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Blinde Zeugen: Thriller

Titel: Blinde Zeugen: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart MacBride
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weißer Wände empfing ihn eine leuchtende Farbenpracht in Blau und Gold, und es wimmelte von Statuen, Figurenfriesen und Heiligenbildern. Es mussten Hunderte sein.
    Das Kirchenschiff war mit hüfthohen hölzernen Schranken in zwei Hälften geteilt, um die Gläubigen im hinteren Teil fein säuberlich von den Heiden im vorderen zu trennen. Logan suchte die Gesichter der Menschen ab, die ins Gebet versunken in den Bänken aus dunklem Holz knieten, doch von Jaroszewicz war weit und breit nichts zu sehen. Wahrscheinlich stand sie noch in der Schlange, oder vielleicht zündete sie irgendwo eine Kerze an.
    Er suchte sich einen freien Platz und sank darauf nieder, um die unglaubliche Anhäufung von Glanz und Prunk ringsumher zu bewundern. Biblische Szenen schmückten die Wände, alle direkt auf das Mauerwerk gemalt. Die Kanzel war über und über mit Strahlen verziert und troff vor Gold. Ein riesiges Kruzifix hing zwischen dem Kirchenschiff und dem Altarraum, der noch reicher mit Gold und leuchtenden Farben ausgeschmückt war als der Rest. Man kam sich vor wie in einer knallbunten Jahrmarktsattraktion, nur mit Bildern von Märtyrern und Madonnen anstelle von abgekupferten Disney-Figuren.
    So etwas hatte er im Leben noch nicht gesehen.
    Logan blickte sich vorsichtig um … Da war sie – sie kniete gerade im Beichtstuhl Nummer 14 nieder, wie er auf einem kleinen beigefarbenen Schild lesen konnte, das am Gitter hing. Irgendwie passend, dachte er, denn vermutlich war Gott der Einzige, der wusste, was in sie gefahren war. Logan jedenfalls wusste es nicht. Seit er ihr Gorzkiewicz’ Adresse gezeigt hatte, war sie auffallend nervös und gereizt.
    Wahrscheinlich war das kein gutes Zeichen. Aber es war zu spät, um sich deswegen noch Gedanken zu machen.
    Jaroszewicz murmelte vor sich hin, den Kopf gesenkt, die Hände zum Gebet gefaltet … und dann sah er, dass sie in Wirklichkeit auf ihrem Handy herumtippte. Simsen während der Beichte – war das der moderne Katholizismus?
    Fünf Minuten später begann sein Hintern allmählich einzuschlafen, also stand er auf und zog heimlich sein eigenes Handy aus der Tasche. Wenn die wahren Gläubigen das durften, durfte er es allemal. Rasch machte er ein paar Fotos, während der Mann, der die Leute genau daran hindern sollte, gerade wegschaute. Dann schlenderte er wieder hinaus in den Sonnenschein. Kurz darauf trat Jaroszewicz auf ihn zu.
    »Okay«, sagte sie und schob die Hände tief in die Taschen, »wir müssen noch rasch zwei Sachen holen, und dann können wir fahren.«
    Der erste Zwischenstopp war ein Spirituosengeschäft gegenüber dem Hotel, wo sie eine Literflasche guten Wodka erstand, der zweite war das Hotel selbst. Sie bat ihn, in der Halle zu warten, und verschwand im Lift. Als sie zurückkam, war ihre Miene so entschlossen wie die einer Märtyrerin auf einem Wandgemälde.
    Das Taxi peste in östlicher Richtung die Schnellstraße entlang, mit der Sonne im Rücken. Es war halb sieben, und der Verkehr ließ allmählich ein wenig nach – die Straße allerdings auch: Das Taxi schlingerte über die holprige Piste wie ein Schiff auf stürmischer See. Der Fahrer drehte sich um und grinste Logan an. Anfang zwanzig, lange Dreadlocks, hageres Gesicht und gepiercte Nase. »In Polen Sie wissen immer gleich, wenn Fahrer ist betrunken – fährt immer geradeaus, weicht nie Schlaglöchern aus. Ha!« Der Wagen rumpelte über ein Schlagloch.
    Jaroszewicz, die neben ihm auf dem Rücksitz saß, war schon bedenklich grau im Gesicht.
    »Geht es Ihnen gut?«
    Sie streifte ihn mit einem Blick und sah gleich wieder aus dem Fenster. »Es ist wahrscheinlich nichts. Kein Grund zur Sorge. Absolut nicht.«
    »Wenn mir jemand sagt, ich soll mir keine Sorgen machen, dann mache ich mir erst recht Sorgen.«
    »Es ist nun mal nicht das beste Viertel von Krakau …«
    Der Taxifahrer lachte wieder. »Ist überhaupt nicht Kraków – ist Nowa Huta!« Erneut drehte er sich grinsend zu Logan um. »Wo Sie kommen her? Amerika? Wie in Friends ? Wie Joey und Chandler?«
    »Nein, Schottland – wie Sean Connery …«
    »Ah! James Bond. Sehr gut. Geschüttelt, nicht gerührt.« Und wie um seine letzte Bemerkung zu unterstreichen, rumpelte der Wagen über eine Reihe von Spurrillen. »Nowa Huta heißt ›Neue Stahlhütte.‹ Geschenk von Väterchen Stalin für Krakauer. Als Strafe, weil waren dekadente Bourgeois.« Er hupte wild und stieß eine Flut von Verwünschungen aus, als ein kleiner schwarzer Trabi auf der rechten

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