Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blankes Entsetzen

Blankes Entsetzen

Titel: Blankes Entsetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
Vom Netzwerk:
mit einem aktenkundigen Verbrechen in Verbindung brachte. Der eine war ein erfolgreicher, auf seinem Gebiet sehr angesehener Mann, der andere weniger auffallend, und keiner der beiden war vorbestraft.
    Helen hielt Mike Novak für ein ebenso offenes Buch, wie wohl jeder Privatdetektiv es war. Er war nur zwei Jahre lang Polizist bei der Metropolitan Police gewesen, und seine Akte war tadellos, wenn auch mit der Bemerkung versehen, dass Novak zwar engagiert und intelligent, aber auch allzu kritisch der Bürokratie gegenüber und manchmal übermäßig sensibel war – was genau mit dem Eindruck übereinstimmte, den Novak Helen bei ihrer kurzen Begegnung vermittelt hatte: offen, hilfsbereit, entsetzt über Lynne Bolsovers Tod – und glücklich verliebt in seine Frau Clare.
    Robin Allbeury verwirrte sie weit mehr. Seine Ausbildung und Karriere waren ausführlich dokumentiert, doch der Rest lag ziemlich im Dunkeln. Er war zweiundvierzig Jahre alt und nie verheiratet gewesen, aber mit ziemlicher Sicherheit heterosexuell. Anfang der Neunziger war er häufig mit Frauen gesehen worden – zum Teil nachzulesen in der Boulevardpresse, denn er hatte in dieser Zeit diverse High-Society-Scheidungsfälle vertreten und einige Bekanntheit erlangt. Die Damen an seiner Seite, stellte Helen fest, waren keine dekorativen Püppchen gewesen, sondern Frauen, die attraktiv, erfolgreich und meistens unabhängig waren. Abgesehen davon schien Allbeury sein Leben nicht an die Öffentlichkeit zu tragen. Er legte Wert auf seine Privatsphäre und war in der Lage, dafür tief in die Tasche zu greifen.
    »Allem Anschein nach«, sagte sie am Montag nach ihrem Termin im Shad Tower zu Ally King, »gibt es also nur zwei Männer, die von der schrecklichen Ehe dieser Frau wussten … die darauf aufmerksam gemacht wurden und versucht haben, ihr zu helfen, wenn auch vergeblich.« Sie zuckte mit den Achseln. »Wahrscheinlich lag es nicht an ihnen. Eine ungewöhnliche, merkwürdige Verbindung, aber sie sind höchstwahrscheinlich unschuldig.«
    »Es gibt noch nichts von der Spurensicherung wegen der Briefe«, sagte King. »Aber ich hake noch mal nach.«
    »Danke.«
    Als Constable King gegangen war, konzentrierte Helen ihre Gedanken wieder auf John Bolsover. Er war drei Jahre älter als seine Frau und sein Haar so kurz geschoren, dass die mausbraune Farbe fast nicht zu erkennen war. Nach seinem Äußeren zu urteilen, war er ein körperlich starker Mann, übergewichtig, aber muskulös; er hatte den Namen seiner Frau auf den linken Arm tätowiert, und an beiden Schläfen traten dicke Adern hervor. Ein Mann, den Helen sich mühelos in rasender Wut vorstellen konnte, ein Mann, den sie nur allzu leicht verabscheuen könnte, selbst wenn sie von seiner Vorliebe für das Schlagen und das Schikanieren seiner Frau nichts gewusst hätte.
    Das war genau die Art Voreingenommenheit, vor der eine Kriminalbeamtin sich hüten musste, wenn sie in einem Mordfall ermittelte. Doch nicht nur aus diesem Grund war Helen noch nicht bereit, Bolsover offiziell des Mordes zu beschuldigen. Es war auch eine Sache des Instinkts.
    Irgendetwas stimmte nicht bei diesem Fall, sagte Helens Bauchgefühl. Es gab noch vieles, das sie herausfinden musste. Vielleicht fehlte ihr der rauchende Colt, mit dem sie Bolsover den Weg zu einer lebenslangen Gefängnisstrafe bereiten konnte. Vielleicht war es auch etwas ganz anderes. So oder so, sie war einfach noch nicht bereit, sich mit einer Behelfslösung zufrieden zu geben.
    Auch wenn sie Ally King eben das Gegenteil gesagt hatte – ihre Gedanken kreisten immer noch unaufhörlich um Robin Allbeury, und sie hoffte mit kritischer Selbstanalyse, dass es nichts damit zu tun hatte, dass er ein außergewöhnlicher und attraktiver Mann war.
    Denn ihr Leben war jetzt schon sehr lange ohne interessante Männer gewesen, überhaupt ohne Männer. Und sie war schließlich nur eine Frau.
    Aber sie glaubte nicht, dass es das war.
    Was war es dann?

15.
    »Wie geht es dir, mein Schatz?«, fragte Angela, als sie Lizzie an einem Sonntagnachmittag Ende April zu Hause anrief.
    »Alles bestens, Mom«, antwortete Lizzie und erkannte, während sie sich in ihrem Lederstuhl zurücklehnte und die Beine ausstreckte, dass es ausnahmsweise die Wahrheit war.
    »Jack quält sich nicht zu sehr?«
    »Nein, er fühlt sich sogar ziemlich gut.« Lizzie wusste ebenso wie ihre Mutter, dass Jack normalerweise, wenn Christopher unterwegs war (im Augenblick hielt er Vorlesungen in Deutschland),

Weitere Kostenlose Bücher