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Blutiger Engel: Thriller (Ein Alice-Quentin-Thriller) (German Edition)

Blutiger Engel: Thriller (Ein Alice-Quentin-Thriller) (German Edition)

Titel: Blutiger Engel: Thriller (Ein Alice-Quentin-Thriller) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Rhodes
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es ihm sofort zurückgegeben. Denn vielleicht hatte ich damals schon geahnt, dass Geschenke oft nicht nur Geschenke, sondern Mittel der Bestechung, eine Bitte um Verzeihung oder schlicht und einfach eine Bürde waren. Doch zumindest hatte er das Album nicht umsonst gekauft. Denn im Gegensatz zu mir war Heather Marks, ein Mädchen aus der Achten, vollkommen begeistert, als sie die CD von ihm bekam.
    Ich presste mir die Hände vor die Augen, doch als ich sie wieder wegnahm, lag der Schmetterling noch immer auf dem Tisch im Flur. Ich kehrte ihm den Rücken zu, suchte meine Laufschuhe und zog sie an.
    Als ich Butler’s Wharf erreichte, war von der gewohnten sonntäglichen Horde von Spaziergängern und Vierbeinern noch nichts zu sehen. Ich versuchte, möglichst nichts zu denken, und beobachtete, wie das Licht der Sonne helle Flecken auf die schwarze Oberfläche des vorbeiziehenden Flusses warf. Früher oder später würde ich Piernan zur Rede stellen müssen, aber ich war fest entschlossen, erst mal nicht darüber nachzudenken, sondern einfach zu genießen, dass ich endlich einmal wieder in Bewegung war. In Blackfriars nahm ich keuchend auf den Stufen der Tate Modern Platz und beobachtete Paare auf der Fußgängerbrücke nach St. Paul’s. Sie sah viel zu zerbrechlich aus, um die Menschen zu tragen, und die dünnen Drähte waren so straff wie bei einem Fadenspiel gespannt. Schließlich stand ich wieder auf, lief gemächlich heim und genoss die schmachtende Musik, die aus meinem iPod drang. Gladys Knight bedauerte den Regen, der am Vorabend in Georgia gefallen war, aber der Himmel über London strahlte immer noch in einem reinen Blau. Wie bei Täglich grüßt das Murmeltier schlug ich allmorgendlich die Augen auf und stellte fest, dass das Wetter noch genauso nervtötend perfekt wie am Vortag war.
    Zu Hause traf ich meinen Bruder an. Er war in seinem Zimmer und warf scheppernd CD s in einen großen Plastiksack.
    »Was machst du da?«
    »Ich miste aus.« Ohne auch nur aufzusehen, fuhr er mit der Zerstörung seiner Albensammlung fort. »Ich werfe meinen Krempel in den Mülleimer.«
    »Okay.« Ich bemühte mich um einen möglichst ruhigen Ton. »Gibt es irgendwas, was du behalten willst?«
    »Nur die Sachen die ich wirklich brauche.« Er zeigte auf einen kleinen Haufen, der, soweit ich sehen konnte, nur aus einem gelben T-Shirt vom Club Ibiza, Leinenschuhen, seinem Geldbeutel, einem Stückchen Seife sowie seinem Pass bestand.
    »Ist das alles?«
    »Mehr kann ich nicht tragen.«
    Meine Stimme blieb auch weiter ruhig. »Verstehe. Willst du einen Kaffee?«
    »Vorher bringe ich noch eine Ladung runter.«
    Kaum, dass meine Wohnungstür hinter ihm zugefallen war, stürzte ich los und suchte seinen Laptop und die Lautsprecher, für die er ein Vermögen hingeblättert hatte, die jetzt aber unter seiner Plattensammlung sowie einer Reihe Fotoalben auf dem Grund von einer Teekiste begraben waren. Der Verlust der Platten schmerzte mich am meisten. Zehn Jahre zuvor hatte ich häufig neben Will gestanden, wenn er an den Ständen auf dem Markt von Greenwich auf die Jagd nach einer alten David-Bowie-Aufnahme gegangen war. In der Hoffnung, dass er es nicht merken würde, stopfte ich in Windeseile möglichst viele seiner Sachen unter mein eigenes Bett und in meinen Kleiderschrank.
    Als ich wieder aus dem Fenster blickte, stand er auf dem Bürgersteig und gab seelenruhig seine gesamte Habe auf. Die Mülltonne war schon zur Hälfte mit diversen Kleidungsstücken, Büchern und den Holzskulpturen, die ein Reisemitbringsel aus Bali waren, gefüllt.
    Als er wieder in die Wohnung kam, wirkte er müde, und der Schweiß floss ihm in Strömen über das Gesicht. Ich verfolgte aus dem Augenwinkel, wie er sich den nächsten Müllsack schnappte und die letzten T-Shirts, Jacken, Hosen in den Plastikbeutel warf. Er war barfuß, und die nackten Beine unter seinen Shorts, die sich langsam an den Nähten aufzulösen schienen, waren mit leuchtend roten Narben übersät. Kaum war der Sack gefüllt, riss er sich auch noch das T-Shirt, das er trug, vom Leib und wischte sich damit den Schweiß aus dem Gesicht, bevor er es auf die anderen Kleidungsstücke fallen ließ. Vielleicht hätte ich versuchen sollen, ihn daran zu hindern, doch das hätte keinen Sinn gehabt. Er hätte mich höchstens angeschrien. Trotzdem konnte ich ihn einfach nicht verstehen. Denn wenn meine Wohnung urplötzlich in Flammen aufgegangen wäre, hätte ich nichts unversucht gelassen, um

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