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BLUTIGER FANG (German Edition)

BLUTIGER FANG (German Edition)

Titel: BLUTIGER FANG (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Pflock
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lief und gelbliche Fetzen an den Lefzen herabhingen.
    Von dem Wächter hörte er keinen Mucks mehr, vermutlich war er tot, und er hatte nicht einmal mehr die Gelegenheit gehabt, zu schreien.
    Bronco sah ihn erst wieder, als der Löwe aufstand und dem Toten das Blut vom Kopf leckte. Er konnte deutlich erkennen, dass da, wo eben noch das Gesicht des Wachmanns war, nur noch ein roter Stumpf hing, aus dem an zwei Stellen eine Blutfontäne spritzte, aus der man den hohen Blutdruck ermessen konnte, den er im Augenblick des Todes noch gehabt haben musste. Herz und Schlagadern schienen noch nicht bemerkt zu haben, dass es keinen Grund mehr gab, weiterzumachen und zu pulsieren, denn der, für den sie das bisher getan hatten, war schon dabei, die Seiten zu wechseln. Der Angriff und der Eintritt des Todes erfolgten offenbar so schnell, dass das zentrale Nervensystem noch weitermachte, als sei nichts geschehen. Der Leichnam hob sogar noch die rechte Hand etwas an. Eine Geste, die aussah, als wolle sie schießen.
    Der Löwe indes schenkte dem Toten keine Beachtung mehr und trottete im Laufschritt in das Restaurant zurück.
    Doch schlagartig blieb er auf halbem Wege stehen und drehte sich um.
    Bronco hielt den Atem an und sah in versteinerndem Entsetzen, wie der Löwe in seine Richtung äugte und witterte. Ihm fiel siedend heiß ein, dass diese Tiere auch einen guten Geruchssinn hatten.
    Der Schweiß auf der Stirn gefror. Wie ein Kaninchen vor der Schlange, verharrte Bronco zwischen den Kühlschränken. Er atmete nicht mehr.
    Der Löwe blieb vollkommen reglos stehen.
    Bronco verspürte einen eisigen Windstoß im Inneren, denn der Pascha machte noch zwei Schritte vor und verharrte erneut.
    Um Himmels Willen, hatte er ihn gesehen? Seinen heftigen Puls gehört? Vielleicht gewittert? Hier in diesem Kaufhaus, das doch voll war mit so vielen Gerüchen, die ohnehin schon nach Menschen schmeckten und die den Geruchssinn eher verstören und beeinträchtigen müssten als leiten?
    Der Löwe verharrte immer noch. Nur den Kopf schob er hin und wieder nach vorn und hob ihn ein wenig nach oben, als wolle er die Nase weiter ausstrecken, um besser wittern zu können.
    Was wollte er? Wonach suchte er?
    Der Löwe senkte seinen Kopf, wandte sich um und äugte in die Weite des gleißend hellen Restaurants.
    Für Bronco, der wegen des angehaltenen Atems schon einen dumpfen Druck in seinen Lungen verspürte, war es trotz aller Angst ein seltsames, faszinierendes Bild. Er sah die Silhouette des Löwen im Schein des Lichts, das den Bereich unmittelbar vor dem Eingang zum Restaurant noch halbwegs erhellte. Der Löwe stand da wie eine dieser Porzellanimitationen.
    Dann bewegte er den Kopf doch wieder etwas hin und her und schaute auch in Broncos Richtung.
    Er kam noch näher.
    Bronco hielt es nicht mehr aus. Mit äußerster Konzentration griff er ganz langsam in die Tasche und zog die Fernbedienung heraus, ohne sie anzusehen. Seine Finger suchten vorsichtig tastend den richtigen Knopf, und als er vermeinte, ihn gefunden zu haben, drückte er darauf.
    Die Aktion blieb nicht ohne Wirkung. Das Modellauto heulte auf, der Pascha riss sich ruckartig herum und stürmte in das Restaurant zurück.
    Bronco sah den imposanten, langmähnigen Brocken loshetzen und wagte jetzt zum ersten Mal, auszuatmen und sich eine Ladung Luft in die Lungen zu pressen. Das Bild, das er hier gerade sah, stand in einem krassen Gegensatz zur Akustik, denn der Löwe war beim Laufen so lautlos wie eine Hauskatze.
    Dann war er verschwunden.
    Bronco versuchte, regelmäßig zu atmen. Er pfiff leise, als hätte er Asthma, und spürte, wie die Luft in seinen Lungen aufgeheizt wurde und schmerzhaft brannte. Er musste buchstäblich Luft holen, weil er das Gefühl hatte, die Atmung habe als automatischer Vorgang ausgesetzt. Als sie wieder einsetzte, atmete er tief durch und zwang sich zum maßvollen Atmen. Als Sportler wusste er, dass sonst die Gefahr bestand, zu hyperventilieren.
    Auch spürte er erst jetzt die Wirkung des Adrenalins. Seine Hände schwitzten, der Mund war trocken, so trocken, wie er es nie gekannt hatte, und er merkte, wie seine Hand zitterte, als er die Fernbedienung in die Tasche zurücksteckte.
    Bronco lag immer noch zwischen den Kühlschränken auf dem Boden und konnte kaum klar denken. Nur ganz langsam wurde ihm bewusst, dass er nur knapp dem Tod entgangen war. Denn was wäre passiert, wenn der Löwe ihn entdeckt hätte?
    Plötzlich brach eine Kaskade unkommentierter Bilder

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