit etwas ganz anderem.«
Linn legte die Liste beiseite und goss sich ein Glas Orangensaft ein.
»Also gut, was habt ihr als Nächstes vor?«
»Heute Abend will Arne mit ein paar Neuigkeiten an die Öffentlichkeit gehen. Wir erhoffen uns davon weitere Hinweise.«
»Das klingt doch gut. Was will er denn rausgeben?«
»Keine expliziten Details, bloß so viel, wie sein muss, um entsprechende Zeugen zu finden, wenn es denn welche gibt. Fotos von Gunvor, ein Bild, auf dem Pedros Gesicht künstlich gealtert wurde und ein Phantombild der Frau, die wir auf dem Hof gefunden haben.«
»Konnte man kein Foto von ihr machen?«
Magnus schüttelte den Kopf, und Linn verzog angeekelt das Gesicht. »So schlimm?«
»Noch viel schlimmer.« Magnus steckte noch ein Baguette in den Backofen. »Möchtest du eins oder zwei?«
»Danke, ich bin gar nicht hungrig.«
»Ich will zu dem Thema nur noch eins sagen, dann sprechen wir über was anderes.«
Linn strich sich den Pony aus der Stirn. »Okay«, sagte sie verhalten.
»Oft hört man ja, dass Massenmörder eine ziemlich schwere Kindheit hinter sich haben und sich deshalb an Schwächeren vergehen, zum Beispiel an Tieren.«
»Ja, das trifft sicher in manchen Fällen zu.«
»Ich habe über eine Sache nachgedacht. Meinst du, an dem Verdacht ist was dran, dass Erik Berggren den Familienhund erst gequält und dann getötet hat? Sein grausamer Vater kann ihm ja Gott weiß was angetan haben, das er dann an jemand Schwächeres weitergegeben hat. Ich bin die ganze Zeit davon ausgegangen, dass Gösta die Wurzel allen Übels ist, aber was, wenn auch Erik Dinge angestellt hat, die er nicht hätte machen sollen? Vielleicht will sich jemand an ihm rächen.«
Linn sah nachdenklich aus. »Ist er denn mal angezeigt worden?«
Magnus schüttelte resigniert den Kopf. »Nein, natürlich nicht.« Er sank in sich zusammen, als wäre seine Theorie so schnell abgesoffen wie ein Stein im See.
Linn beugte sich vor und blickte ihn eindringlich an. »Das heißt noch lange nicht, dass nie etwas in der Art geschehen ist.«
Freitag, 7. November
77
Die Berichte über den Mord lösten eine wahre Informationsflut aus. In den folgenden Tagen wurden Magnus und seine Kollegen geradezu von Anrufen, Mails und SMS überschüttet. Tipps kamen aus allen Teilen des Landes, doch nichts wirkte übermäßig zuverlässig. Viele behaupteten, Pedro Estrabou gesehen zu haben, aber
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