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Blut klebt am Karlspreis

Blut klebt am Karlspreis

Titel: Blut klebt am Karlspreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Lehmkuhl
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hatte. „Bei uns läuft die Organisation auf Hochtouren. Ununterbrochen kontrollieren wir alle Gefahrenpunkte. Wir haben die Lage im Griff.“
    „Die Lage schon“, wollte ich Böhnke gerne zubilligen. „Aber auch die Menschen?“
    „Das ist das eigentliche Problem“, bestätigte er seufzend. „Niemand von uns weiß, was in den Köpfen der anderen vorgeht. Die uns bekannten, wenigen rechten Chaoten lassen wir selbstverständlich dauernd beobachten. Aber die benehmen sich so normal, als wüssten sie überhaupt nicht, was sich hier abspielt.“
    „Wobei wir noch nicht einmal hundertprozentig wissen, ob Neonazis tatsächlich hinter der vermeintlichen Drohung stecken“, gab ich zu bedenken. „Vielleicht sind es ja verkappte Linke.“
    „Könnte durchaus sein. Aber auch unsere Berufslinken leben in ihrer friedlichen Welt ohne Anzeichen von Aktionen“, sagte der Kommissar.
    „Wer bleibt denn sonst noch, wenn Rechte und Linke ausscheiden?“, fragte ich vorsichtig.
    „Wenn wir Glück haben, Trittbrettfahrer, die nur einmal auf den Putz hauen wollen“, antwortete der Polizeipräsident. Ich runzelte die Stirn. „Trittbrettfahrer, die Morde begehen, sind aber schon mehr als harmlose Sprücheklopfer.“
    „Eben“, bestätigte Böhnke, „deshalb gehen wir von Schläfern aus, von ausgesuchten und ausgebildeten Tätern, die jahrelang unter dem Deckmantel des Kleinbürgertums unter uns wohnen und die für dieses Attentat aktiviert wurden.“
    „Wer und von wem?“, fragte ich schnell dazwischen. „Das sind die beiden Fragen, auf die wir Antworten suchen, Herr Grundler.“ Der Polizeipräsident sah mich besorgt an. „Würden Sie etwa Ihren Bürovorsteher Jerusalem oder den Diplomchemiker Müller als Neonazis einschätzen?“
    „Nein“, gab ich zu, „sind sie es denn?“
    „Wir wissen es nicht. Und das ist unser erstes Problem. Jedermann könnte ein verkappter Neonazi sein. Wir konzentrieren uns auf Jerusalem und Müller und müssen vielleicht feststellen, dass sie absolut unschuldig sind. Vielleicht sind sie ja bloß zum Segeln ans Ijsselmeer gefahren. Können wir das ausschließen?“ Ich atmete tief durch. „Wir können also aktiv nichts tun. Im Prinzip können wir nur reagieren, oder?“
    „In gewisser Weise trifft Ihre Folgerung zu, Herr Grundler“, bestätigte der Polizeipräsident. „Unser Handlungsrahmen wird von den anderen vorgegeben. Wir können nur von dem Extremfall ausgehen und uns darauf einstellen.“
     
     
    Mir wurde schwindelig. Da war ein Nazi gestorben, musste ein Junge sein Leben aushauchen, wollte man mir an den Kragen und dennoch gab es keine Sicherheit, wer dahinter steckte. „Die Ärsche müssen sich doch endlich einmal zu erkennen geben“, fluchte ich. Ich würde mein Möglichstes tun, um sie dingfest zu machen. Ich war es Franz Loogen einfach schuldig und ich hatte verständlicherweise auch mein eigenes lebenserhaltendes Interesse daran.
    „So lange die vermeintlichen Attentäter keinen Fehler machen, so lange haben wir keine Chance“, bemerkte Böhnke mit einem Anflug von Resignation. „Und wenn sie ihren Auftrag erfüllt haben, schlafen sie wieder ein. Dann sind sie wieder Bauarbeiter oder Briefträger, Versicherungsagenten oder eventuell sogar Polizisten.“
    „Oder sie seilen sich ins Ausland ab.“
    „Oder so“, bestätigte mir der Polizeipräsident.
     
     
    Das Telefon unterband unsere Diskussion. Der Polizeipräsident lauschte konzentriert in den Hörer und antwortete mit einem knappen „Okay“, ehe er wieder auflegte. „Ihre Assistenten sind zurück, Herr Böhnke“, klärte er uns auf. „Ich habe sie zu uns gebeten.“
    „Das ging aber schnell.“ Überrascht schaute ich auf die Uhr. „Die sind doch gerade erst einmal zwei Stunden unterwegs gewesen.“
    „Die Zeit hat offensichtlich ausgereicht. Sie sind fündig geworden.“
    Böhnke und ich schauten zunächst erstaunt den Polizeipräsidenten an und dann zur Tür, an der es geklopft hatte.
    Böhnkes Assistenten traten ein, sie sahen erleichtert aus und kamen ohne Umschweife auf den Punkt. „Wir können mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass Müller und Jerusalem mit Loogen gesprochen haben“, berichteten sie sachlich. „Wir haben uns mit den Nachbarn im Haus und den Anliegern auf der Straße unterhalten. Zwei von ihnen haben unabhängig voneinander die beiden Gesuchten gut beschrieben und anhand von Fotografien wieder erkannt. Ein Nachbar hat hingegen nur Müller identifiziert, ein

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