Blutherz - Wallner, M: Blutherz
in ihrem Rücken.
»Was hat keinen Sinn?« Sie durcheilten den Korridor mit den dreizehn Säulen.
»Davonzulaufen. Wir können ihnen nicht entkommen.«
»Du bist mir ja eine echte Hilfe!« Sie erreichten die verschlossene Tür. »Kannst du uns wenigstens aus dem Haus bringen?«
»Na sicher.« Ein Knopfdruck, und die Tür war offen. »Aber wie ich schon sagte, es ist zwecklos. Taddeusz und Valerian finden uns überall.«
»Ach, halt die Klappe.« Sie schob den schlaksigen Kerl ins Freie. Er ließ auch das Gittertor aufschwingen, sie liefen auf den matt beleuchteten Belgrave Square.
»Was für eine sanfte, liebliche Nacht«, schwärmte Richard und hob den Blick in den Nieselregen.
»Du bist schon ein ziemlicher Freak.« Sam wandte sich Richtung
Busstation. »Warte.« Unter einer Straßenlaterne blieb sie stehen. »So kannst du unmöglich einsteigen.« Mit dem Mantelärmel wischte sie ihm über den bluttriefenden Mund.
Richard leckte einen Blutstropfen von den Lippen. »An das verdammte Zeug könnte ich mich gewöhnen.«
29
D as Gute an meiner Bleibe ist, dass es gar keine Bleibe ist.« Sam hatte Richard am Nachtpförtner vorbeigeschleust; nun standen sie vor dem Personalaufzug. Die Tür glitt auf, sie stiegen ein, Sam steckte ihren Schlüssel ins Schloss. »Ohne den Schlüssel kann keiner den Fahrstuhl bedienen.«
Unten angekommen schloss sie ihr Zimmer auf. »Willkommen in meinem Reich!«
»Und ich dachte immer, dass ich unordentlich bin.«
Nun da Richard den Blick umschweifen ließ, sah Samantha ihr Chaos mit anderen Augen. Ihre Klamotten lagen überall wild durcheinander. Das Bett war ungemacht, Pizzaschachteln, Reste von Sandwiches und leere Coladosen stapelten sich auf dem Tisch.
»Hab wohl vergessen, der Putzfrau Bescheid zu sagen.« Mit einem Seufzer fiel sie aufs Bett. »Mach es dir bequem, wo du kannst.«
Richard setzte sich auf den einzigen Blechstuhl und streckte die Beine aus. Ungewohnte Stille umfing die beiden.
»Und jetzt?«
»Jetzt brauch ich erst mal eine Pause.« Kaum hatte sie sich ausgestreckt, fielen Sam schon die Augen zu. »Danach … erzähl ich dir … meinen Plan.« Ihr Kopf sank zur Seite.
Richard stand auf. Das Blut hatte ihn hellwach gemacht. Er ging ein paar Schritte auf und ab und putzte seine Brille. Liebevoll, zugleich besorgt betrachtete er das schlafende Mädchen.
Ein paar Stunden später war Sam wieder auf den Beinen. Die Weckeruhr zeigte 4:00 früh.
»Was weißt du über die Wirkung von Barhyaghtar belladonna?« Sie pustete in ihren Kaffee, den sie vom Automaten geholt hatte.
Richard saß neben ihr auf dem Bett. »Was weißt du darüber?«, fragte er.
»Dass es ein Gift ist. Aber ein Gift, das mir guttut.« Sie strich über ihren Bauch. »Es beruhigt den kleinen Mann dort drin. Der benimmt sich nämlich manchmal schon so ungezogen wie sein Vater.« Sie nippte. »Mir ist klar, dass das stark verdünnte Elixier zur Blutreinigung und Herzstärkung dient. Aber wie steht es mit dem Extrakt?« Aufmerksam sah sie ihn an. »Sag mir etwas über die Drachenkräfte, die der Saft verleiht.«
Als habe sie eine magische Formel ausgesprochen, rückte Richard von ihr ab. »Du bist wirklich eine kleine Hexe.«
»Bleib auf’m Teppich. Sag mir einfach, was du weißt.«
»Barhyaghtar belladonna ist das einzige Mittel auf der Welt – und ich meine wirklich das einzige -, mit dessen Hilfe du den Kampf gegen einen Vampir gewinnen kannst. Die Kirsche ist älter als die Menschheit. Ihre besonderen Kräfte wurden seit Urzeiten verehrt. Auch der Drachenorden, durch den Vlad Drakula seinen Namen erhielt, geht auf die Anbetung der Barhyaghtar-Kirsche zurück.«
»Sekunde, das kapier ich nicht. Die Kirsche gibt Kräfte, einen Vampir zu besiegen, und wird trotzdem von den Vampiren verehrt?«
Richard stand auf. »Unser Herz ist kalt, unser Blut erstarrt, und doch sind wir jedem sterblichen Menschen an Kräften
überlegen. Der Barhyaghtar-Extrakt bringt unsere untoten Körper in Wallung, er erzeugt eine unbekannte Hitze in uns, erregend wie eine Droge, aber genau wie bei einer Droge können wir an einer zu starken Dosis zugrunde gehen. Mein Vater hat einen kleinen Vorrat davon. Er bewacht ihn wie einen Schatz.«
»Das reicht mir nicht.« Sam trank ihren Kaffee. »Ich brauche eine ganze Menge von dem Zeug. Ich habe vor, euch Leichenschändern das Handwerk zu legen und zu verhindern, dass mein Sohn einer von euch wird.«
Hinter den Brillengläsern wurden Richards Augen groß. »Mir
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