BLUTIGER FANG (German Edition)

Titel: BLUTIGER FANG (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Pflock

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daraus würde es kein Entkommen geben. Er sah zu wie ihn Trance und entrückt von dem, was er da sah, fragte er sich plötzlich: Wo um Gottes Willen war der Pascha? Warum griff der nicht an? Und wo blieb eigentlich Linda die ganze Zeit?
    Joel blickte über die Kämpfenden hinweg in die Abteilung, in der Erwartung, dass der Schatten des Paschas sich ebenfalls jeden Moment aus der Dunkelheit lösen würde und auf Bronco niederstürzte.
    Doch er kam nicht.
    Bronco regte sich nicht mehr.
    Die Löwin ließ ihn los und stieg von ihm herunter. Sie legte sich zwischen der Leiche des Wächters und Bronco einfach auf den Boden und tat so, als ginge sie das alles nichts an.
    Bronco röchelte und fuhr sich mit beiden Händen über sein Gesicht, das die Löwin offenbar verletzt hatte. Die Großkatze rückte im Liegen etwas näher an ihn heran. Sie stieß ihn mit der Pfote an wie eine Hauskatze, die mit der halbtoten Maus spielt.
    Joel wusste, dass die Löwin noch recht jung und deswegen auch verspielt war. Sie schien sich zudem über die Leichtigkeit zu wundern, mit der sie dieses Opfer hatte niederreißen können.
    Bronco rieb sich die Augen. Für einen Moment musste er gehofft haben, die Löwin sei weg, denn er streckte den rechten Arm unvorsichtig etwas zur Seite.
    Die Löwin ließ blitzschnell die Pranke darauf niedersausen, sodass sich die scharfen Krallen hineinbohrten.
    Bronco schrie auf und versuchte, sich aufzurichten.
    Die Löwin lag neben ihm wie ein übergroßer Chow-Chow, der zu viel gefressen hat und sich nicht mehr bewegen will. Sie schien von der ganzen Sache überhaupt nicht beeindruckt zu sein. Ganz im Gegenteil: Sie leckte gelangweilt die rechte Vorderpfote.
    Joel war die Halbherzigkeit ihres Vorgehens beim ersten Angriff schon aufgefallen. Hätte sie richtig Druck gemacht, wäre Bronco längst tot. Doch es schien eine Mischung aus Scheinangriff und Spiel zu sein.
    Scheinangriffe hatte er in seiner aktiven Tierschützerzeit öfter im Zirkus gesehen, wo er zugegen gewesen war, um anschließend Artikel über die Praktiken dort schreiben zu können. Und der Spieltrieb äußerte sich im Prinzip bei allen Katzen gleich – egal, ob Hauskatze, Puma oder Löwe. Nur eben mit unterschiedlichen Effekten, die aus der Körpergröße resultierten. Doch eines war klar: Die Maus fühlte sich bei den Spielen einer Hauskatze wahrscheinlich genauso beschissen wie ein neugeborenes Zebra unter einem Rudel Junglöwen, die hier den einen oder anderen Effekt ihres Bisses ausprobierten, sofern es die Familienordnung zuließ.
    Bronco schaffte es tatsächlich, sich aufzurichten.
    Die Löwin interessierte das offensichtlich nicht.
    Er versuchte in Richtung der Rolltreppen zu fliehen.
    Die Löwin schaute sich den wackligen Versuch verdutzt, aber nur kurz an. Sie stand auf, tippelte entspannt hinter ihm her und riss ihn wieder zu Boden, indem sie ihm buchstäblich in den Rücken fiel. Dabei richtete sie sich auf und Joel sah durch den direkten Vergleich, wie groß sie eigentlich war. Sie überragte Bronco um mehr als einen Kopf, setzte die Pranken auf seine Schultern und unter dem Gewicht und der Kraft gab er nach wie ein Auto in der Schrottpresse.
    Kaum lag er am Boden, ließ die Löwin los und Bronco schnellte hoch. Er rannte noch ein, zwei Meter weiter auf die Rolltreppen zu, drehte sich um und stand jetzt direkt vor der Löwin und schrie sie verzweifelt an, weil sie ihn erneut angreifen wollte.
    Die Löwin stoppte den Angriff tatsächlich ab. Sie wirkte verunsichert. Wahrscheinlich ein Relikt aus der Zirkuszeit.
    Dann machte sie doch wieder einen Satz.
    Bronco wehrte sich mit dem Mut der Verzweiflung in Kampfsportmanier, wobei er weiter schrie. Er schlug mit den Füßen aus und traf die Löwin einmal fast am Kopf. Aber eben nur fast. Schneller, als ein Mensch dies je könnte, wich sie den Schlägen aus, die jeden Hund erwischt und auf die Bretter gebracht hätten. Dann schlug er ihr hart mit den Füßen in die Seite und erwischte sie sogar einmal. Doch selbst diesen gut gesetzten Fußtritt nahm sie gelassen hin.
    Nicht so umgekehrt.
    Joel sah trotz seiner allmählich zuschwellenden Augen, wie die Löwin sich aufrichtete und Bronco mit einer Pranke gegen die Schulter schlug. In einem Sekundenbruchteil lag er am Boden. Wie schwer sie ihn wohl verletzt hatte?
    Die Löwin kam über ihn.
    Joel wurde immer deutlicher, dass die Löwin – zumindest aus ihrer Sicht – nur spielte!
    Bronco indes probierte gerade, sie in den Schwitzkasten zu