Blinde Seele: Thriller (German Edition)
kein richtiger Annäherungsversuch.
Nur dass Billie Sam kurz streifte.
Auf eine Art, die ihm mehr als nur zufällig erschien.
Genug, um ihn in Alarmbereitschaft zu versetzen.
Eindeutig nicht das, was er wollte.
»Wollt ihr zwei einen Kaffee?«
Wieder war es Claudia, und wieder wie aufs Stichwort, sodass Sam sich fragte, ob sie auf Kontrollgang gewesen war. Unter anderen Umständen hätte er sich vielleicht darüber geärgert, aber in diesem Augenblick war es ihm mehr als willkommen.
»Lass nur, ich hole ihn schon«, sagte Sam zu ihr. »Ich wollte sowieso nach Joshua sehen.«
»Kann ich mitkommen?«, fragte Billie.
»Er ist im Moment ein bisschen unruhig«, sagte Claudia. »Besser, sein Dad ist mit ihm allein.«
Bald waren sie wieder bei der Probe. Es war ein Vergnügen, Billie zuzuhören, und es tat Sam gut, seiner eigenen Stimme noch ein bisschen Luft zu machen.
Wenig später kam Joshua herunter und brachte die Hunde mit. Billie schien die Abwechslung zu genießen, deshalb ließ Sam den Jungen eine Viertelstunde mit Billie und den Hunden herumtollen, bis Claudia ihn mit dem Versprechen, ihm eine spannende Geschichte zu erzählen, wieder nach oben lockte.
»Du bist ein Glückspilz, Sam«, sagte Billie.
»Ich weiß.«
»Wann kommt Grace eigentlich wieder?«
»Übermorgen«, sagte Sam.
Einen Augenblick glaubte er Wehmut in Billies Augen zu erkennen. Er nahm an, dass sie ihre Eltern vermisste, die vor ein paar Jahren nach Jacksonville gezogen waren, und hatte unwillkürlich Mitleid mit ihr.
Man konnte den Leuten nie ansehen, wenn sie einsam waren.
29.
Der Anruf beim Dezernat für Gewaltverbrechen kam um kurz nach elf Uhr am Donnerstagmorgen.
Bay Drive, North Beach.
Eine Frau, erschossen im Schlafzimmer eines einstöckigen Hauses.
»Hört sich so an, als wäre Black Hole schließlich doch nach Miami Beach gekommen«, sagte Sergeant Beth Riley, die Diensthabende, zu Sam und den anderen und ernannte Sam zum leitenden Ermittler in diesem Fall.
Sam nickte bloß. »Genau das hatte ich befürchtet«, sagte er und schauderte. Zu deutlich hatte er noch Amelia Newtons grässlich verstümmelte Leiche vor Augen.
»Weiß man schon, wer die Ermordete ist?«, fragte Martinez.
»Ja«, sagte Beth. »Sie heißt Beatriz Delgado.«
*
Ein hübsches kleines Haus mit einer gepflegten Auffahrt, schmuckem Garten, Palmen und leuchtend bunten Blumen. Drinnen Holzböden, gewölbte Decken, Marmor in den Bädern, Granit und Stahl in der Küche. Exklusiv und teuer.
Es gab keine Spuren eines Kampfes oder gewaltsamen Eindringens.
Streifenpolizisten brachten die Detectives schnell und effizient auf den neuesten Stand der Dinge.
Der Mann, der im Augenblick zusammengesunken auf der Couch im Wohnzimmer saß, das Gesicht in den Händen vergraben, hatte das Verbrechen gemeldet. Carlos Delgado, der Exehemann des Opfers. Einer Nachbarin zufolge hatte er »markerschütternd« geschrien, als er die Tote gefunden hatte.
Dr. Elliot Sanders, der leitende Gerichtsmediziner, blickte düster drein, als er zu den anderen trat. »Ich nehme an, du hast die Tote in Fort Lauderdale gesehen«, sagte er zu Sam.
»Ja, ein schlimmer Anblick«, sagte Sam. »Wie es aussieht, gibt es viele Ähnlichkeiten mit diesem Mord hier.«
Sanders nickte. »Allerdings.«
Wie in Fort Lauderdale lag das Opfer im Schlafzimmer. Die Ermordete sah sogar noch schlimmer, noch bizarrer aus als Amelia Newton.
Keine Sonnenbrille diesmal.
Zwei kleine, altmodische weiße Spitzendeckchen bedeckten ihre Wunden.
Sanders warf einen ersten Blick unter die Deckchen.
»Wieder Mullbinden. Dieser Mistkerl hat sie ihr in die leeren Augenhöhlen gestopft.«
»Heilige Mutter Gottes«, flüsterte Martinez.
Sam schwieg. Als erfahrener Ermittler kämpfte er sich durch diese ersten schwierigen Augenblicke, um sich dann ganz auf die Arbeit konzentrieren zu können.
Die Parallelen zu dem Mord in Fort Lauderdale waren nicht zu übersehen. Das Opfer war sorgfältig auf sein übergroßes Bett gelegt worden, vollständig bekleidet mit einem olivfarbenen Leinenkleid und Unterwäsche.
Dieselbe Art Latexlaken über drei aufgestapelten Kissen.
»Warum drei Kissen?«, fragte Martinez.
»Um sie leichter zu treffen vielleicht«, überlegte Sam. »Aber warum die Mühe mit dem Gummilaken, wenn er es doch zurücklässt?«
»Vielleicht hat der Täter irgendwelche perversen Vorlieben«, murmelte Martinez.
»Sieht inszeniert aus«, sagte Sam.
Der zeitliche Rahmen war der größte Unterschied
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