BLUTIGER FANG (German Edition)
durch eine größere Entfernung seine Zielkünste unter Beweis stellen.
Joel starrte zu ihm. Dann sagte er mit zitternder Stimme: „Bronco bitte, wir können doch …“ Er schaffte nicht, seine Sätze zu vollenden.
„Grüß die Hölle schön von mir.“
Bronco kniff ein Auge zusammen und zielte weiter.
Joel hielt den Atem an.
Eine Gänsehaut lief ihm über den Rücken beim Anblick der hohen Gestalt da draußen im Lichtkegel. Wie gebannt starrte er in die Mündung des Pistolenlaufs.
Dann drückte Bronco ab.
Er drückte doch tatsächlich ab!
Joel hatte die Augen geschlossen und hörte plötzlich ein Klick .
Und abermals machte es Klick und Klick , noch mal Klick !
Joel öffnete die Augen und sah das unverständige, dumm glotzende Gesicht Broncos, der die Pistole begutachtete und sich aufzuregen begann. Vor Wut schäumend drückte er wieder und wieder ab und warf die Knarre schließlich mit voller Wucht auf den Boden, wo das harte Metall fast stumm auf dem Teppichboden aufschlug, der die Kaufabteilungen auskleidete.
Bronco fluchte, was das Zeug hielt, stampfte mit den Füßen und veranstaltete einen tierischen Aufstand.
Aus Joel indes platzte es heraus. Er musste lachen.
Obwohl seine Knie nachgaben und die Waden nur so zitterten, lachte er, so groß war die Entspannung, die er durch die Eingebung erfuhr, dass Bronco die ganze Zeit die leer geschossene Waffe auf ihn gerichtet hatte. Die Angst war zu stark gewesen. Bis zum Äußersten gespannt hatte er, durch die Schläge ohnehin schon empfindlich geschwächt und entmutigt, seit einigen Minuten auf den sicheren Tod gewartet und dann war sozusagen der Strick gerissen.
Joel kicherte unverhohlen weiter und dann fiel ihm ein, dass, wenn Bronco die Waffe mit dem leeren Magazin hatte, er jene mit dem vollen gehabt haben musste. Jetzt erinnerte er sich auch, dass am Abend ja Schüsse zu hören gewesen waren in der Zeit, als Bronco so lange weg war! Er musste sie leer geschossen haben. Und offenbar hatte er Linda diese Waffe gegeben und die hatte dann Bronco an sich gerissen.
Bronco fühlte die Wut wie eine Riesenwelle in sich hoch branden. Auch dieser Vorfall reihte sich nun lückenlos ein in die Serie dessen, was heute Abend misslungen war. Alles, was er angefasst hatte, wollte, dachte, vermied oder tat, war irgendwie falsch gewesen.
Und jetzt das! Es war peinlich. So peinlich! Er wollte Kramer über den Jordan schicken und die Knarre hatte keine Munition mehr, weil er sie gegen diese verdammte Schaufensterpuppe aufgebraucht hatte.
Das Schlimmste bei alledem: Kramer lachte ihn auch noch aus! Dieser miese kleine Scheißer lachte dermaßen laut, dass er schon fast rot anlief. Auch über den Eifer, mit dem Bronco so oft abgedrückt hatte, weil er zunächst an eine Ladehemmung geglaubt hatte und dann nicht wahrhaben wollte, dass die Kanone schlicht leer geballert war, schien Kramer zu lachen.
Joel verging das Lachen.
Bronco schickte sich an, mit geballten Fäusten ins Restaurant zu kommen.
Jetzt, das wusste er, war es aus. Bronco würde kein Pardon mehr kennen und ihn übel zurichten. Hatte er ihn schon nicht hinrichten können, dann würde er ihn jetzt wie einen Hund totschlagen.
Doch plötzlich bekam Joel Hilfe von einer Seite, von der er sie nie erwartet hätte. Aus der Dunkelheit der Abteilung Weiße Ware löste sich ein bedrohlicher Umriss. Unglaublich schnell schoss die Löwin in den Lichtkegel des Restaurants und sprang in weiten Sätzen hinterrücks auf Bronco zu, der sie nicht bemerkte, weil sie nicht zu hören war.
Geistesgegenwärtig riss sich Joel von der Stelle und sprang seitlich weg, sodass er von draußen nicht mehr zu sehen war. Dann rannte er vor und brachte sich direkt am Eingang beim Lichtkasten in Position.
Ob die Löwin ihn bemerkt hatte?
Joel wagte nicht, um die Ecke zu sehen, hörte aber einen Schrei.
Dann hielt er es vor Anspannung nicht mehr aus. Langsam schob er den Kopf nach links und gaffte nach draußen.
Bronco wehrte sich verzweifelt.
Die Löwin lag mit dem vollen Gewicht auf ihm und hielt ihn am Boden festgedrückt. Er versuchte, von ihr loszukommen. Mit den Fäusten schlug er ihr seitlich gegen den Schädel, so wie es aussah, mit aller Kraft. Mühsam versuchte er, mit den Beinen den Bauch der Löwin zu umklammern, um sie seitlich von sich herunterzudrücken.
Doch die Löwin war davon nicht im Geringsten beeindruckt und lag wie ein heruntergefallener Felsbrocken auf ihm. Ihr Griff war beinhart.
Joel wusste,
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