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Blutherz - Wallner, M: Blutherz

Blutherz - Wallner, M: Blutherz

Titel: Blutherz - Wallner, M: Blutherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wallner
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schlitzten ihnen die Gedärme auf und blendeten sie mit glühenden Eisen.«
    »Liebling, bitte nicht beim Tee!«, rief Myrtle-Mae.
    »Entschuldige, Darling.« Er ließ sich ein Gurkenschnittchen reichen. »Ich möchte unseren jungen Besuchern nur klarmachen, dass man das soziale Leben vor zweitausend Jahren nicht mit heutigen Maßstäben messen kann. Ein Menschenleben zählte damals nichts, und Schmerz war die einzige Methode, seine Feinde zur Aufgabe zu zwingen.« Er betupfte die Mundwinkel mit der Serviette. »Was taten die Pikten genau genommen? Sie kämpften dagegen, dass fremde Invasoren sie unterwarfen. Aus heutiger Sicht muss man die Römer als Hightech-Supermacht ansehen. Sie hatten die modernsten Waffen, die beste Logistik und einen unstillbaren Appetit auf fremde Länder.«
    »Wer war Fortriu?« Sam knabberte an einem Cracker. »Wieso haben Sie Ihren Verein die Jünger Fortrius genannt?« Auch wenn sie die Ausführungen interessant fand, hatten sie nichts mit dem Grund dieser Reise zu tun.

    »Fortriu ist eine Sagenfigur.« Fred lächelte milde.
    »Bloß eine Sage?« Sam war maßlos enttäuscht.
    »Es gab unterschiedliche Clans unter den Pikten und jeder hatte seinen eigenen Anführer. Manche waren für ihre Schlauheit bekannt, andere galten als besonders grausam, wieder andere verehrte man für ihre Weisheit. Als die Pikten bereits von den Römern unterworfen worden waren, formte sich aus den Überlieferungen mehrerer Piktenführer die Sage vom legendären König Fortriu. Unter seiner Herrschaft sollen die Pikten angeblich noch in Freiheit gelebt haben. Fortriu, hieß es, sei unsterblich. Nach seinem Tod lebe er im Innern der Erde weiter, um eines Tages, wenn die Not der schottischen Clans am größten sei, wieder hervorzukommen und eine neue, segensreiche Herrschaft anzutreten.« Fred trank seine Tasse aus.
    »Das bedeutet, Fortriu hat nie existiert?«, fragte Sam.
    »Es gibt keinen stichhaltigen historischen Beweis seiner Existenz.«
    Richard hatte die ganze Zeit geschwiegen. »Er wartet im Innern der Erde«, wiederholte er leise. »Um eines Tages erneut seine Herrschaft anzutreten.«
    »Es ist nur ein Märchen.« Fred nahm seinen Stock und rieb mit der Hand über den Knauf.
    »Was stellt dieser Kopf dar?«
    »Mein Spazierstock?« Fred lachte. »Es ist ein Drachenkopf. Der Drache ist im Norden als Kunstmotiv sehr beliebt.«
    »Und dieses Wappen?« Richard zeigte an die Stelle über dem Kamin.
    »Das ist ebenfalls ein Drachen. Das Relief stammt allerdings aus älterer Zeit.«
    »Trug Fortrius Wappen nicht auch einen Drachen?« Aufgerichtet saß Richard da.
    Fred stand auf. Ohne sich auf den Stock zu stützen, ging
er zum Kamin. »Der Drache gilt als das Wappentier, dem die stärkste Kraft innewohnt. Er rangiert damit über dem Adler, dem Wolf oder dem Löwen. Fortriu, dem mächtigsten Herrscher, gebührte das mächtigste Wappen.« Lächelnd drehte er sich um. »Und trotzdem ist er nicht mehr als eine Sagenfigur.«
    »Aber wieso sollten die Erbauer dieses Turmes das Wappen eines erfundenen Königs in ihre Mauern meißeln?«, fragte Sam.
    Einen Augenblick war es still. Fred und Myrtle-Mae sahen sich an.
    »Ihr seid wissbegierige junge Leute.« Wieder hatte der Hausherr diesen stechenden Blick. »Darum will ich eine Ausnahme machen und euch zeigen, wie unser Verein zu seinem Titel kam.«
    »Ach, Darling, nicht die Treppe.« Myrtle-Mae schüttelte ihren Lockenkopf. »Ich weiß nicht, ob meine alten Knochen das mitmachen. Und das Mädchen in ihrem gesegneten Zustand dort runterzuschleppen, halte ich auch für keine gute Idee.«
    »Es wird schon gehen«, beeilte Sam sich zu antworten und stand auf.
    Fred bot Myrtle-Mae seinen Arm an. »Sie können stolz darauf sein«, sagte Myrtle-Mae zu den Besuchern. »Nicht jeder bekommt von Fred eine Schlossführung geboten.«
    Das Ehepaar ging voraus. Sam hängte ihren kleinen Rucksack über die Schulter und folgte ihnen. Richard hielt sich dicht hinter ihr. Sie bogen in einen Korridor, in den kein Tageslicht fiel. Vor einer Metalltür zog Fred einen silbernen Schlüssel heraus und sperrte auf. Er machte Licht. Glühlampen wiesen über eine gewundene Treppe den Weg in die Tiefe.
    »Dort unten befanden sich vor fast 2000 Jahren die Waffenkammern der römischen Truppen, die Unterkünfte für die gewöhnlichen Soldaten und die Gefängniszellen.«

    Während Sam hinter dem Hausherrn herging, entdeckte sie, dass sich die Wände veränderten. Waren sie oben aus Stein gewesen,

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