BLUTIGER FANG (German Edition)
Gefährtin ging den Löwen nicht mehr aus der Nase. Eine Witterung, die umso stärker wurde, je weiter sie nach vorn schlichen und unbeirrt auf das Restaurant zuhielten, dem sie näher und näher kamen …
29
„Das wär’s“, sagte Bronco, nachdem er noch einen Rundblick durch das Büro des technischen Pförtners geworfen hatte, um sicher zu gehen, dass sie nichts vergessen hatten. Thermoanzüge und Werkzeugtasche, in der sich jetzt auch die Videokassetten befanden, lagen an der Wand bei den Aufzügen, über die sie später abhauen wollten. So brauchte es nur noch einen Griff und sie würden alles dabeihaben. Bronco hatte das Mobiltelefon in der Tasche und nun konnte es losgehen.
„Ab zu Frank“, sagte Joel und sah Bronco an.
Bei dem Namen kniff Bronco die Augen zusammen und musterte Joel argwöhnisch. Ihm schien etwas eingefallen zu sein. Er hieß die anderen warten, drehte sich um und ging ins Büro zurück.
Joel blickte ihm hinterher.
Gleich darauf hörte er, wie Bronco an irgendwas zugange war. Was machte der da?
Weil es ihm zu lange dauerte, schob Joel die Bürotür einen Spalt weit auf und steckte den Kopf zwischen Tür und Rahmen. Er sah gerade noch, wie Bronco von einem der Schränke wegging, die mit Elektronik vollgestopft waren.
„So, das wär’s endgültig“, sagte er und in seinem Gesicht stand ein falsches Lächeln. Bronco verschloss die Tür und dann gingen sie schweigend über den Hauptdurchgang zu den Rolltreppen.
Joel sah Bronco im Gehen von der Seite an. Was hatte der im Büro eben gemacht? Der Eindruck, den Bronco hinterließ, lenkte Joel jedoch schnell von dieser Frage ab. Er konnte zwar Broncos Gesicht kaum erkennen, nahm aber die Anspannung, der dieser unterliegen musste, schon am Gang wahr. Was Bronco mit angesehen hatte, musste entsetzlich gewesen sein. Joel spürte, dass Bronco immer verspannter und irgendwie auch kleiner wurde, je näher sie der Rolltreppe kamen. Bronco – der gerade dabei war, zu überprüfen, ob die Waffen noch im Gürtel steckten – nahm allmählich die Haltung eines Verurteilten an, der zum Schafott geführt wurde. Sein Schreiten hatte etwas Hingebungsvoll-Resigniertes und wurde immer gedrückter.
Linda, die auf der anderen Seite neben ihm kaum aufzutreten wagte, schwieg ebenfalls auf eine angespannte, vielsagende Weise. Sie spürte offenbar auch Broncos Anspannung und machte sich so ihre Gedanken.
Sie kamen bei der Rolltreppe an, verblieben unten am Absatz und schauten nach oben.
Jetzt kam auch Joel kam ziemlich unter Druck.
Bronco schien drauf und dran, etwas zu sagen. Er nickte Joel dann aber bloß mit dem Kopf zu und deutete ihm an, vorauszugehen.
„Was habt ihr für Schuhe an?“, fragte Joel flüsternd.
Bronco und Linda sahen sich an.
Dann blickten sie an sich herunter.
Beide trugen Turnschuhe von Puma mit dicken Gummisohlen.
Wenigstens darüber beruhigt, ging Joel langsamen Schrittes nach oben.
Direkt hinter ihm Linda und nach ihr Bronco.
Es schien, als würde die Luft Stufe um Stufe dünner und die Sicht immer schlechter werden.
Auf der Treppe begann Bronco, eine der Kanonen herauszuziehen. Er hatte vorhin im Büro, ohne genau darauf zu achten, einfach beide in seinen Gürtel gesteckt, die geladene und die ungeladene. Jetzt fiel ihm ein, dass er den Munitionsstand prüfen wollte. Er befingerte die Magazine der Pistolen, steckte die ungeladene in den Gürtel zurück, und die geladene behielt er in der Hand.
Joel kam auf der obersten Stufe an und hielt inne.
Der Schein des aus dem Restaurant fallenden Lichts fiel auf jemanden, der ungefähr auf halber Wegstrecke von hier zum Eingang lag.
Joel drehte sich um und sah, dass sich Linda die Hand vor den Mund hielt und große Augen machte.
„Ist das einer der Wächter?“, fragte Joel und sah Bronco an, der den Hals reckte, weil er drei Stufen tiefer stand.
Bronco nickte.
Joel wandte sich um und spähte in alle Richtungen. Er spürte ein eisiges Frösteln am ganzen Körper.
„Was ist denn nun?“, sagte Bronco über die Maßen leise, aber mit Nachdruck.
Joel blickte umher, zu der Leiche und von dort schließlich hinüber ins Restaurant. Abrupt durchfuhr es ihn wie ein Donnerschlag. Ein Aufschrei des Erschreckens drängte sich gegen seinen Willen aus der Brust: Im Licht des Restaurants sah er Frank stehen! Drüben am Bufett stand er und schwankte. Unbeholfen wie eine neugeborene Gazelle, versuchte er, ein Bein vorzutasten. Frank schwankte, ließ es bleiben und
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