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Blutherz - Wallner, M: Blutherz

Blutherz - Wallner, M: Blutherz

Titel: Blutherz - Wallner, M: Blutherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wallner
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er Richard. »Dass du dich nicht schämst, in diesem Aufzug herumzulaufen. Du bist ein Kóranyi! Eine Schande für das ganze Geschlecht.«
    Mit einem Griff riss Richard die Brille und den Schleier ab. »Das ist das schönste Kompliment, das Sie mir machen konnten.«
    »Es ist bestimmt das letzte, glaub mir.« Fred legte die Hände an ein mächtiges Holzrad. »Die Römer waren erfindungsreich, wenn es galt, ihre Feinde zu quälen. Solltet ihr also unsinnigerweise
an Flucht denken …« Er drehte den Mechanismus. Ein Stahlseil straffte sich, das zur Decke lief und dort umgelenkt wurde. Im Augenblick, als Fred daran zog, hob sich das Gitter ein wenig. Auf der anderen Seite wurden die vor sich hindämmernden Wesen unruhig.
    »Die römischen Wachsoldaten hatten viel Freizeit. Sie vertrieben sie sich, indem sie außer den Gefangenen wilde Tiere hier unten einsperrten. Tagelang gaben sie ihnen nichts zu fressen.« Fred zog das Gitter noch ein Stück hoch. »Und wenn ihnen besonders langweilig war, bedienten sie diesen Mechanismus. Es muss ein Spaß gewesen sein, dem Spektakel zuzusehen.«
    »Aber auch eine ziemliche Sauerei«, schüttelte Myrtle-Mae den Kopf.
    »Es geschieht ihnen nichts«, lächelte er. »Noch nicht.« Sam wich an die Wand zurück. Auf der anderen Seite bückten sich manche der Kreaturen und langten unter dem Gitter durch. Ausgezehrte Hände mit überlangen Fingernägeln kratzten und schabten über den Boden.
    »Bei Tag sind sie harmlos.« Fred ließ das Rad zurücklaufen. »Aber sobald die Sonne verschwunden ist, verwandeln sie sich.«
    Die greifenden Hände verschwanden, die Metallstäbe rasteten auf dem Boden ein.
    »Was waren das früher für Menschen?«, fragte Sam trotz i hrer Abscheu.
    »Leute aus der Gegend«, sagte Myrtle-Mae. »Arbeitsam, freundlich und unbedeutend.«
    »Ihr habt sie entführt?« Sam betrachtete die Unglücklichen. »Jemand muss sie doch vermissen. Haben ihre Familien nicht die Polizei eingeschaltet?«
    »Sei nicht so naiv.« Fred spuckte den Satz förmlich aus. »Du
bist nicht in der Gewalt von Kriminellen. Hier herrschen das Recht und die Macht Fortrius! Glaubst du, irgendwelche Provinzpolizisten wären imstande, sich gegen ihn zu stellen?«
    »Komm, Darling, mir wird kühl.« Myrtle-Mae nahm seine Hand. »Wir sollten die Plauderei verschieben, bis Teddie sich um die beiden kümmert.«
    »Du hast recht.« Fred griff zum Lichtschalter. »Es gefällt euch wahrscheinlich nicht, im Dunkeln zu bleiben, aber glaubt mir, in der Finsternis sind die Jünger Fortrius viel friedlicher.« Er knipste die Lampen im Kerker aus. Sofort erstarb das Stöhnen und Knurren; die Menge wurde still.
    »Noch eine Frage!«, rief Sam. »Am Telefon wollten Sie mir über den Standort der Barhyaghtarkirsche nichts sagen. Warum tun Sie es jetzt nicht?!«
    »Ihr glaubt also, von hier fliehen zu können?«, fragte Myrtle-Mae amüsiert. »Was für ein unerschütterlicher Idealismus.« Sie überlegte. »Die Kirsche ist auf der ganzen Welt ausgestorben. Es gibt nur einen einzigen Ort, wo man aus ihr …«
    »Nicht, Darling«, unterbrach Fred.
    »Keine Sorge, Schätzchen. Ich verrate nichts. Nur so viel: Ein armes Land besitzt großen Reichtum. In den Bergen trinkt man Kräuterlikör.« Sie kicherte. »Darüber können sie rätseln, bis ihr Stündchen geschlagen hat.«
    Der Weißhaarige nahm seine Frau in den Arm. »Du bist ein verrücktes altes Mädchen.«
    »Deshalb passen wir ja so gut zueinander.« Sie lachten und traten den Rückweg an. Einen Moment später erlosch auch das Licht im Korridor.
    Blind und ängstlich drängte sich Sam an Richard. Er schlug seinen Mantel um sie. So standen die beiden in großer Not.

32
    H ör auf, es hat keinen Sinn.« Richard ging in dem Viereck auf und ab.
    Sam hatte ihren Nagelknipser aus dem Rucksack gekramt und die kleine Feile aufgeklappt. »Keinen Sinn, unser Leben zu retten?« In der Finsternis hörte man hektisches Schaben und Kratzen. »Ich muss … das … tun!«, keuchte sie. »Sonst verlier ich den Verstand.«
    »Taddeusz tötet dich nicht. Nicht solange er auf das Kind hoffen kann. Mich allerdings …« Er machte fünf Schritte auf die eine Seite und fünf zurück.
    »Ich dachte, man kann Vampire nicht töten.« Verbissen feilte sie weiter.
    »Nicht so, wie man einem Menschen das Leben nimmt.« Fünf Schritte. »Papa und Teddie werden mich in einen qualvollen Schlaf versetzen, der dem Tod ähnelt. Ein Albtraum, eine Ewigkeit.« Fünf schwere Schritte

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