Black Cherry Blues (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
er am Ufer und kratzte mit dem Daumennagel Blut und Membrane aus den toten Fischen.
»Ich hab gesehen, wie Sie das Prachtexemplar wieder freigelassen haben«, sagte er.
»Ich hab mir abgewöhnt, sie zu behalten. Außerdem besitze ich keinen Angelschein für Montana.«
»Gehen Sie auf die Jagd?«
»Früher mal. Jetzt kaum noch.«
»Haben Sie es sich nach dem Wehrdienst abgewöhnt?«
»So könnte man es ausdrücken.«
Er goß sich eine Tasse Kaffee ein, nahm zwei in Wachspapier eingewickelte, mit Schweinekotelett belegte Sandwichs aus seinem Rucksack, reichte mir eines und setzte sich dann neben mich. Beim Kauen traten die Venen an seinem feisten Hals hervor wie Kabelstränge.
»Was für eine Schußwaffe haben Sie?« fragte er.
»Einen 45er Automatik, noch vom Militär.«
»Haben Sie einen Waffenschein dafür?«
»Für Louisiana schon. Hier nicht.«
»In Montana sind die Behörden ziemlich knauserig mit Waffenscheinen, wir werden Ihnen aber trotzdem einen besorgen.«
»Worüber reden wir hier eigentlich?«
»Wir haben Sally Dios Telefon angezapft. Er weiß es.«
»Und?«
»Er weiß aber nicht, daß wir auch die Telefonzelle angezapft haben, die unterhalb seines Hauses am Strand steht. Von dort führt er nämlich immer seine Ferngespräche.«
Ich hob ein flaches graues Steinchen auf und ließ es über das Wasser hüpfen.
»Er hat in einer Bar in Vegas angerufen«, sagte Nygurski, »und zu dem Kerl, der am Apparat war, gesagt, er solle Charlie ausrichten, daß er für ihn hier oben Hofarbeit hat. Wissen Sie, was das bedeutet?«
»Nein, das ist mal was Neues.«
»Ich hab den Ausdruck von ein paar Quentin-Absolventen gehört. So nennen sie es, wenn jemand auf dem Hof umgelegt wird. Das letzte Mal, als Sal in einem aufgezeichneten Gespräch diese Formulierung benutzte, bekam ein Mann, der vor Gericht gegen ihn aussagen wollte, einen aus 'ner 22er Magnum in den Hinterkopf gejagt. Wer dieser Charlie ist, wissen wir allerdings nicht.«
Ich schleuderte noch ein Steinchen hinaus aufs Wasser. Es beschrieb einen Kreis wie eine aufsteigende Forelle, dann riß die Strömung den Kreis mit sich in die Gischt.
»Vielleicht hat es gar nichts mit Ihnen zu tun«, sagte er. »Die Dios haben jede Menge Feinde.«
Ich wischte mir den Kieselstaub von den Händen und sagte eine Weile gar nichts. Die Sonne schien jetzt heiß, zwischen den Ufergräsern flogen Insekten umher, und unter den schroffen Felsvorsprüngen, dort, wo das Wasser langsamer floß, kamen Regenbogenforellen an die Oberfläche und schnappten nach ihnen.
»Was soll ich Ihrer Meinung nach tun?« sagte ich schließlich.
»Vielleicht ist es an der Zeit, nach New Iberia zurückzufahren.«
»Glauben Sie wirklich, er läßt ’nen Mann fürs Grobe einreiten und bringt aus verletztem Stolz seine ganzen Pläne in Gefahr?«
»Sehen Sie, er hat innerhalb des Mobs ein bißchen Einfluß, weil er der Sohn von Frank Dio ist. Aber im Grunde ist Sal ein Versager. Als Musiker kann man ihn vergessen, er hat wegen Kreditkartendiebstahl im Knast gesessen, seine Frau hat ihm den Laufpaß gegeben, nachdem er ihr das Nasenbein zertrümmert hat, und seine sogenannten Freunde sind nichts weiter als gekaufte und bezahlte Suffköppe und Koksnasen. Und dann kommen Sie daher und nehmen vor versammelter Mannschaft an seinem Gesicht einen schönheitschirurgischen Eingriff vor. Was meinen Sie denn, was für Gefühle so ein Typ anschließend für den Doktor hegt?«
»Dann spielt’s ja gar keine Rolle, ob ich nach Louisiana zurückfahre oder nicht.«
»Mag sein.«
Ich sah auf die Uhr. Auf der anderen Seite des Flusses stieß gerade ein Habicht auf die Wiese herunter und schlug eine Fledermaus.
»Besten Dank für die Angelpartie. Jetzt muß ich aber meinen Truck abholen«, sagte ich.
»Tut mir leid, daß ich Ihnen das aufs Auge drücken mußte.«
»Darüber brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen.«
»Warum in Gottes Namen haben Sie es nur getan, Robicheaux?«
In dieser Nacht fand ich keinen Schlaf. Das Exekutivkomitee hielt seine Vollversammlung in meinem Kopf ab, wie wir bei den Anonymen Alkoholikern dazu sagen. Ich zog in Erwägung, Alafair alleine nach Louisiana zurückzuschicken, aber wenn sie längere Zeit bei meiner Cousine oder bei Batist und seiner Frau wohnen würde, wäre es mit dem bißchen Einfluß, den ich auf sie ausübte, auch bald vorbei. Ich bezweifelte, daß Harry Mapes etwas gegen uns beide unternehmen würde, solange mein Prozeß anhängig war, und es sah
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