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Blood Sun

Blood Sun

Titel: Blood Sun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gilman
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zurückgekehrt, denn ratternde Flügel wirbelten die Luft auf. Es dauerte eine Weile, bis er erkannte, was vor ihm aufgetaucht war. Es war ein großes Boot mit flachem Kiel.
    Ein Mann, der vor einem riesigen Ventilator saß, hielt mit dem Boot direkt auf ihn zu. Diese Killer gaben einfach nicht auf!
    Der Mann sah seltsam aus mit seinem Goldzahn, dem grauen Schnauzbart und den Tätowierungen im Gesicht und auf den Armen. Er trug einen Ohrring und farbige Federn auf seinem alten Strohhut. Beinahe hätte Max laut losgelacht: Anscheinend gab es hier in der Karibik auch noch Piraten!

17
    M ax hatte das Gefühl, ans Flussbett gefesselt zu sein. Seetang hielt ihn umklammert und er konnte sich nicht rühren. Doch als er die Augen öffnete und um sich blickte, sah er, dass er sich keineswegs in einer Unterwassergrotte voller Korallen und Fische in leuchtenden Farben befand, sondern in einer Hütte, deren Palmdach raschelte, wenn der Wind hineinblies. Die Wände bestanden aus zusammengebundenen Holzleisten und der aus schmalen Dielen gezimmerte Boden war glatt gescheuert von den bloßen Füßen, die jahrelang darübergegangen waren.
    Auf einem kleinen handgefertigten Holztisch lagen ausgehöhlte Flaschenkürbisse, fächerförmige Muscheln und ein altmodischer Metallschleifer. Ein Brett, das von dünnen Seilen gehalten wurde, diente als Ablagefläche und drei quer durch den Raum gespannte Schnüre, an denen Röcke in verschiedenen Farben hingen, ersetzten wohl den Kleiderschrank. Wie auch die Haken, an denen blau gefärbte Baumwolltücher mit weißen Streifen, orangefarbene Kinderkleider, einige T-Shirts und abgenutzte Jutebeutel zu sehen waren.
    Max merkte, dass er auf einem selbst gebauten Bett lag, das aus Holzleisten und einer weichen Matratze bestand. Jemand hatte ihn bäuchlings daran gefesselt.
    Ein kleines Mädchen in einem weißen, mit einer hellroten Blume bestickten Kleid beugte sich zu Max’ Gesicht herunter. Die Kleine sah ihn mit großen Augen a n – wie ein Rehkitz, das in seinem Wald etwas Ungewöhnliches entdeckt hat.
    Sie lächelte, holte einen der mit Wasser gefüllten Flaschenkürbisse vom Tisch und legte ihn neben Max auf den Boden. Sie tunkte die Finger ins Wasser und betupfte ihm damit die trockenen Lippen. Dann nahm sie einen kleinen Baumwolllappen, machte ihn nass, wrang ihn aus und wischte Max sanft das Gesicht ab. Er nickte zum Dank. Seine Kehle fühlte sich rau und trocken an. Vermutlich lag das an dem vielen Flusswasser, das er geschluckt hatte. Das Mädchen stand auf und rannte, nach seinem Vater rufend, aus der Hütte.
    »Papa! Papa!«
    Max wusste noch, dass jemand ihn ausgezogen hatte. Da von seiner Haut ein schwacher, angenehmer Duft aufstieg, hatte man ihn also auch gewaschen. Er hätte sich gerne aufgerichtet, aber die eng geschnürten Fesseln ließen dies nicht zu. Max hörte schwere Schritte und der verrückt wirkende Pirat, den er auf dem Fluss gesehen hatte, hockte sich so hin, dass Max ihn anschauen konnte. Er trug ein langes Messer in einer Lederscheide, die er sich über eine grobe Baumwollhose an die Wade gebunden hatte. Um seinen Hals hingen Ketten, einige davon mit kleinen Korallen und Halbedelsteinen verziert. Auf dem Kopf hatte er wieder den mit Federn geschmückten Strohhut.
    »Du hast zwei Tage lang geschlafen«, sagte der Pirat.
    »Halten Sie mich hier gefangen?«, fragte Max.
    Der Mann lächelte. Auf den wenigen Zähnen, die er noch hatte, glänzten Goldkronen. »Beinahe wärst du ein Gefangener des Flussgottes geworden. Er hätte dich mit Seegras gefesselt und dir das Mark aus den Knochen gesaugt, während du am Grund verrottet wärst. Ich hab dich festgebunden, damit ich die Wunde an deiner Schulter behandeln konnte. Die Dornen haben tief im Muskel gesteckt, es hat ganz schön Mühe gemacht, sie rauszuholen. Ich musste mein schärfstes Messer nehmen. Wir haben dich so hingelegt, damit der Verband nicht abgeht. Willst du jetzt aufstehen?«
    Max nickte. Der Tonfall des Mannes kam ihm ungewöhnlich vo r – er sprach übertrieben deutlich. Max meinte, einen irischen Akzent herauszuhören, obwohl der Pirat wie ein Latino aussah.
    Der Mann zog das Messer aus der Scheide, beugte sich vor und zerschnitt die Fesseln. Max streckte sich wie eine Katze. Vorsichtig rollte er von der Matratze auf den Boden. Er setzte sich dem Mann gegenüber hin und betastete den Wundverband an seiner Schulter.
    »Nicht zu schnell, mein Junge. Du bist geschwächt. Du brauchst Ruhe. Essen und Ruhe«,

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