Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blau unter Schwarzen - Gesammelte Prosa I

Blau unter Schwarzen - Gesammelte Prosa I

Titel: Blau unter Schwarzen - Gesammelte Prosa I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gsella
Vom Netzwerk:
an die Gurgel springt.
    »Ich wollte Rubenbauer!«, schreit unser Fan und bricht zusammen, »Rubenbauer, Rubenbauer, Rubenbauer!«, dann wird er von einem blitzschnell aufgetauchten Künstlerschützer abgeführt. Eine fünfköpfige Security-Armee geleitet uns zum Honorarauszahlungszelt, von da aus stracks zu meinem Auto.
    »Wisst ihr eigentlich, wer euch da erwürgen wollte?«, fragen die Beschützer. Wir erfahren: Es war der Gitarrist einer Eschweger Dorfkapelle namens »The Bates« oder so ähnlich.
    »Die hatten schon mal einen Clip im Viva.«
    Und ihr Gitarrero steht jetzt sogar in diesem Buch.

AUS DEM NOTIZBLOCK VI
    Winterhaus, später
    Irgendwann war der Erfolg halt da, la reputación global , die Einladung nach good old Vienna , der Autor las an zwei eiskalten Feber-Abenden, wie d’r Wiener soagt. Der gastgebende Herr Jurst überließ ihm seine Wohnung, es musste nicht immer das Sacher sein. Nach der zweiten Nachtlesung das Übliche aus Grappa, Zigarillos, Groupies, schwarzblau hing der Morgenmond, »Taxi!« Minuten später frickelte er am Jurst-Logis herum und kriegte es nicht auf. Der Innenriegel, schließbar auch dem Namen nach exklusiv von innen, musste beim Hinausgehen eingerastet sein, sic. Der Autor rüttelte und schüttelte, sehr kalt war es, sehr spät, er war leicht fiebrig, heiser, stark beschwipst, »du b-blöde Sautür, m-mach halt hin, aaah, fuck!«
    Ein Stündlein rüttelte er so, die Nachbarstür ging auf, ein Unterhosenserbe trat heraus, sein Mienenspiel war fragend. Heiser glättete der Autor alle Wogen: »Hei, okay, isch w-wohn hier net, darf aber hier penne! Gänsefleisch ’n Brecheise hole, hups? Wahlweisä Hammä un Sischel, quatsch: Meißel! Isch muss diesä vaschissene Kacktür uhööh brüöööch …!« Worte erstarben im Husten. Der Serbe: natokriegsverschüchtert, aus Prinzip hielt er sich raus, »ich nixe habbe«, wortlos schlich er outdoor pissen, die Wohnungen in diesem Haus hatten Flurtoilette. Sein Täschlein griff der Autor unter, lief durch den 15. Bezirk, den Arsch von Wien, fünf Uhr, die menschenleere Luft gefror. Um halb sechs kam ein Autobus gerutscht, der Autor stoppte ihn. »Sag mir, gibt’s hier ein Hotelchen? Nein? Hast du ein Bettgestellchen? Ich bin Dichter, Herr Richter …«
    Später, als es Tag war, lotste er Herrn Jurst in ein Café. Warum denn er, der Autor, ihn nicht früher angerufen habe, fragte Jurst, nachts sei er gemeinhin wach und das Türöffnen ein Kinderspiel, warum er also und beim Zeus nicht augenblicklich angerufen habe? Weil’s kalt war, vermutete der Autor und sagte es ihm nicht, weil alles viel zu kalt war, ergreifend desaströs und ungeheuer dunkel.
    Das erste Mal
    Es ist passiert: Im IC Freiburg-Hamburg, Wagen 23, Platz Nummer 64, saß ein Mann und las – mein Buch. Und was ich mir in all den Jahren vergeblichen Suchens und Sichtens fest vorgenommen hatte, nun tat ich es. Ich legte einen Euro in die Hand des Lesenden und schlug ihm anerkennend, freilich auch, wie ich sofort empfand, etwas zu kräftig auf die Schulter. Seltsamerweise schien der Mann nicht im Geringsten überrascht; wusste er am Ende Bescheid? Und hatte ich an diesem denkwürdigen Tage zwar einen Euro verloren, aber nicht auch gleichzeitig einen gewonnen? Doch, ich hatte. Und just diese Freude ließ mich meinen Schulterschmerz mit seligem Lächeln ertragen.
    Aus der Chemie
    Je länger ich übers Einsteinsche e=mc 2 grübele (Energie gleich Masse mal Lichtgeschwindigkeit hoch 2), desto griffiger scheint mir die Gleichung auch das spätabendliche Sprintverhalten meines Opel Corsa aufzudröseln mit übrigens dem Kennzeichen E(!) – PU 51: Kaum gebe ich energisch Gas (E), fliegt der Hobel durch Essen-Holsterhausen, und zwar derart schnell (puh!), dass ich schon nach 51 Metern das Licht(!) anschalte. Damit wir nicht auf ein(!) Stein fahren; wobei das Auto sich dann ja bestimmt den … ehm … kleinen c wehtäte, aua.

DER BMW IM WEG
    Ein heller Morgen auf der Schwelle zum Frühling, einer jener Tage im April, da Vorboten der guten Jahreshälfte durch die Straßen wehen und all die noch vor kurzem abweisend kalten Dinge auf geheimnisvolle Art erwärmen, den bunten Häuserfronten jene lichte Freundlichkeit verleihen, die man aus dem Süden kennen tut; laue Winde mit dünnen, kaum merklichen Spuren duftender Samen und Protonen sind es, die wie sanfte Hände auf die Haut sich legen, kribbelnd und krabbelnd, wehend und wiegend, unsichtbare Oberbetten aus Satin und

Weitere Kostenlose Bücher