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Blütenrausch (German Edition)

Blütenrausch (German Edition)

Titel: Blütenrausch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mila Herbst
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ich staunen, wie grün hinter den Ohren doch manche frischgebackenen Männer in Blau waren, denn der Grund meines Besuchs kam ihm trotz des Wetters nicht seltsam vor.
    Leider bewahrheiteten sich meine Befürchtungen .
    Die Tote lag tatsächlich im Gretchen .
    Ich konnte nur hoffen, es wäre niemand den ich kannte. Drei Polizisten standen im abgesperrten Garten: einer vor dem Tor, einer im Garten und einer vor der Haustür. Die Spurensicherung hatte ihre Arbeit schon aufgenommen. Der Regen konnte alle Spuren schnell vernichten, daher mussten sich die Männer in Weiß beeilen. Die Leichenbestatter waren noch nicht da, würden aber jeden Augenblick eintreffen.
    Mit sicherem Abstand standen ein paar Schaulustige unter ihren Schirmen und k ommentierten das Geschehen. Ich musterte eilig, wer am nettesten aussah und den größten Schirm hatte und gesellte mich zu ihm, in der Hoffnung er würde mir unter seinem Schutz ein trockenes Plätzchen gewähren und mit mir seine Informationen teilen. Ich hatte mich für einen kleinen, etwas älteren grauhaarigen Mann mit einem Chihuahua unterm Arm entschieden. Hund war immer gut. Meistens half dies beim Einstiegsgespräch. Auch diesmal. Nachdem ich ein paar reizende Floskeln über den hässlichen Hund fallen ließ, lächelte das Herrchen mich an und nahm mich unter seinem Schirm.
    »Was ist passiert?«
    »'ne Tote liegt da. Der Herbert hat sie gefunden.« Er zeigte auf einen Mann, mittleren Alters mit Schnurrbart und runder Brille, der gerade von Oliver vernommen wurde. Beide standen auf einer Seite der kleinen Veranda, vor dem Regen geschützt. »Der Arme, der kann doch kein Blut sehen, er kippt immer um, wenn er Blut abgenommen bekommt, und jetzt ...«
    »Woher wissen Sie, dass sie blutete?«
    Der kleine Mann schaute mich an, als wäre ich dumm: »Na, weil er sie doch gefunden hat. Er hat sie gefunden, dann schrie er los. Ich kam dann raus, mein Garten liegt drei Grundstücke weiter, und lief zu ihm. Er stand am Weg, vorm Gretchen . 'Was ist los?', habe ich gefragt, und er: 'Sie ist tot, sie ist tot!' 'Wer denn?', fragte ich. 'Na die Schicki', antwortete er. 'Erstochen, alles voller Blut!' Und dann rannte ich schnell zurück und rief die Polizei.«
    »Haben Sie sie auch gesehen?«
    »Wen den?«
    » Die Leiche.«
    »Der traut sich doch gar nicht«, antwortete jetzt eine Frau, die meine Urgroßmutter hätte sein können und die unter einem geblümten Schirm aus Kaisers Zeiten stand. »Mein Siggi ist zu sensibel für solche Sachen.«
    »Hören Sie nicht auf meine Mutter«, riet Siggi mir. »Ich war nur nicht drin, weil ich keine Spuren verwischen wollte. Das ist doch wichtig für die Polizei, oder?«
    Da Sig gi offenbar auf der Suche nach einer persönlichen Bestätigung war, tat ich ihm den Gefallen: »Sie haben richtig gehandelt. Ich hätte das Gleiche getan.« Siggi grinste seine Mutter an, die schmunzelte. Dazu hatte sie offensichtlich eine ganz andere Meinung. Ich wandte mich ihr zu: »Haben Sie die Tote gesehen?«
    »Leider bin ich erst später dazu gekommen. Mein Siggi hat mich gleich angerufen, aber wir wohnen zwei Straßen von hier entfernt und ich kann nicht mehr so wie früher. Zwei operierte Knie. Ich bin erst seit ein paar Minuten hier. Die Polizei war schon da. Aber ich hätt' mich getraut. 'ne Leiche sieht man nicht jeden Tag. Und 'ne Blutrünstige dazu.« Als sie mein empörtes Gesicht sah, ergänzte sie: »Die Arme, die hätt's nicht verdient.«
    »Sie haben erwähnt, die Tote wäre die Schicki, wer ist das? Kennen Sie sie?«
    Der Mann mit dem Hündlein reichte das kläffende Tier seiner Mutter. »Ihr gehört das Gretchen , ist anders als wir. Schick halt, daher Schicki, Abkürzung von Schickimicki, Sie wissen schon.«
    Meine Knie wurden weich. Sophia .
    Das ko nnte doch nicht sein. Erst gestern hatte ich mich mit ihr getroffen, sie verfolgt, und jetzt ... Ich musste mit Oliver reden. Ihm sagen, was ich wusste: Was sie über Tim erzählt hat; mein Besuch bei ihm; ihr Besuch in Behrings Praxis. Einfach alles. Etwas hielt mich jedoch in letzter Sekunde ab, mein Vorhaben in die Tat umzusetzen. Der Gedanke an das, was ich Sophia zum Abschied sagte. War es im Grunde genommen nicht meine Schuld, dass sie umgebracht worden ist? Als ich ihr vorlog, ich hätte ihr Häuschen nicht durchsuchen können, weil die Tür abgesperrt war, war sie irgendwann hierher gekommen. In der Absicht etwas zu finden. Etwas, was mit Natalies Tod zu tun hatte. Wenn ich jetzt Oliver mein Wissen

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