Blut klebt am Karlspreis
Minuten vor dem Startzeitpunkt eine Explosion in einer leeren Maschine. Daraufhin war der Flugplatz sofort gesperrt worden, der Premier hatten seinen Abflug nach Köln-Wahn verschoben.
Die Ermittler vermuteten eine Attacke der IRA, die Sprengstoffexperten gingen davon aus, dass der Sprengstoff mit dem Material übereinstimmte, das bei den diversen Anschlägen in Deutschland verwandt worden war.
„Sie meinen damit auch die Briefbombe, die für Sie bestimmt war“, schaltete sich Böhnke ein. „Wir haben unsere Untersuchungsergebnisse natürlich international mitgeteilt.“
Ich befürchtete, endgültig den Überblick zu verlieren. „Steckt etwa doch die IRA hinter allem?“, fragte ich Böhnke verunsichert.
„Spielt es denn überhaupt eine Rolle, welche Gruppe hinter dem Schwachsinn steckt?“, antwortete er mit einer Gegenfrage und fuhr fort: „Wir müssen ein eventuelles Attentat in Aachen verhindern, das ist unsere vorrangige Aufgabe. Dann suchen wir noch Müller und Jerusalem. Der Rest wird sich von selbst ergeben. Mit dem Geschehen auf der Insel befassen wir uns jetzt nur insofern, als dass dadurch die logistische Planung für unseren neuen Preisträger über den Haufen geworfen worden ist.“
„Kommt er überhaupt noch?“
„Der kommt“, sagte Böhnke grimmig. „Hier gibt es kein Zurück mehr.“
„Und wie kommt er?“
„Von mir aus mit dem U-Boot bis zur Pau oder mit dem Fallschirm bis zum Katschhof. Der muss sich auf jeden Fall seinen Orden abholen.“ Böhnke schnaubte. „Wir können uns doch nicht von ein paar hirnlosen Idioten erpressen lassen.“
Der Kommissar bot sich freundlicherweise an, mich nach Hause zu fahren. „Ich muss ohnehin in die Gegend“, behauptete er, „meine Freundin wartet mit dem Essen auf mich.“
Einen Vorteil habe die Einsatzleitung schon, sagte er trocken, als wir auf den Dienstwagen zuliefen, „ich darf das Auto rund um die Uhr und sogar auch privat nutzen, ohne beamtenrechtliche Konsequenzen befürchten zu müssen.“
Ich musste grinsen. Unverkennbar stand Böhnke unter Anspannung. Der undankbare Job beschäftigte ihn vierundzwanzig Stunden am Tag. Er war rund um die Uhr im Einsatz bei seinem Bemühen, die Karlspreisverleihung ohne Zwischenfälle abzuwickeln. Ich zuckte zusammen, als unerwartet das Funkgerät quäkte.
Ein Scheunenbrand in Huppenbroich mit einem Schwerverletzten wurde gemeldet. Ob ihn das interessiere, wurde der Kommissar gefragt. „Interessiert es uns?“, gab er die Frage an mich weiter.
Doch ich sah ihn nur fragend an und er lächelte. „Ich lasse mir alles aus Kreis und Stadt Aachen melden, das nicht der Normalität entspricht“, klärte er mich auf. „So ist das auch mit dem Scheunenbrand, den gibt es nicht alle Tage. Ich glaube, den können wir abhaken. Nichts für uns, oder?“
Im Prinzip gab ich dem Kommissar Recht. Ich hätte noch nie einen Scheunenbrand miterlebt, sagte ich allerdings. Ich hätte bisher nur davon gelesen. „Normalerweise gibt es die im Winter, wenn die Scheunen gut gefüllt sind und die knackige Kälte die morschen Elektroleitungen angreift.“ So stünde es jedenfalls häufiger in der Zeitung. Später könne nicht mehr festgestellt werden, ob ein Kurzschluss oder eine andere Ursache für das Feuerchen vorgelegen habe. „Aber von einem Scheunenbrand Mitte Mai, davon habe ich noch nie gehört oder gelesen. Das ist etwas ganz Neues für mich.“ Gelangweilt betrachtete ich aus dem Seitenfenster die Menschen auf dem Gehweg. Böhnke sah mich staunend an. Dann wechselte er kurz entschlossen und für mich überraschend die Fahrbahn und fuhr in Richtung Monschau statt zu mir.
Ich hielt mich krampfhaft am Griff über dem Fenster fest, als Böhnke beschleunigte. „Wissen Sie überhaupt, wo Huppenbroich liegt?“, fragte ich vorsichtig.
„Wer das nicht weiß, der hat in Heimatkunde ein ‘Ungenügend’“, antwortete der Kommissar grinsend, woraufhin ich besser nichts erwiderte. „Wenn wir von Imgenbroich kommend in Richtung Simmerath fahren, müssen wir an der Straße Am Gericht rechtsherum und nach knapp dreihundert Metern wieder links. Zwei Kilometer weiter liegt das Dorf vor uns.“
„Schön“, entgegnete ich, „dann lerne ich wenigstens einmal diesen Teil der Eifel kennen und zugleich einen Eifel-Brand.“ Dieter und ich hatten noch niemals bei einer Radtour Huppenbroich gestreift. Das musste sich ändern, nahm ich mir vor.
Als wir durch Roetgen preschten und wahrscheinlich von den
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